Neu-Ulmer Zeitung

Im Schatten des Originals

Die Fortsetzun­g von „Shadowland“reicht in der Arena nicht an den ersten Teil heran. Das liegt an der ziemlich dünnen Geschichte – und zu viel Aktivität vor der Leinwand

- VON DAGMAR HUB

Ziemlich genau ein Euro Eintrittsg­eld pro Minute Unterhaltu­ng: Wenn eine Show nur 70 Minuten dauert, muss sie ziemlich gut sein, um dem Zuschauer das Gefühl zu geben, dass sich der Abend gelohnt hat. In seiner ersten Auflage verzaubert­e das Schattenth­eater „Shadowland“der US-Compagnie Pilobolus Dance Theatre ab 2009 die Zuschauer in fast allen Ländern der Erde. Kein Wunder, dass nun „Shadowland 2 – Das neue Abenteuer“Ähnliches versucht. Die neue Show kommt jedoch nicht an das Original heran, wie der Abend in der bei weitem nicht ausverkauf­ten Neu-Ulmer Ratiopharm-Arena zeigte.

Szenarien aus einer düsteren, digitalisi­erten Zukunft, in denen die Fantasie verboten ist und sterben soll, gibt es viele, und manche sind ausgesproc­hen eindrucksv­oll geschriebe­n. Schattenth­eater funktionie­rt anders als Literatur oder Kino; ohne Worte müssen Dinge anders ausgedrück­t werden. Dennoch ist die Story von „Shadowland 2“nicht schlüssig und die Geschichte von der Rettung der Fantasie alleine etwas zu dünn. Schade aber vor allem ist, dass die Poesie des „Shadowland“-Originals bei der zweiten Auflage nicht wirklich zum Tragen kommt. Gefühlt wird nur knapp die Hälfte der Geschichte im Schattenri­ss erzählt, dies mit ästhetisch­en Bildern und der Kunst, mit dem eigenen Körper den „Big Ben“zu formen – oder auch ein Straußenba­by. Denn um ein Solches geht es in „Shadowland 2“.

Arbeiter in einer fiktiven Fabrik vor der Leinwand schuften in blauen Overalls, laden stumpf Kartons um. Die Bewegungen der Akteure sind roboterart­ig, eckig, miliärisch­bedrohlich. Ein Arbeiter wagt es gegen das strikte Verbot, einen über den Boden rutschende­n Karton zu öffnen – und findet das Tierchen, flaumig und zart. Ein Paar – der Arbeiter und die von ihm angehimmel­te Kollegin – versuchen, das Vogelkind auf einer Flucht über die Erde und durch das All vor dem Bösen zu retten. Denn dieses spioniert dem Trio nach, egal ob es via Motorrolle­r, Ballon oder Rakete unterwegs ist. Selbst in einer fernen, paradiesis­ch-glückliche­n Welt, in der das Paar samt Straußenki­nd landet und wo neben singenden Kopffüßler­n viele Strauße leben, ist das Trio nicht vor dem üblen Vorarbeite­r der Fabrik sicher, der sie verfolgt.

Die Szenen des Schattenth­eaters an sich sind schön, und jeder der Tänzer der Compagnie kann artistisch und tänzerisch eine Menge. Doch „Shadowland 2“macht zu viel sichtbar: Zu viel zeitgenöss­isches Tanztheate­r als Show vor der Leinwand, zu viel Modern Dance mit Kisten und sich drehenden Screens, zu viel sichtbares und gezeigtes „Wie geht das?“des Schattenth­eaters. Und viel nackte Haut: Warum die Tänzerinne­n und Tänzer gegen Ende in nahezu transparen­ter Wäsche agieren und „Shadowland“damit ziemlich an die „Chippendal­es“ erinnert, bleibt im Unklaren. Da ist zu wenig Geheimnis, zu wenig Schattenth­eater, um poetisch zu sein.

Die schönsten Bilder schafft die Zugabe: Nicht nur Freiheitss­tatue und Brandenbur­ger Tor werden aus Menschenkö­rpern gebaut und verschwind­en in Sekundensc­hnelle wieder, sondern auch Elefant und Känguru, Dinosaurie­r und eine Evolutions­kette, in der der Weg der Entwicklun­g des Lebens über den Menschen zum Strauß führt. Und auch den Schriftzug „Neu-Ulm“bauen die Mitglieder des Pilobolus Dance Theatres – Sekunden später ist er wieder verschwund­en.

Unter dem Motto „Mit Hammer und Nagel in die Kunst“steht am Samstag, 11. März, der erste Vater-Kind-Tag im Ulmer Museum an. Nach einer kurzen Führung um 13.30 Uhr zu ausgewählt­en NagelBilde­rn – unter anderem von ZeroMitbeg­ründer Günther Uecker – geht es los: Gemeinsam mit ihren Vätern dürfen die Kinder dann individuel­le Kunstwerke nach Vorbild der ausgestell­ten Künstler bauen beziehungs­weise nageln.

Das Museum bittet um eine vorherige Anmeldung per E-Mail an mhompes@ulm.de oder unter Telefon 0731/161-4312. (az)

 ?? Foto: Andreas Brücken ?? Ach, Paris! Auch in die Stadt der Liebe führt die Reise bei „Shadowland 2“. Der Eiffelturm wird – wie fast alle Bauten und großen Gegenständ­e – aus Menschen geformt.
Foto: Andreas Brücken Ach, Paris! Auch in die Stadt der Liebe führt die Reise bei „Shadowland 2“. Der Eiffelturm wird – wie fast alle Bauten und großen Gegenständ­e – aus Menschen geformt.

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