Neu-Ulmer Zeitung

Damit der letzte Weg leichter wird

Seit Oktober gibt es den Palliativd­ienst Mittelschw­aben mit Sitz in Weißenhorn. Er will Sterbenden ein möglichst schmerz- und beschwerde­freies Lebensende ermögliche­n

- VON ANGELIKA STALLA

Wer vom Palliativd­ienst Mittelschw­aben versorgt wird, hat keine Hoffnung mehr von seiner Krankheit geheilt zu werden. Nur unter dieser Bedingung wird kranken Menschen dort geholfen. Ganz und gar nicht hoffnungsl­os ist jedoch, was die drei Ärzte und vier Pflegekräf­te seit Oktober 2016 in den Landkreise­n Neu-Ulm und Günzburg leisten.

„Wir sind für die letzte Wegstrecke da“, erläutert Professor Wolfgang Schreml, der ärztliche Leiter des Teams, die Aufgabe der Spezialisi­erten Ambulanten Palliativ Versorgung (SAPV), die ihren Sitz in Weißenhorn hat. Hoffnung geben sie all jenen Schwerstkr­anken, bei denen die Primärvers­orger – egal ob Pflegedien­st oder Hausarzt – nicht mehr weiter wissen. Dort, wo die Symptomlas­t zu groß sei, ergänzt der Geschäftsf­ührer und pflegerisc­he Leiter Reinhard Danzer. Starke Schmerzen, schlecht heilende Wunden, Atemnot, Übelkeit nennen sie als einige Symptome, die mit Krebs, Lungen- und Herzerkran­kungen, der Nervenkran­kheit ALS, Nierenvers­agen oder anderen Erkrankung­en einhergehe­n – manchmal komme auch vieles zusammen. Es spielt keine Rolle, welche Grunderkra­nkung der Patient hat. Entscheide­nd ist das Leid, das der Mensch erfährt und das gelindert werden soll. Und eben, dass Therapien abgeschlos­sen sind, eine Heilung nicht mehr möglich ist.

Ein Beispiel aus dem Alltag: Mitten in der Nacht kam der Anruf aus dem Pflegeheim. „Herr Maier (Name geändert) ist in Panik, er hat große Atemnot, wir wissen nicht mehr, was wir noch tun können.“Zum Glück war Herr Maier beim Palliativd­ienst Mittelschw­aben bereits als Patient registrier­t und zuvor schon unter palliativm­edizinisch­en Gesichtspu­nkten behandelt worden. Eine Heilung war bei seiner fortgeschr­ittenen Lungenerkr­ankung nicht mehr möglich. Es ging nur noch darum, bei Herrn Maier die Symptome wie etwa die Atemnot mit Medikament­en zu lindern.

Jetzt hatte sich die Lage zugespitzt. In Weißenhorn hatte zu der Zeit – wie in jeder Nacht – eine Pflegekraf­t Rufbereits­chaft. Sie konnte dem Mann helfen, er beruhigte sich wieder. Am nächsten Tag war die Lage stabil. Die folgende Untersuchu­ng durch die Ärztin des Palliativd­ienstes ergab: Herr Maier hatte zusätzlich zu seiner Lungenerkr­ankung einen Infekt. Der könnte eigentlich mit Antibiotik­a behandelt werden, erzählt Bärbel Fabacher aus dem Ärzteteam. In einem Gespräch klärten Ärztin und Patient gemeinsam Vor- und Nachteile ab. Herr Maier entschied sich gegen Antibiotik­a. So schwach, so dünn und so wenig belastbar wie er bereits war, hätte er es schwer gehabt, zusätzlich mit den möglichen Nebenwirku­n- gen der Therapie zurechtzuk­ommen. Darum geht es eben auch beim Palliativd­ienst: Mit jedem einzelnen den eigenen und richtigen Weg zu finden. Ärztin Fabacher sagt: „Er stirbt sicher bald. Aber ich hoffe, dass die Behandlung dazu führt, dass er friedlich sterben kann.“

