Die Präsidentschaftswahl ist anders als alle anderen
außerdem gehört er zum strategischen Komitee von Marine Le Pens Wahlkampagne. Dafür lässt Dussausaye sein Studium der politischen Philosophie ruhen. Er wirbt, wie Le Pen, für „intelligenten Patriotismus“und warnt vor der „Migrations-Schwemme“und „massiven Zuwanderung“– ob diese in Frankreich zutrifft oder nicht.
Margaux Pech und Gaëtan Dussausaye unterstützen jeweils Kandidaten, deren Visionen unterschiedlicher kaum sein könnten; aber zwischen diesen beiden Bewerbern könnte sich die Stichwahl am 7. Mai entscheiden. Die jüngste Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Opinionway sieht die Rechtspopulistin Le Pen und den Sozialliberalen Macron jedenfalls gleichauf. Beide kommen aktuell auf 25 Prozent der Stimmen im ersten Durchgang am 23. April; dahinter liegt nach derzeitigem Stand der Konservative François Fillon mit rund 20 Prozent.
Fillon, der lange Zeit als Favorit galt, schadeten die Vorwürfe einer mutmaßlichen Scheinbeschäftigung seiner Frau als parlamentarische Mitarbeiterin so sehr, dass er in Umfragen auf den dritten Platz abgestürzt ist – und damit nicht in die Stichwahl käme. Der sozialistische Kandidat Benoît Hamon, der aktuell bei zehn Prozent liegt, wiederum steht in direkter Konkurrenz zu dem Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon (15 Prozent); die Chancen der beiden gelten als minimal.
Weil die Vertreter der traditionellen Volksparteien also vielleicht nicht einmal die Stichwahl erreichen an ihrer Stelle andere Bewegungen erstarken, ist diese Präsidentschaftskampagne anders als alle anderen zuvor. Während sich die 18bis 25-Jährigen bei den bisherigen Wahlen am wenigsten beteiligten, könnten gerade sie dieses Mal den Ausgang maßgeblich mitentscheiden. Der „Front National der Jugend“rühmt sich, mit 25 000 Mitgliedern der größte politische Jugendverband des Landes zu sein. Aber auch Macrons Nachwuchsbewegung zählt inzwischen 18000 registrierte Anhänger.
Diese entstand bereits Mitte 2015, fast ein Jahr vor Gründung seiner Partei. Kaum einer ahnte damals, dass Macron für die Präsidentschaft kandidieren – und damit seinen Mentor, Präsident François Hollande, vor den Kopf stoßen sollte. Der junge Wirtschaftsminister setzte damals gegen erhebliche Widerstände ein Liberalisierungsgesetz durch, das unter anderem die Ausweitung der Sonntagsarbeitszeit und die Öffnung des Fernbusverkehrs vorsah. Um ihn zu unterstützen, gründete eine Handvoll Studenten Macrons Jugendorganisation.
Sie sei aus Neugierde auf deren Internet-Seite gestoßen, erzählt Margaux Pech. „Ich wollte mich für etwas engagieren und fand seine Aktion als Minister gut“, sagt die junge Frau aus Toulouse, die in einem Beratungsunternehmen in Paris arbeitet. „Ich habe mich schon immer für Politik interessiert, aber wirklich identifizieren konnte ich mich vorher nie mit einer Partei.“Der Ausund tausch über soziale Netzwerke bringe Gleichgesinnte aus verschiedensten Milieus zusammen und keinesfalls nur die Bessergestellten in den Metropolen, die – wie einst Macron – die renommierten Schulen besuchen oder an Eliteuniversitäten studieren.
Rund 60 Prozent der jungen „Macronisten“leben Pech zufolge in der Provinz, drei von vier engagieren sich zum ersten Mal politisch. Viele beteiligten sich im vergangenen Jahr am „großen Marsch“, einer Aktion, bei der Macrons Anhänger die Franzosen nach ihren Sorgen und Nöten befragten, um davon ausgehend Vorschläge zu erarbeiten. Sollte der Ex-Wirtschaftsminister die Wahl gewinnen, will er auch Vertreter der Zivilgesellschaft in die Regierung holen. Für die Parlamentswahlen im Juni stellt seine Partei Kandidaten in allen Wahlkreisen auf; man achte dabei auf „strikte Geschlechtergleichheit“, ergänzt Margaux Pech, die selbst keine politische Karriere anstrebt.
Vor allem für viele junge Wähler ist Macron eine Alternative. Denn er verspricht die Trennung zwischen links und rechts, die Frankreichs Politik seit langem prägt, zu überwinden, indem er parteienübergreifend alle „Progressisten“vereint. Er selbst trage „das Herz links und das Portemonnaie rechts“, sagt Ismail Amrani, ebenfalls aktives Mitglied der Nachwuchsorganisation. Zwar darf er als Marokkaner, der vor drei Jahren zum Studium nach Frankreich kam, nicht wählen,