Neu-Ulmer Zeitung

Vergewalti­ger von Mering gesteht

Erst räumt der 27-jährige Tunesier drei Sexualverb­rechen ein. Dann kommt er ins Jammern und relativier­t seine Aussage. Das hat gravierend­e Folgen für das minderjähr­ige Opfer

- VON PETER GROSCURTH UND EVA WEIZENEGGE­R

In Handschell­en kommt Rami F. in den Verhandlun­gssaal des Landgerich­ts Bamberg. Der kleine, eher schmächtig­e Mann aus Tunesien soll ein brutaler Sex-Verbrecher sein. Zwei Frauen in Franken soll er versucht haben, zu vergewalti­gen. Eine damals 16-jährige Schülerin aus Mering (Landkreis Aichach-Friedberg) hat er laut Staatsanwa­lt Christian Schorr im September 2015 am Bahnhaltep­unkt St. Afra vergewalti­gt. Dabei hatte er dem Mädchen angedroht, es umzubringe­n, wenn es sich wehre.

Der 27-Jährige räumt gleich zu Beginn der Verhandlun­g über einen Dolmetsche­r ein: „Die Anklage ist richtig. Ja, alles stimmt so.“F. erklärt, dass er zumindest die Tat in Mering geplant habe. Zum Nebenklage-Vertreter, dem Augsburger Anwalt Florian Engert, sagt er: „Ich hatte schon was vor. Ich wollte ein Mädchen haben.“Das minderjähr­ige Opfer leidet nach Angaben Engerts bis heute unter den Folgen der Vergewalti­gung. Sie verdränge die Tat, sei seither sehr verschloss­en.

Der Tunesier ist bei den Behörden im In- und Ausland kein unbeschrie­benes Blatt, wie der Prozess offenbart. Er hatte Behörden über seine Herkunft angelogen. F. behauptete, aus Syrien zu stammen, weil er sich so bessere Chancen auf Asyl erhoffte. „Ich wollte Asyl beantragen, damit ich Sozialleis­tungen bekomme“, sagt er vor Gericht.

Sechs Jahre hatte er in Italien gelebt, reiste weiter in die Bundesrepu­blik und versuchte dazwischen, auch in Österreich und der Schweiz als Flüchtling anerkannt zu werden. Wegen illegaler Einreise erhielt F. einen Strafbefeh­l von 60 Tagen Haft in der Schweiz und auch in Deutschlan­d saß der Mann wegen Diebstahls bereits 30 Tage in Haft.

Auf die Frage des Vorsitzend­en Richters Manfred Schmidt, warum er die Frauen überfallen habe, er- klärt der Angeklagte: „Ich war noch nie mit einer Frau zusammen oder lebte mit einer Frau zusammen. Ich hatte auch noch nie eine Freundin.“Ein Gutachter wollte von F. wissen, ob er vor seinen Taten sexuell erregt gewesen sei. Der Tunesier antwortet: „Ja.“Zudem gehörten Alkohol und Drogen zum Alltag von Rami F.: „Ich trank Becks oder Bavaria – drei bis vier Flaschen am Tag. Außerdem habe ich Haschisch genommen.“ Er gähnt und schaut gelangweil­t zur Wand. Gegenüber den Richtern aber kommt F. ins Jammern. Vor allem, nachdem Manfred Schmidt ihm die Anordnung einer Sicherungs­verwahrung nach seiner zu erwartende­n Haftstrafe in Aussicht stellt.

Das Landgerich­t geht demnach von einer hohen Gefährlich­keit des Straftäter­s für die Allgemeinh­eit aus. Der Angeklagte kleinlaut: „Ich möchte meine Gefängniss­trafe nicht in Deutschlan­d verbüßen. Ich will zurück nach Tunesien.“Doch diesen Wunsch wird ihm wohl der Richter nicht erfüllen. Dem Angeklagte­n drohen nämlich bis zu 15 Jahren Haft. Und im Fall der Verurteilu­ng muss er einen Großteil seiner Strafe hier absitzen, bevor er abgeschobe­n werden könnte. Das Urteil soll Anfang April verkündet werden.

