„Dippen“für dicke Potte
An Wedel zieht die Ferne vorbei
„Welcome to Hamburg“, schließlich die englische Nationalhymne, weil die „Green Earth“der südkoreanischen Reederei Hanjin unter englischer Flagge fährt. Doch mit der Begrüßung per Lautsprecher ist die Zeremonie noch nicht vorbei: Eine elektrische Winde zieht die Hamburg-Flagge am hohen Mast vor dem Fährhaus nach unten. Das wirkt ein wenig wie ein Kniefall, heißt unter Seeleuten „Dippen“und ist ein uralter Brauch, um friedliche Absichten zu bekunden. Überhaupt will das Willkomm-Höft zur Völkerverständigung beitragen. Zumindest lernen Landratten und „Pottkieker“, wie die Besucher hinter vorgehaltener Hand genannt werden, ein Stück Globalisierung kennen – etwa wenn ein in Kroatien erbauter Saugbagger einer belgischen Reederei unter Luxemburg-Flagge mit dem Namen eines portugiesischen Seefahrers nun den Hamburger Hafen schlickfrei hält. Bolte trägt einen grauen Bart, ein weißes Diensthemd mit Epauletten und Schlips – ganz Kapitän, aber er ist nie zur See gefahren. „Wir sind alle keine echten Kapitäne“, gesteht er mit Blick auf die vier Kollegen: gestandene Männer im Rentenalter, die täglich von 11 Uhr bis Sonnenuntergang Schiffe ab 1000 Bruttoregistertonnen Größe an- und abmoderieren. Bolte ist der Dienstälteste auf der Lokalbrücke. „Beim Hafengeburtstag habe ich schon mal 72 Schiffe an einem Tag begrüßt“, erzählt der Kapitän. So etwas geht nicht ohne eine gewisse Routine und Spaß an der Abwechslung. Etwa als ein Schiff unter mongolischer Flagge vorbeifuhr und die Nationalhymne noch nicht vorlag. Da erkundigte sich Bolte nach der Nationalität der Besatzung und spielte die lettische Hymne. „Die klingt nicht nur toll, die zeigt Wirkung. Plötzlich gingen alle Türen auf dem Schiff auf, die Jungs haben sich gefreut und gejubelt.“Auch auf dem Kreuzfahrtschiff, das in der Dämmerung das Willkomm-Höft passiert, winken und wippen die Gäste – zur Discomusik an Bord. Zu diesem Zeitpunkt haben der Onkel und seine Neffen mit ihren Rädern längst die Grenzen Hamburgs überschritten. Von Blankenese mag man den schönsten Blick über die Elbe haben, das schönste Echo vom anderen Ende der Welt gibt es in Wedel.