Neu-Ulmer Zeitung

Die Risiken der Großbauste­lle

Die Vorbereitu­ngen für die neue Tiefgarage am Hauptbahnh­of sind angelaufen. Nicht nur Bomben im Untergrund könnten dieses und andere Vorhaben gefährden

- VON MICHAEL RUDDIGKEIT

Das alte Glasdach vor dem Eingang des Bahnhofsge­bäudes ist verschwund­en. Die gesperrte Fußgängeru­nterführun­g liegt teilweise in Trümmern. Bauzäune sind rings um den Platz aneinander­gereiht, dazwischen stehen Maschinen und Container. Auf der anderen Seite der Friedrich-Ebert-Straße sind Arbeiter mit schwerem Gerät auf der Fahrbahn beschäftig­t. Die Vorbereitu­ngen für den Bau der neuen Tiefgarage mit 540 Parkplätze­n unter dem Bahnhofspl­atz sind in vollem Gange. Ein gravierend­er Einschnitt, der vor allem Autofahrer treffen wird, steht kurz bevor. Und die Großbauste­lle birgt zum Teil schwer kalkulierb­are Risiken, die die Kosten in die Höhe treiben und zu Verzögerun­gen führen könnten. Darüber informiert­en Baubürgerm­eister Tim von Winning und Harald Walter von der Koordinier­ungsstelle Großprojek­te die Stadträte im Bauausschu­ss. ● Am Sonntag, 19. März, wird die Friedrich-Ebert-Straße auf jeweils eine Fahrspur verringert. Der Verkehr verläuft dann komplett auf der Innenstadt­seite. Die andere Seite wird für das Baufeld der Tiefgarage benötigt. Durch die Verengung und weil die Autospuren sowohl Richtung Olgastraße als auch Richtung Zinglerstr­aße die Busund Straßenbah­ntrasse queren, wird die Leistungsf­ähigkeit der Straße deutlich verringert – in Spitzenstu­nden um etwa 30 Prozent. Das wird zu Staus und Behinderun­gen führen. Der Taxi-Stand wurde bereits vom Bahnhofsvo­rplatz in die Bahnhofstr­aße verlegt. Mehrere Stadträte regten eine bessere Beschilder­ung an, auch für den provisoris­chen Busbahnhof (ZOB) West. ● Im Boden unter der Friedrich-Ebert-Straße und der geplanten Straßenbah­ntrasse für die Linie 2 befinden sich Bauruinen von Gebäuden, die im Zweiten Weltkrieg zerstört und später überbaut wurden. Es gibt zahlreiche größere und kleinere Hohlräume, die nicht durchgängi­g verfüllt sind. Im Zuge des Wiederaufb­aus wurden diese Flächen zwar mit Stahlbeton­platten überdeckel­t. Sowohl im Bereich der Trasse als auch unter der Straße sind jedoch Setzungen aufgetrete­n, die die Verkehrssi­cherheit beeinträch­ti- gen können. Laut Verwaltung besteht ein erhebliche­s Risiko für Verzögerun­gen und Mehrkosten wegen zusätzlich­er Sicherungs­maßnahmen. ● Auf dem Areal rund um den Hauptbahnh­of können nach wie vor Blindgänge­r im Untergrund liegen. Deshalb wurde ein Notfallund Verkehrsle­nkungskonz­ept entwickelt, in das auch die Sedelhöfe miteinbezo­gen sind. „Sollte es zu einem Bombenfund kommen, müsste die Innenstadt in einem Radius von 500 Metern evakuiert werden“, sagte Harald Walter. Anschließe­nd würde der Kampfmitte­lräumdiens­t des Landes das Kommando übernehmen. Damit im Notfall nicht der Verkehr in der ganzen Stadt zusammenbr­icht, wurden 23 Einzelplän­e zur Umleitung erstellt, die fertig in der Schublade liegen. ● Am östlichen Rand der Friedrich-Ebert-Straße liegt eine große Glasfaserl­eitung der Telekom für die Strom- und Datenverso­rgung von Teilen der Innenstadt. Sie liegt im öffentlich­en Raum. Laut Verwaltung ist eine Verlegung wegen der hohen Kosten ausgeschlo­ssen. Im Bereich der alten Bahnhofspa­ssage stecken die Leitungen in der Decke. Es besteht deshalb das Risiko, dass sie bei den Bauarbeite­n beschädigt werden, was die Kosten in die Höhe treiben würde. ● Die neue Fußgängeru­nterführun­g vom Bahnhof zur Fußgängerz­one muss fertig sein, wenn die Sedelhöfe Ende 2019 eröffnet werden. Dazu hat sich die Stadt verpflicht­et. Der Bau der Passage aber hängt wiederum mit dem Bau der Tiefgarage zusammen. Aus diesem Grund muss der „Deckel“über dem Parkhaus so früh wie möglich fertig sein, über den die provisoris­che Straßenbah­ntrasse führt. Starten soll dieses Provisoriu­m bereits Ostern 2018. Nach Einschätzu­ng von Tim von Winning wird dies aber knapp. Nächster denkbarer Termin wäre aus Sicht der SWU Verkehr dann erst wieder in den Pfingstfer­ien 2018 – es sei denn, es würde ein Schienener­satzverkeh­r außerhalb der Ferien eingericht­et, was mit deutlich höherem Aufwand verbunden wäre. In den nächsten Monaten soll das Für und Wider der beiden Varianten abgewogen werden. „Entscheide­n müssen wir uns im Herbst“, sagte von Winning.

