Die Schickeria tanzt im Sperrbezirk
Die Spider Murphy Gang begeistert noch immer mit Rock ’n’ Roll der bayerischen Art
Ulm „S‘Leben is wia a Traum“heißt ein Lied der „Spiders“, das ihren Fans am Samstagabend im Oktoberfestzelt in der Friedrichsau so richtig aus dem Herzen sprach. Jung und Alt feierten die ewig junge Münchner Spider Murphy Gang, die zwei Stunden ihre unvergänglichen Hits von „Skandal im Sperrbezirk“bis „Mir san a bayerische Band“und „Schickeria“mit musikalischer Präzision abspulte.
Sie sind allesamt schon seit Urzeiten reich geworden und könnten sich aufs Altenteil zurückziehen, wenn sie nicht die verdammte Pflicht hätten, auch den Hunger der nächsten Generationen nach ihren Liedern zu stillen, der nicht nachzulassen scheint. Das liegt an dem unsterblichen Genre Rock ’n’ Roll, den die Schwabinger Urgesteine noch immer trefflich beherrschen und ihren Song-Texten, die heute noch so aktuell sind wie in den Siebzigerund Achtzigerjahren, wo die Hymne „Skandal im Sperrbezirk“auf die Münchner Nutte Rosi die Tugendwächter auf den Plan rief.
Heute mokiert sich niemand mehr über die deftige Sprache der „Spiders“, wie die Fans liebevoll ihre Musiker nennen und die Insider wissen, dass dieser Song Zeitgeschichte geschrieben hat: Zunächst wegen des Wortes „ Nutten“von einigen Radiosendern boykottiert, stürmte das „ skandalöse“Lied 1981 die deutschen Charts und eroberte ein Jahr später auch die damalige DDR im Sturm, als die SpiderMurphy-Gang als erste westdeutsche Band hinter der Mauer auf Tournee gehen durfte und mit offenen Armen empfangen wurde. Damit wurde der Startschuss der Neuen Deutschen Welle gegeben. Und Wellen schlagen die Münchner Jungs noch heute mit ihren Songs, die zum Teil älter als die heutigen Fans sind. So auch beim Ulmer Oktoberfest, wo vor allem die jungen Besucher im traditionellen Münch- ner Trachtenlook daher kamen. Der 14-jährige Johannes aus Laichingen konnte wie viele andere jeden Text dieser Spider-Ohrwürmer auswendig mitsingen. Er ist mit dem Rock’n’ Roll à la Spider MurphyGang aufgewachsen, seine Eltern verpassen kein Konzert, wenn die Schwabinger in der Region – selten genug – auftreten.
Das Bier fließt in Strömen, die Gaudi ist riesengroß, wenn Leadsänger Günther Sigel JailhouseRock und „Rock Around The Clock“anstimmt. Nicht von unge- fähr hat er 1977 der Band ihren Namen eingegeben, ist doch Spider Murphy der Gangster aus Elvis Pressleys Klassiker „Jailhouse Rock“. Bis heute harmonieren ihre Hits perfekt mit den traditionellen Rock-’n’-Roll-Balladen etwa von Chuck Berry und Hank Williams: Das liegt auch an der Perfektion dieser Band, die sich mühelos bei ihrem Gassenhauer „Schickeria“mit instrumentalen Soli in die Welt des Jazz wagt. Bei „Schickeria“stehen die Fans schon lange auf den Tischen. Und man genießt die musika- lischen Geschichten der Band aus ihrer Heimatstadt um die Rosemarie aus der Au oder beim Nackertrennen durch den Englischen Garten. Vom „Marina“bis zum „Frosch im Hois und Schwammerl in die Knia“geht die Post ab und auch nach der Hommage an die „Gabi aufm Kanapee mit am hauchdünna Neglige‘ ist der Hunger nach Spider-Musik noch nicht gestillt, was etliche Zugaben zur Folge hat.
„S’ Leben“ist ein Traum, zumindest an diesem bierseligen Abend im Oktoberfestzelt in der Friedrichsau.