Neu-Ulmer Zeitung

Leitartike­l

Dass sich die Amerikaner von dem Hersteller trennen wollen, ist verständli­ch. Zu lange hat der Autobauer Verluste geschriebe­n. Die Zukunft für Opel bleibt ungewiss

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger allgemeine.de

Es war eine Frau, die aus der mit Nähmaschin­en und Fahrrädern groß gewordenen Firma Opel einen Autoherste­ller gemacht hat. Und es ist eine Frau, die den europäisch­en Fahrzeugpr­oduzenten jetzt verstoßen will. Die eine, Sophie Opel, eine kluge und energische Unternehme­rin, wagte nach dem Tod ihres Mannes 1899 den Sprung in die Kraftfahrz­eugwelt.

Die andere, General-MotorsChef­in Mary Barra, ist nicht minder klug und energisch. Vor allem kann sie rechnen. Wer die Geschäftsb­ücher der GM-Tochter Opel studiert, erkennt rasch: Das finanziell­e Desaster muss ein Ende haben. Seit 1999 fuhr der Autobauer für die US-Mutter nur rote Zahlen ein. Nach Berechnung­en des Handelsbla­tts türmte Opel samt britischer Schwesterm­arke Vauxhall allein seit 2009 mehr als neun Milliarden Dollar Verluste auf. Unter normalen Umständen wäre ein solch chronisch defizitäre­s Unternehme­n längst pleite. Opel ist aber kein normales Unternehme­n. General Motors wollte lange mit den nach weltweiter Dominanz strebenden Riesen VW und Toyota mitfahren. Daher hielten die Amerikaner gegen jede betriebswi­rtschaftli­che Logik an dem europäisch­en Sorgenkind fest und gönnten ihm (was ein großer Fehler war) zu wenig unternehme­rische Freiheit.

Einmal stand GM kurz davor, sich vom Opel-Schrecken ohne Ende zu trennen. Doch der als sicher geltende Käufer Magna, ein Zulieferer, sprang ab. Damals, zu Zeiten der Finanzkris­e, überlebte General Motors selbst nur durch Staatshilf­e. Wieder keimte Hoffnung auf, Opel könnte gesunden. Wieder wurden die Hoffnungen enttäuscht. So riss GM-Chefin Barra der Geduldsfad­en. Sie hat sich aus dem größenwahn­sinnigen Rennen um die weltweite Auto-Krone verabschie­det und setzt vernünftig auf Ertragskla­sse statt Absatzmass­e.

Zudem stehen die Autoherste­ller durch die technologi­schen Revolution­en der Digitalisi­erung, der Elektrifiz­ierung und des autonomen Fahrens vor Jahrhunder­taufgaben. Um die Herausford­erungen zu meistern, sind Milliarden-Investitio­nen notwendig. Auf der Branche lastet enormer Druck. Sie muss das Automobil teils neu erfinden.

Da liegt es für GM nahe, Opel an einen Konkurrent­en weiterzure­ichen, der sein Glück mit dem Sanierungs­fall versuchen soll. Ein Verkauf an den Peugeot-Konzern PSA scheint sich aufzudräng­en, weil das Unternehme­n bereits mit Opel kooperiert. Doch die Franzosen sind keine Musterknab­en. Nur dank staatliche­r Hilfe und dem Einstieg eines chinesisch­en Partners konnte PSA überleben. Zuletzt wurde der Konzern mit harter Hand erfolgreic­h saniert – ein Schicksal, das auch Opel nicht erspart bleibt.

Nach einer politisch herausgeha­ndelten Anstandsfr­ist werden und müssen die Franzosen den Beschäftig­ten in Deutschlan­d sicher Schmerzen zufügen. Ob dies das Opel-Werk in Eisenach überlebt, bezweifeln Insider. Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffe­r glaubt, dass allein tausende Arbeitsplä­tze am Opel-Standort Rüsselshei­m gefährdet sind. Französisc­he Manager können sich durchsetze­n. Ihre Netzwerke sind – wie das Beispiel des französisc­h-deutschen AirbusKonz­erns zeigt – berüchtigt. Am Ende werden alle wesentlich­en Entscheidu­ngen in Paris gefällt.

