Neu-Ulmer Zeitung

Das Publikum ist nah dran am Geschehen

-

Psyche ist nach dem Todesstoß an Nedda zerbrochen und tot, als sich Canio für den Auftritt als Bajazzo umzieht und schminkt.

Das Foyer als Plattform für die choreograf­ischen Arbeiten aktiver Compagnie-Tänzer zu nutzen ist eine Idee, die öfter umgesetzt werden könnte – bietet dieses dem Publikum doch die Möglichkei­t, ganz nah am Geschehen zu sein und damit auch Gestik und Mimik der Tänzer unmittelba­r wahrnehmen zu können. (köd)

Eine Ausstellun­g „Heimatlich­t“zu nennen wäre Alfons Alt vor 32 Jahren vermutlich nicht in den Sinn gekommen. 1985 ließ der Schreiners­ohn aus Gannertsho­fen sein schwäbisch­es zu Hause hinter sich und zog ins südfranzös­ische Marseille. Dort lebt der mittlerwei­le 54-Jährige noch immer – aber künstleris­ch hat er sich in den vergangene­n Jahren seiner Heimat wieder angenähert. „Fernweh war bei mir schon immer da. Aber jetzt gibt es auch Heimweh“, erklärt er beim Gang durch die Räume des Museums für bildende Kunst in Oberfahlhe­im, wo am morgigen Mittwoch eben jene Ausstellun­g „Heimatlich­t“eröffnet wird.

Auf manches, was ihm früher gestohlen bleiben konnte, blicke er heute mit einer „gewissen Zärtlichke­it“, sagt Alt. Die Kleinlichk­eit etwa oder die schwäbisch­e Sparsamkei­t. Aber natürlich ist der gebürtige Illertisse­r als ausgebilde­ter Fotograf ein Mann der Bilder. Und so zeigt „Heimatlich­t“vor allem Ikonen der ländlichen schwäbisch­en Welt. Selbst ein kitschverd­ächtiges Postkarten­idyll wie Schloss Lichtenste­in bei Reutlingen, das „schwäbisch­e Märchensch­loss“. „Ich bin eben auch ein Romantiker“, sagt Alt mit einem Lachen. „Aber auch die A7 ist für mich Heimat.“Die präsentier­t er im Museum allerdings nicht, dafür unter anderem den Lauf der Roth bei Gannertsho­fen oder das Weißenhorn­er Original Robert „Graf“Bachinger. Seine Serie, von der Teile auch schon 2014 in Illertisse­n zu sehen waren, soll auch die Erinnerung an Verschwind­endes bewahren: Das Silo, das mittlerwei­le abgerissen ist, die Feldscheun­e, die bereits eingestürz­t ist, die alte Apfelsorte, die aussterben wird.

Ein konservati­ves Plädoyer für Heimatlieb­e ist die Ausstellun­g trotzdem nicht, dafür ist die Herangehen­sweise des Künstlers zu speziell: „Die Technik ist bei mir der Inhalt“, sagt Alt. Die von ihm entwickelt­e „Altotypie“, mit der er schon so unterschie­dliche Sujets wie Architektu­r, Pflanzen, Tiere oder Akte bearbeitet­e, ist ein ziemlich aufwendige­s Verfahren. Stark vereinfach­t formuliert, überträgt er ein mit einer Plattenkam­era eingefange­nes (Schwarzwei­ß-)Motiv mittels Gelatine und Chromsalz auf (oft großformat­iges) Büttenpapi­er. Dieses wird danach gewässert und mit Pigmenten bearbeitet, die sich beim Trocknen mit dem Trägermate­rial verbinden. „Im Prinzip wie bei einem Fresko“, erklärt Alt. Seine Altotypie sei „zu 30 Prozent Fotogra- fie, zu 30 Prozent Druck und zu 30 Prozent Malerei“. Und die fehlenden zehn Prozent? „Das ist der göttliche Zufall.“

Das Ergebnis ist eine Mischung aus Vintage-Fotografie und Aquarell. Alt bezieht sich eher auf die von Leonardo da Vinci entwickelt­e Sfumato-Malweise, mit der dieser Hintergrun­dlandschaf­ten in einen weichen Dunst hüllte. Ihm geht es nach eigenen Aussagen darum, den Dingen im Zeitalter der technische­n Reproduzie­rbarkeit ihre Aura zurückzuge­ben. Und in der Tat blickt man als Betrachter mit einer seltsamen Mischung aus Vertrauthe­it und Fremdheit auf die gezeigten Motive – ob auf „schwäbisch­e Ikonen“wie das Ulmer Münster oder auf eine klassische Harley, die im Keller an der Seite anderer technische­r Produkte hängt.

Gleichzeit­ig mit „Heimatlich­t“startet im Landkreism­useum eine kleine Kabinettsc­hau: „Kopfansich­ten“. Mit dieser kehrt Christine Kirschbaum nach einer zehnjährig­en, von Krankheit und Schicksals­schlägen geprägten Pause zurück in den Ausstellun­gsbetrieb, worüber sich Museumslei­ter Walter Wörtz sehr freut. Die 20 Blätter entstanden überwiegen­d im vergangene­n Jahr. Sie zeigen Köpfe in abstrahier­ter Form. Kirschbaum arbeitet mit der Collagrafi­e, einem Tiefdruck-Verfahren, das eine vielfältig­e Oberfläche­nstruktur ermöglicht. Wie bei Alfons Alt weckt auch bei Kirschbaum das Betrachten das Interesse an der Technik. Kunst muss nicht von Können kommen – aber es hilft eben doch. O

Beide Ausstellun­gen wer den morgen, Mittwoch, um 19 Uhr er öffnet. Es sprechen Landrat Thorsten Freudenber­ger und Martin Mäntele (HfG Archiv). Die musikalisc­he Beglei tung übernehmen Martin Huber (Po saune) und Hans Peter Ockert (Flügel horn). „Heimatlich­t“und „Kopfansich ten“laufen bis 18. Juni. Eintritt frei. Die Irish-Dance-Show „Magic of the Dance“, die für Donnerstag, 9. März, im Congress Centrum angekündig­t war, fällt aus. Als Grund geben die Veranstalt­er die Erkrankung von zwei Hauptakteu­ren an. Ein Nachholter­min, so heißt es, sei aus tourneetec­hnischen Gründen in absehbarer Zeit nicht möglich. Karten können bei der Vorverkauf­sstelle zurückgege­ben werden, bei der sie gekauft wurden. (az)

 ?? Fotos: Andreas Brücken, Alfons Alt (2) ?? Auch das Ulmer Münster ist Teil der Ausstellun­g „Heimatlich­t“von Alfons Alt (Bild oben). Weitere Motive: die Roth bei seinem Heimatort Gannertsho­fen (Bild unten rechts) und eine Harley Davidson aus dem Jahr 1937. NEU ULM
Fotos: Andreas Brücken, Alfons Alt (2) Auch das Ulmer Münster ist Teil der Ausstellun­g „Heimatlich­t“von Alfons Alt (Bild oben). Weitere Motive: die Roth bei seinem Heimatort Gannertsho­fen (Bild unten rechts) und eine Harley Davidson aus dem Jahr 1937. NEU ULM
 ?? Foto: Dagmar Hub ?? Tödliche Verbindung: Alessio Pirrone und Giulia Insinna.
Foto: Dagmar Hub Tödliche Verbindung: Alessio Pirrone und Giulia Insinna.

Newspapers in German

Newspapers from Germany