Neu-Ulmer Zeitung

Wie geht’s dem Kaninchen?

Vor acht Monaten sind viele Nager in der Region an einem Virus gestorben. Wie Fachleute die Situation einschätze­n – und ob man jetzt wieder ein Tier kaufen kann

- VON CAROLIN OEFNER

Das Kaninchen sitzt apathisch in seinem Käfig, es frisst nichts und trinkt auch kein Wasser. Seine Augen sind rot und geschwolle­n, am Näschen kann man Ekzeme erkennen. Wenn es atmet, röchelt es leise: Diese Anzeichen haben Tierärzte und Kaninchen-Besitzer im vergangene­n Jahr vermehrt beobachtet. Es sind Hinweise auf Myxomatose – ein Virus, das meistens tödlich endet.

Im vergangene­n Sommer sind sehr viele Haus- und Wildkaninc­hen an Myxomatose, der sogenannte­n Kaninchenp­est, gestorben. Tierärzte in der Region haben zuvor noch nie eine so extreme Verbreitun­g des Virus gesehen (wir berichtete­n). „In Nersingen und Umgebung haben wenige überlebt“, sagt Tierarzt Dr. Jörg Ludwig. In Nersingen weiß er von nur zwei bis drei Kaninchen, die nicht vorher geimpft waren. Die meisten Tiere seien innerhalb von zwei Wochen gestorben, insgesamt mehrere Hundert in der Region, schätzt er. „Hier gab’s nicht mehr arg viele.“

Doch wie geht es den Kaninchen heute? Besteht die Gefahr, dass die Tiere immer noch Erreger herumtrage­n? „Im Moment haben wir kei- Probleme, weil das Virus fast ausschließ­lich durch Mücken übertragen wird“, sagt Ludwig. Deswegen sei Myxomatose „ein Problem des Hochsommer­s“. Dem Feldhasen geht es pünktlich zu Ostern ebenso gut. Theoretisc­h können sich die Verwandten des Kaninchens zwar auch an dem Virus anstecken, das tun sie aber meist nicht.

Auch der Veterinärd­ienst am Landratsam­t Neu-Ulm hat in diesem Jahr noch keine Anhaltspun­kte dafür, dass das Virus umgeht. Veterinär Dr. Manfred Enderle sagt jedoch, dass im Hintergrun­d dennoch etwas vor sich gehen könnte. „Bis wir von dem Virus erfahren, ist die Lage akut“, sagt er. Das Landratsam­t die Zahl der frei lebenden Tiere stark dezimiert worden.

Und mit dem gehäuften Auftreten der Krankheit sei diese nicht etwa besiegt. „Wir müssen davon ausgehen, dass das Virus wiederkomm­t“, sagt Ludwig. Und zwar, sobald auch die Mücken wieder da sind. Außerdem wird die Krankheit zum Teil über die Nahrung aufgenomme­n.

Sollte man also gerade lieber keine Kaninchen kaufen – oder kann im Frühjahr ein neues Familienmi­tne glied adoptiert werden? Tierarzt Jörg Ludwig beruhigt: Das Virus sei nicht vererbbar. Wer bei einem Züchter jetzt ein gesundes Tier kaufe, sollte keine Probleme haben. „Nur in der heißen Zeit der Übertragun­g lieber nicht.“

Ludwig empfiehlt jedoch, die Kaninchen zusätzlich impfen zu lassen. Dann sind sie vor dem Myxomatose-Virus geschützt. Der Impfschutz hält etwa neun Monate bis ein Jahr lang an. Bis er wirkt, dauert es bis zu drei Wochen. „In nächster Zeit ist eine Impfung also sinnvoll“, sagt Ludwig. Die Kaninchen sollten dazu mindestens sechs Wochen alt sein.

Bevor eine Familie sich ein Kaninchen anschafft, solle sie sich gemeinsam mit den Kindern gut über die Tiere informiere­n. Überstürzt – etwa als Ostergesch­enk – ein Kaninchen zu kaufen, sei nie der richtige Weg. Lieber zuerst mit den Kindern alles besprechen. Tierärzte haben vermehrt Probleme mit Kaninchen, die falsch gehalten werden, sagt Ludwig. Vor allem beim Füttern meinen es viele Halter zu gut. „Ein Kaninchen braucht vor allem gutes Heu und Grünfutter – und nur manchmal ein paar Körner“, sagt Ludwig. Gut seien auch Zweige von Obst- oder Nussbäumen.

 ?? Archivfoto: Praxis Dr. Ludwig ?? Dieses Kaninchen hat sich vergangene­s Jahr mit Myxomatose angesteckt. Viele starben daran.
Archivfoto: Praxis Dr. Ludwig Dieses Kaninchen hat sich vergangene­s Jahr mit Myxomatose angesteckt. Viele starben daran.

Newspapers in German

Newspapers from Germany