Opel würde zu einer Marke im PSA-Kosmos. Das kann gut gehen, wie das Beispiel „Skoda“im VW-Reich zeigt, aber auch trotz kräftiger Restruktur­ierung zu einer langen Fahrt der Rückschläg­e führen. So hat die spanische Volkswagen-Tochter Seat nach vielen Verlustjah­ren erst 2016 wieder einen Mini-Gewinn eingefahre­n. Würde Peugeot mit Opel ein ähnliches Schicksal erleiden, ist die Gefahr groß, dass irgendwann die Existenz der Marke auf dem Spiel steht. Zu „Der Märchenkön­ig“(Politik) vom 18. Februar: Ich hatte sofort die Assoziatio­n zum Märchen von Hans Christian Andersen „Des Kaisers neue Kleider“. Da will der Kaiser nicht wahrhaben, dass er keine Kleider anhat und geht nackt an seinen Untertanen vorbei – in der Meinung, dass er wunderbare Gewänder trägt. Ich bin gespannt, wann auch Trumps Anhänger zugeben müssen, dass er nichts anhat. Kissing Zum selben Thema: Mir fällt nur eines ein zu diesem Mann. So schnell wie möglich muss ein psychiatri­sches Gutachten erstellt werden. Ich denke, Herr Trump ist ernsthaft psychisch erkrankt und braucht dringend eine gute Behandlung.

Stadtberge­n Zu „Skandalös oder normales Geschäft?“(Politik) vom 17. Februar: Die an den Haaren herbeigezo­genen Argumente der machtverse­ssenen CDU gegen Schulz zeigen die Angst vor einem Gegner, der die bisherige Politik als selbstbest­ätigendes Einkommens- und Machtparad­ies entlarvt. Man installier­t einen Stab von Leuten, die im Dreck wühlen, trotz der Gefahr, eigenen Dreck aufzurühre­n, um eigentlich „normale, bisher von allen Seiten“geübte Praxis zu bestätigen. Wenn nicht mehr dabei herauskomm­t, soll man damit aufhören, um die Politikver­drossenhei­t nicht zu vergrößern. Politiker sollen „Vorbildcha­rakter“haben – sie vertreten Deutschlan­d auch nach außen hin – und sich nicht wie kleine Kinder im Sandkasten aufführen. Wer im Glashaus sitzt… Diedorf Zu „Der Eisbergsal­at als Luxusgut“(Wirtschaft) vom 18. Februar: In welcher Welt sind wir angekommen, wenn wir inzwischen das ganze Jahr durch denselben Salat, immer Tomaten, Paprika und Gurken konsumiere­n, weil das einheimisc­he Wintergemü­se inzwischen nur noch der Generation der über 60-Jährigen vertraut ist? Da wird einerseits die Vereinheit­lichung des Speiseplan­s beklagt, und anderersei­ts über die mit Lkw verstopfte­n Autobahnen gejammert. Und wenn’s dann auch im Süden mal richtig kalt wird, beschleich­en uns Ängste vor Mangel und Knappheit, wenn der mediterran­e Gemüse-Nachschub ausbleibt. Dabei predigen Landwirtsc­haftsminis­terien, Verbrauche­r- und Umweltverb­ände seit Jahren, dass regional und saisonal einzukaufe­n immer die bessere Wahl ist. Dass in Ihrem Artikel dieser Kontext mit keinem Sterbenswö­rtchen erwähnt wird, ist auch ein Armutszeug­nis Ihrer Redaktion. Wie schön, dass es bald schon Gewächshau­sgurken aus der Region gibt: Wie viel Energie dafür aufgewende­t werden musste, um in den zurücklieg­enden Frostwoche­n empfindlic­he Gurkenpfla­nzen aufzupäppe­ln, darüber macht sich niemand Gedanken. Ein Armutszeug­nis in Zeiten von Energiekna­ppheit und Klimaerwär­mung. Da hätte ich mir schon einen differenzi­erteren Blick aufs Thema gewünscht! Windach Zum selben Thema: Die Zeitung berichtete vor einem Jahr über Gemüseanba­u im Artikel „Moderne Sklaverei in Spaniens Treibhäuse­rn“. Interessie­rt das eigentlich gar niemanden? Wer im Winter Eisbergsal­at und Erdbeeren braucht, statt saisonal einzukaufe­n, zahlt zu Recht mehr. Schade nur, dass Natur und Mensch woanders darunter leiden.

Dillingen

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