Draghi gerät in Erklärungsnot
Die Bankenlandschaft befindet sich in einem rasanten Umbruch. Jahrzehntelang galt die Branche als grundsolide, wenn nicht gar langweilig. Geld von den Sparern leihen und an Kreditnehmer ausgeben – das war das Hauptgeschäft der Regionalbanken. Von der Differenz zwischen Spar- und Kreditzins ließ sich gut leben. Heute aber schließen Filialen, die Mitarbeiterzahlen gehen zurück.
Ein Teil ist dem digitalen Wandel geschuldet. Kunden kommen im- mer seltener in die Filialen und betreiben stattdessen Online-Banking. Doch wie ein Beschleuniger wirkt die Politik der Europäischen Zentralbank unter Mario Draghi. Diese hat den Leitzins auf null gesenkt. Wenn die Banken Geld bei der EZB parken, zahlen sie sogar Strafzinsen. Sparer wie Banken sitzen in der Zinsfalle.
Dabei ist die Politik der EZB nicht mehr schlüssig: Draghi hat die niedrigen Zinsen stets damit begründet, einen Verfall der Preise im Euro-Raum verhindern zu wollen. Mittlerweile hat die Inflation aber die EZB-Zielmarke von knapp zwei Prozent erreicht. Es bedarf schon großer Winkelzüge Draghis, um den Kurs noch zu verteidigen.
Noch stemmen sich Sparkassen und die meisten Genossenschaftsbanken gegen die Weitergabe von Strafzinsen an Privatkunden. Reale Verluste für das Ersparte und in der Altersvorsorge gibt es aber bereits. Bald könnte das ein Thema im deutschen Wahlkampf sein.