Neu-Ulmer Zeitung

Wo Neu-Ulms erster Taxiuntern­ehmer ruht

Eugen Weimar hat spannende Geschichte­n über den Alten Friedhof recherchie­rt

- VON INGE PFLÜGER

Neu-Ulm Am Ort des Geschehens hat Eugen Weimar sein Buch „Rundgang durch den ‚Alten Teil’ des Neu-Ulmer Friedhofs“vorgestell­t. Mehr als 40 Besucher folgten dem „Wegweiser“, den der Gärtnermei­ster auf 205 Seiten in Wort und Bild erstellt hat. Flotten Fußes bekamen sie vom 81-Jährigen manch pikanten Einblick in die lange Geschichte des Gottesacke­rs geboten.

So widmet sich das Buch etwa den dort ruhenden prominente­n NeuUlmern aus Wirtschaft, Kultur, Politik und der Geistlichk­eit. Zudem geht es um die Opfer des Nazi-Regimes und des Zweiten Weltkriegs, Zwangsarbe­iter und Soldaten.

Teils halfen Eugen Weimar Recherchen im Neu-Ulmer Stadtarchi­v. Doch vieles aus der jüngeren Stadtgesch­ichte hat er selbst hautnah mitbekomme­n, saß er doch zwischen 1966 bis 1996 fünfmal für die CSU im Stadtrat und war von 1977 bis 1990 ehrenamtli­cher Dritter Bürgermeis­ter. Wie wohl kein anderer weiß der Autor über den Friedhof Bescheid, war Weimar doch mehr als 60 Jahre Friedhofsg­ärtner – da sei der Gottesacke­r „quasi meine zweite Heimat“geworden, sagte er.

Für Eugen Weimar ist der Fried- hof ein „Ort der Besinnung, der Erinnerung, des Zwiegesprä­chs, ein Ort, aus dem man 100 Jahre Stadtgesch­ichte ablesen kann, und ein Ort, der zur Erholung dient“. 83 Grabmäler beschreibt der Neu-Ulmer facettenre­ich, aber nicht nur die Steine an sich, sondern er hat auch Geschichte­n über die Verstorben­en recherchie­rt. Es geht darin um diverse Bürgermeis­ter, die Wiederaufb­auphase nach dem Zweiten Weltkrieg und bekannte Unternehme­rfamilien wie Mutschler, Renftle, Honold, Seeberger und Aicham. Zugleich erfuhren die Besucher etwas über das Dichtergra­b Mörike/ Hildebrand. Unter anderen fand dort Margarethe Mörike, geborene von Speeth (1818 bis 1903), die 1851 in Bad Mergenthei­m Eduard Mörike, den berühmten Dichter der Spätromant­ik heiratete, ihre letzte Ruhestätte.

Der Weg führte auch zum Grab von Georg Rauscher (1873 bis 1962), der als Droschken-Besitzer das erste Neu-Ulmer Taxiuntern­ehmen gegründet hatte – zunächst mit Pferden. Seine Tochter Lisl Rauscher, die 1972 gestorben ist, führte das väterliche Unternehme­n fort und schaffte das erste motorbetri­ebene Neu-Ulmer Taxi an – einen schwarzen Mercedes. „Damit fuhr sie regelmäßig den ehemaligen Stadtpfarr­er Waibel zu Beerdigung­en“, so Weimar.

Nicht weit davon entfernt befindet sich das Grabmal von Georg Köhl, dem 1997 verstorben­en Bruder des Ozeanflieg­ers Hermann Köhl. Er war nach dem Zweiten Weltkrieg von 1948 bis 1964 der erste frei gewählte Landrat des Landkreise­s Neu-Ulm. Das alles, und viele weitere Geschichte­n, sind in dem Buch zu lesen.

Autor Weimar freut sich über das Interesse. Trotzdem – „es war mein erstes und letztes Buch“. Denn: „Ich bin für jeden Tag dankbar, an dem ich aufstehen kann.“OBuch:

Das Werk ist in einer Auflage von 500 Exemplaren erschienen, zu haben ist es für 19,90 Euro in der Friedhofsg­ärtnerei und in den Neu-Ulmer Buchgeschä­ften.

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Foto: Inge Pflüger Der Autor und sein Werk: Eugen Weimar steht vor dem Grabmal des bekannten NeuUlmers Franz Nuissl (1877 bis 1955).

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