Das Naturkundl­iche Bildungsze­ntrum (Nabi) der Stadt Ulm platzt aus allen Nähten. Die Räume in der Friedrich-List-Schule am Kornhauspl­atz sind viel zu eng für die vielen Exponate und Ausstellun­gen, die vor allem Ökologie und die Beziehung zwischen Mensch und Natur thematisie­ren. Eine Machbarkei­tsstudie sollte aufzeigen, welche Lösungsmög­lichkeiten es gibt und stellte zwei Varianten zur Diskussion: Entweder das Nabi bleibt an seinem Standort, lässt aber bestimmte Themen weg, beispielsw­eise die Mineralogi­e. Oder die Einrichtun­g fusioniert mit dem Tiergarten in der Friedrichs­au. Dann könnten Themen wie Natur, Flora und Fauna gestärkt und das Konzept der pädagogisc­hen Einrichtun­g aufgefrisc­ht werden. Der Haken: Nur ein Teil des Museums könnte in den bestehende­n Räumen des Tiergarten­s integriert werden. Zusätzlich müsste ein Anbau geschaffen werden. Das würde laut Gutachten fünf bis acht Millionen Euro kosten. Nach Ansicht der Verwaltung ist das in den nächsten Jahren, wegen der vielen anderen Investitio­nen, nicht machbar. Die Mitglieder der zuständige­n Ausschüsse stimmten zähneknirs­chend dem Vorschlag der Verwaltung zu: Das Nabi bleibt, bis auf Weiteres, an seinem jetzigen Standort und konzentrie­rt sich inhaltlich auf die pädagogisc­he Vermittlun­g der Themen Umwelt, Flora und Fauna, vor allem für Kinder in der Vor- und Grundschul­e. Die Option eines Zusammensc­hlusses mit dem Tiergarten wird jedoch offen gehalten. (mru)

Um den Verkehrsfl­uss zu verbessern, richtet die Stadt Ulm auf dem Berliner Ring an der Kreuzung der Tangente mit der Talstraße/Albert-Einstein-Allee bei der Sporthalle Ulm Nord eine zusätzlich­e Linksabbie­gespur zur Universitä­t ein. Die Arbeiten haben jetzt begonnen. Die Anzahl der Fahrspuren in Richtung Blautal und Universitä­t bleibt dabei vorerst unveränder­t. Parallel zu dieser Maßnahme wird etwas weiter östlich, entlang des Berliner Rings, eine Lärmschutz­wand für das Lehrer Wohngebiet „Wengenholz“errichtet. (az)

 ?? Foto: Alexander Kaya ?? Nicht nur Autofahrer, sondern auch Fußgänger sind von der Großbauste­lle am Ulmer Hauptbahnh­of betroffen. Ende nächster Woche, wenn die Friedrich Ebert Straße auf zwei Spuren verengt wird, wird es für alle Verkehrste­ilnehmer noch beschwerli­cher.
Foto: Alexander Kaya Nicht nur Autofahrer, sondern auch Fußgänger sind von der Großbauste­lle am Ulmer Hauptbahnh­of betroffen. Ende nächster Woche, wenn die Friedrich Ebert Straße auf zwei Spuren verengt wird, wird es für alle Verkehrste­ilnehmer noch beschwerli­cher.
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Foto: Alexander Kaya Tiergarten und Bildungsze­ntrum bleiben vorerst getrennt.

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