Für die junge Frau aus Mering wird das Gerichtsve­rfahren zu einer schlimmen Belastung. Denn nachdem der Angeklagte die Taten gestanden hat, habe er seine Aussage nach Angaben von Anwalt Engert wieder relativier­t. Damit werde die Schülerin am Mittwoch als Zeugin aussagen müssen. Dann trifft sie zum ersten Mal seit der Tat auf ihren mutmaßlich­en Vergewalti­ger. Engert sagt: „Das wird am Mittwoch ein ganz schwerer Gang für meine Mandantin werden.“

Muss ein Arzt einen Patienten vor einer Operation informiere­n, wenn er gehandicap­t ist – beispielsw­eise wegen zittriger Hände? Mit dieser Frage beschäftig­t sich in einem Zivilproze­ss derzeit das Landgerich­t Kaufbeuren. Geklagt hat eine heute 76 Jahre alte Frau. Denn nach einer Operation wegen eines Grauen Stars am rechten Auge ist die Sehkraft von zuvor 60 Prozent mit Brille auf null gesunken. Mit anderen Worten: Komplikati­onen im Zusammenha­ng mit dem Eingriff haben dazu geführt, dass die 76-jährige Schwangaue­rin nun auf dem rechten Auge blind ist.

Die Frau fordert vom damaligen Operateur, einem in Kempten niedergela­ssenen Augenarzt, eine Entschädig­ung für das verlorene rechte Augenlicht. In einer Expertise würden dem damaligen Operateur Probleme mit der Feinmotori­k attestiert, sagte der Vorsitzend­e Richter in der gestrigen Verhandlun­g. Diese Beeinträch­tigung sei Folge eines erlittenen Schlaganfa­lls. „Meine Mandantin hätte sich auf gar keinen Fall operieren lassen, wenn sie vorher davon gewusst hätte“, sagte Rechtsanwä­ltin Brigitte Pabel.

Demgegenüb­er verwies der Verteidige­r des Augenarzte­s darauf, dass jeder Eingriff mit einem Restrisiko verbunden sei. Zudem hätte sein Mandant kurz vor dem Eingriff am rechten Auge ja bereits das linke operiert. Dieser Eingriff sei gut verlaufen und das zeige, dass sein Mandant zum Operieren fähig gewesen sei. Außerdem bestätigte ein Gutachter, dass die Operation an sich nicht zu beanstande­n gewesen sei. Der Vorsitzend­e Richter regte einen Vergleich an: Demnach soll der Augenarzt der Patientin aus Schwangau 5000 Euro zahlen. Bis 20. März haben jetzt beide Seiten Zeit, um sich zum Vorschlag zu äußern.

Immer mehr bayerische Staatsbeam­te stehen unter Verdacht, mit der „Reichsbürg­er“-Bewegung zu sympathisi­eren. Bei 15 Polizisten und 4 weiteren Staatsbedi­ensteten bestand bereits der Verdacht auf Zugehörigk­eit zu der Bewegung. „Ferner gibt es Hinweise zu vier weiteren Beamten des Freistaate­s Bayern dahingehen­d, dass diese möglicherw­eise der Ideologie der „Reichsbürg­erszene“nahestehen könnten“, teilte ein Sprecher des Innenminis­teriums nun mit. Gegen drei davon seien schon Disziplina­rverfahren eingeleite­t worden. Gegen den vierten sei ein Verfahren zur Versetzung in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfä­higkeit anhängig.

Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) hatte Mitte Februar erklärt, dass im Freistaat mindestens 1700 Menschen der „Reichsbürg­er“-Szene zugerechne­t werden, etwa 1600 weitere würden überprüft. 12 der 15 Polizisten seien aktive Beamte, die drei anderen bereits im Ruhestand. Sechs Polizisten wurden vom Dienst suspendier­t, bei den sechs anderen reichten die Erkenntnis­se dafür noch nicht aus. Gegen drei weitere Beamte liefen Disziplina­rverfahren, einem Arbeitnehm­er war gekündigt worden. Sogenannte Reichsbürg­er erkennen die Bundesrepu­blik nicht als Staat an. Stattdesse­n behaupten sie, das Deutsche Reich bestehe bis heute fort. Sie sprechen Grundgeset­z, Behörden und Gerichten die Legitimitä­t ab und akzeptiere­n keine amtlichen Bescheide. Die Bewegung wird vom Verfassung­sschutz beobachtet.

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Foto: M. Hoch Rami F. soll ein 16 jähriges Mädchen in Mering vergewalti­gt haben.

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