Erst zittern, dann jubeln
Deutsche Nationalelf sichert sich mit einem mühevollen 2:1 gegen Georgien das Ticket für die EM-Endrunde. Müller verwandelt einen Elfmeter und der eingewechselte Kruse erzielt das Siegtor. Weltmeister entgeht einer Blamage
Leipzig All jene, die nicht wussten, wie sie eine Fußball-Europameisterschaft 2016 ohne deutsche Beteiligung überstehen sollten, können sich wieder ein wenig entspannen. Die DFB-Auswahl ist kommendes Jahr in Frankreich dabei. Ob sich deutsche Fans angesichts der augenblicklichen Verfassung ihrer Mannschaft wirklich darüber freuen sollen, ist nach gestern Abend nicht mehr so sicher. Der Weltmeister entging gegen Georgien nämlich nur knapp einer heftigen Blamage. Gegen die zweitklassigen Georgier reichte es lediglich zu einem mühsamen 2:1 (0:0)-Sieg, der den Deutschen aber immerhin noch den Gruppensieg und damit das Ticket für Frankreich bescherte.
Das Zittern, das FußballDeutschland nach dem DublinDämpfer erfasst hatte, setzte sich gestern in der Leipziger Red-BullArena beinahe über die gesamte Partie fort. Der deutschen Mannschaft hatte für den Fall einer Niederlage die Relegation gedroht, wenn sich Polen und Irland in der gleichzeitig ausgetragenen Partie des letzten Spieltages der Gruppe D unentschieden getrennt hätten.
Die Partie hatte begonnen, wie man sich das für ein Heimspiel des Weltmeisters gegen den 110. der Weltrangliste erwarten darf. Der Gastgeber startete druckvoll in den kühlen Abend. Den Georgiern blieben kaum Raum und Zeit, etwas Eigenes zu initiieren. Nach zehn Minuten hatten Müller & Co. bereits wieder etliche Halbchancen, die entweder knapp neben den Kasten streuten oder vom tüchtigen Torhüter Revishvili zunichtegemacht wurden. Die größte Gelegenheit zur Führung vergab Reus, der den Ball aus wenigen Metern übers Tor drosch.
Wiederholte sich, was den Deutschen in Irland den K. o. bescherte? Die 43000 Zuschauer mochten es zunächst nicht glauben, beklatschten hoffnungsfroh jeden auch noch so angestrengten deutschen Versuch, durch das georgische Getümmel zur Führung zu kommen. Joachim Löw hatte im Wesentlichen die Dublin-Elf aufgeboten.
Der zuletzt angeschlagene Basti- an Schweinsteiger saß nur auf der Bank. Für Mario Götze, der nach seiner schweren Verletzung aus dem Irland-Spiel wohl bis zur Winterpause ausfällt, begann André Schürrle im Angriffszentrum. Dort aber war für einen Laufstürmer wie den Wolfsburger wenig Platz. Trotzdem nahmen die Gastgeber meist den Weg durch die zugestellte Mitte. Es ist das Spiel, mit dem Deutschland Weltmeister geworden ist, und Löw will daran festhalten: „An unserer Spielidee gibt es für mich überhaupt keinen Zweifel. Was uns fehlt, ist die Effizienz.“
Beispiele lieferte seine Mannschaft dafür zuhauf. Reus allein hätte Deutschland bis zur Pause nach Frankreich schießen können. Auf der anderen Seite verhinderte Neuer gegen Okriashvili glänzend den Rückstand. Er wäre wieder einmal auf das Konto von Hummels gegangen, der sich zuvor mit der Beweglichkeit einer Litfaßsäule hat ausspielen lassen. Dass es zu diesem Zeitpunkt in Warschau 1:1 stand, verstärkte den Duck auf den Weltmeister.
Die Partie entwickelte nun auf ihre eigene Art jenen Endspielcharakter, den ihr viele angedichtet hatten.
Ein Finale war es ja nur für die Deutschen. Die Georgier hatten schon vor dem Anpfiff alle EMHoffnungen begraben müssen. Zur Pause war die Geduld der Leipziger Zuschauer mit Reus & Co. zu Ende. Von den Rängen kamen Pfiffe. An einem solchen Abend bedarf es eines gnädigen Schicksals, um Dinge zum Guten zu wenden. Es begegnete den Gastgebern zunächst in Form eines Strafstoßes, den Müller zum 1:0 (50.) verwandelte.
Die Freude aber währte nur kurz. Erst musste Neuer einen Ball aus dem Torwinkel fischen, dann glich Georgiens Kapitän Kankava mit einem strammen Volleyschuss aus 18 Metern zum 1:1 (53.) aus. Der Außenseiter war nun dem zweiten Treffer näher als der kopflose Weltmeister, der erst wieder seine Fassung gewann, als der eingewechselte Kruse zum 2:1-Siegtor (79.) traf. Mit dem gleichen Ergebnis bezwang Polen die Iren. Für Deutschland aber spielte das glücklicherweise keine Rolle mehr. EM-QUALIFIKATION GRUPPE D