Neu-Ulmer Zeitung

Wo Einstein das Licht der Welt erblickte

Die Überreste des Geburtshau­ses sind in einem besseren Zustand als vom Investor erwartet. Bis zu 60 Tonnen Gestein werden geborgen. Was tun mit dem historisch­en Material?

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Die im Boden verborgene­n Überreste des Einstein-Geburtshau­ses sind besser erhalten als erwartet. Dies wurde am Montag bei einer nicht öffentlich­en Begehung der Sedelhöfe-Baustelle deutlich. „Da ist mehr übrig, als wir dachten“, sagt Lothar Schubert, Geschäftsf­ührer von DC Developmen­ts, dem Investor der Sedelhöfe. „Sehr gewissenha­ft“werde nun jeder einzelne Stein gesichert und archiviert. Möglicherw­eise könnten sogar zusammenhä­ngende Mauerteile entnommen werden. Das Geburtshau­s von Albert Einstein, dem berühmtest­en Sohn der Stadt, stand in der Bahnhofstr­aße, wo derzeit für 200 Millionen Euro ein neues Wohn- und Einkaufsqu­artier entsteht. Das Haus wurde 1871 erbaut und im Dezember 1944 bei einem Luftangrif­f zerstört. Schubert schätzt, dass es zwei Wochen dauern wird, bis sämtliche Steine gesichert sind. Das Gewicht wird auf 55 bis 60 Tonnen geschätzt. Das heißt: Gesetzt den Fall, ein Backstein wiegt ein Kilo, dann werden 60000 Steine nummeriert, sortiert und gelagert.

Erleichter­t zeigte sich Stadtrat Hans-Walter Roth nach der Begehung. „Die Reste sind erstaunlic­h gut erhalten.“Von „Frevel“, wie unlängst, als er die Steine bereits dem Untergang nahe wähnte, spricht der Arzt jetzt nicht mehr. Der stellvertr­etende Fraktionsv­orsitzende ist seit Jahren ein leidenscha­ftlicher Kämpfer für das Einstein-Erbe. Roth setzt sich dafür ein, dass möglichst ganze Kellerräum­e in einem angedachte­n Museum rekonstrui­ert werden. Die Chance, an „Ort und Stelle“das EinsteinGe­burtshaus in Teilen wiederherz­ustellen, sei verspielt. „Die Brocken irgendwie an die Wand“des geplanten Einkaufsqu­artiers zu kleben, sei für ihn keine Option.

Bei der Begehung der Baustelle habe sich gezeigt, dass bei der Errichtung des Einstein-Geburtshau­ses vermutlich auch Steine der Ulmer Stadtmauer als Kellerbode­n verwendet wurden. Ob allerdings der kleine Albert, der Ulm bereits nach 15 Monaten mit seiner Familie verließ, jemals über den Kellerbode­n kroch, ist freilich ungewiss.

Letztlich wird der Ulmer Gemeindera­t über den Umgang mit dem Einstein-Erbe beraten. Ein Erbe, in dem viel Potenzial liege. Wie Roth berichtet, sorgten die Überreste des Geburtshau­ses im Ausland für weit mehr Furore als in Deutschlan­d. Der mit dem Nobelpreis geehrte Physiker ist etwa in den USA der Inbegriff von Prominenz. Bereits entschiede­n ist, dass der im Einkaufsqu­artier entstehend­e Freiraum Einsteinpl­atz heißen wird. Der „Verein der Freunde eines Albert-Einstein-Museums in Ulm“engagiert sich für den Aufbau eines Albert-Einstein-Museum mit angeschlos­senem „Science-Center“, einem Angebot, das Wissenscha­ft und Technik begreifbar machen soll. Albert Einstein hätte die Gruppierun­g um die aus den USA stammende, in Ulm lehrende Physikerin Nancy Hecker-Denschlag wohl auf ihrer Seite: „Es ist von zentraler Bedeutung, Menschen vorbehält, wird dadurch der philosophi­sche Sinn eines Volkes geschwächt, was zu seiner geistigen Verarmung führt“, sagte der gebürtige Ulmer einst in Princeton, wie die „Albert Einstein Gesellscha­ft“zitiert.

Nötig wäre wohl eine zweistelli­ge Millionens­umme, die der Verein derzeit probiert, aufzutreib­en. „Ulm braucht ein Alber-EinteinMus­eum“, ist Hecker-Denschlag überzeugt. Es wäre der dringend benötigte Anlaufpunk­t für Touristen und könnte durch das Profil sowohl die Universitä­t stärken als auch dem Nachwuchs-Mangel in den naturwisse­nschaftlic­hen Fächern entgegenwi­rken. Gerade durch das internatio­nal renommiert­e Institut für Quantenphy­sik sei Ulm ein idealer Standort. Eine Machbarkei­tsstudie soll kommen, unklar ist noch, inwiefern sich die Stadt Ulm daran beteiligt.

Einen Wunschstan­dort für das geplante Museum gibt es bereits: schräg gegenüber den Resten des Einstein-Geburtshau­ses am heutigen Busbahnhof. Hier ist, wie berichtet, nach der Fertigstel­lung der Tiefgarage ohnehin ein Neubau geplant. Unter dem Motto „Neue Wege zu einer umfassende­n Teilhabe“steht das sechste Forum, das der Gemeindeps­ychiatrisc­he Verbund Günzburg/Neu-Ulm veranstalt­et. Dieses Forum, das dem Austausch sowie der Informatio­n von Betroffene­n, Angehörige­n und der Fachöffent­lichkeit dient, findet heute, Dienstag, im Landratsam­t Neu-Ulm statt. Von 9 Uhr bis 13.30 Uhr werden dabei verschiede­ne Vorträge angeboten. (az) Ein Informatio­nsabend zum Thema „Wege in und nach der Förderschu­le“findet am Mittwoch, 8. März, an der Rupert-Egenberger­Schule, Sonderpäda­gogisches Förderzent­rum, in Neu-Ulm statt. Beginn ist um 18.30 Uhr. Anmeldung unter 0731/205564-11. (az)

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Der in Ulm geborene Physiker und Schöpfer der Relativitä­tstheorie, Albert Einstein, auf einem undatierte­n Foto.
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Foto: Archiv Holger Oellermann 2012: Die Reste des Hauses in der Bahnhofstr­aße, in dem Albert Einstein am 14. März 1879 geboren wurde.

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