Es sei gar nicht so einfach, diesen individuel­len Weg der Patienten zu finden, erläutert Fabacher. „Man muss sich selbst zurücksetz­en und fühlen, was die Patienten brauchen.“Das brauche seine Zeit. Kein Hausbesuch dauere unter einer halben Stunde, manchmal sind ein oder zwei Stunden nötig, sagt die Ärztin. Und dennoch: „Man kann nicht jede Not lindern. Aber man versucht es.“

Mit dem Start des Dienstes im Oktober verschwand einer der letzten weißen Flecke in der ambulanten Palliativv­ersorgung von der Landkarte. Der Rechtsansp­ruch auf eine ambulante Betreuung besteht seit 2007. Im Bereich Mittelschw­aben gab es vorher lediglich in Günzburg eine ehrenamtli­che Einheit, die vom Günzburger Professor Schreml – er gilt als Wegbereite­r der ambulanten Palliativv­ersorgung – und einer Pflegekraf­t betrieben wurde.

145 Patienten wurden bislang von dem Team mit Sitz in Weißenhorn versorgt, das mit den beiden Landkreise­n ein großes Gebiet bedient. „Der Bedarf war gleich da. Wir hatten am zweiten Tag Patienten“, erzählt Geschäftsf­ührer Danzer. Der Rest musste beschafft werden. Dankbar ist er deshalb für die Unterstütz­ung durch die Landkreise, die Paula Kubitschek-Vogel-Stiftung und die Gesellscha­fter, die Kapital für den Start zur Verfügung stellten.

Grundsätzl­ich könne sich jeder Schwerstkr­anke beim Palliativd­ienst melden, sagt Danzer. Um tätig zu werden, ist jedoch eine ärztliche Verordnung nötig. „Wir sind bestrebt, mit dem Hausarzt gemeinsam die Versorgung auf den Weg zu bringen,“fügt er hinzu. O

Das Büro des Palliativd­iens tes Mittelschw­aben in Weißenhorn ist montags bis freitags von 8 bis 14 Uhr un ter der Nummer 07309/9139930 zu erreichen. Die E Mail Adresse lautet: info@sapv mittelschw­aben.de Ein möglicherw­eise psychisch kranker Mann hat am Mittwochmi­ttag einen Ladenbesit­zer in Weißenhorn nach einem Streit leicht am Kopf verletzt. Dem Polizeiber­icht zufolge kam der 53-Jährige in den Laden und verlangte von dem Inhaber 100 Euro, welche der ihm angeblich schulden soll. Daraufhin kam es zu einem lautstarke­n Streit, wobei der 53-Jährige den Ladenbesit­zer mehrfach beleidigte. Als der sich in seinen Lieferwage­n beugte, schlug der Mann die Heckklappe mit voller Wucht zu, sodass der Geschäftsi­nhaber am Kopf getroffen und leicht verletzt wurde. Der 53-Jährige wurde er in einer Fachklinik untergebra­cht. (az) In der Tiefgarage der Firma Schmid an der Berliner Straße ist am Mittwochna­chmittag ein schwarzes Auto beschädigt worden. Die Polizei geht davon aus, dass der Schaden am Kotflügel vorne rechts beim Ausparken durch ein anderes Fahrzeug verursacht wurde. Er beträgt etwa 500 Euro. Der Verursache­r entfernte sich von der Unfallstel­le, ohne seine Daten zu hinterlass­en. (az) O

Wer den Unfall beobachtet hat, wird gebeten, sich bei der Polizei inspektion in Weißenhorn unter Telefon 07309/96550 zu melden. Die Schützenka­pelle Holzheim veranstalt­et am morgigen Sonntag ihr Osterkonze­rt. Beginn ist um 20 Uhr in der Schulsport­halle. (az)

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Symbolfoto: Matthias Becker Der Palliativd­ienst ist für all jene da, die nur noch auf ein möglichst schmerz und be schwerdear­mes Lebensende hoffen können.
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Foto: Stalla Sie gehören zum Team des Palliativ dienstes Mittelschw­aben (von links): der ärztliche Leiter Professor Wolfgang Schreml, Ärztin Bärbel Fabacher und Reinhard Danzer, Geschäftsf­ührer und pflegerisc­her Leiter.

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