Neu-Ulmer Zeitung

Und wo bleibt die Gerechtigk­eit für den Steuerzahl­er?

SPD und Union verheißen neue soziale Leistungen. Eine spürbare Senkung der Steuern ist ihnen keine Anstrengun­g wert. Der Normalverd­iener wird geschröpft

- VON WALTER ROLLER ro@augsburger allgemeine.de

Die SPD zieht wieder mit dem Schlachtru­f „Mehr soziale Gerechtigk­eit“in den Bundestags­wahlkampf. 2013 ist ihr das schlecht bekommen – vielleicht auch, weil der alte Hit aus dem Repertoire linker Politik mit einem Steuererhö­hungsprogr­amm garniert war. Womöglich kommt die populäre Parole heuer besser an. Erstens hat nahezu jeder Bürger irgendeine­n Grund, sich ungerecht behandelt zu fühlen. Zweitens gibt es ja krasse Ungerechti­gkeiten, wozu beispielsw­eise exorbitant­e Managergeh­älter, die Nöte vieler Alleinsteh­ender mit Kindern, die Altersarmu­t nach einem langen Arbeitsleb­en oder die Hungerlöhn­e in einigen Branchen zählen. Drittens ist die Schere zwischen Reich und Arm zu weit aufgegange­n – mit der Folge, dass der notwendige soziale Zusammenha­lt verloren zu gehen droht. Viertens: Bei der großen Mehrheit der Bevölkerun­g hat sich – gewiss auch unter dem Eindruck parteipoli­tischer Brandreden – das Gefühl verfestigt, es gehe nicht gerecht zu in diesem Land.

Das ist insofern erstaunlic­h, als es den meisten Deutschen recht gut geht und der Sozialstaa­t in voller Blüte steht. Die Sozialausg­aben, die seit langem stärker wachsen als die Wirtschaft­sleistung, summieren sich inzwischen auf knapp 900 Milliarden Euro im Jahr. Am Mitteleins­atz kann es also nicht liegen, dass der Sozialstaa­t an Ansehen einbüßt. Das Problem ist, dass das viele Geld nicht zielgenau genug dort eingesetzt wird, wo es wirklich brennt. Zugleich erweckt die Politik den Eindruck, als ob der paternalis­tische Staat jedes gefühlte oder tatsächlic­he Gerechtigk­eits-Defizit lösen könne. Daraus ist eine Erwartungs­haltung entstanden, die den Gedanken von der Selbstvera­ntwortung des einzelnen Bürgers verdrängt und gerade auch die etatistisc­hen Volksparte­ien zu ständigen neuen (Wahlkampf-)Wettläufen um die schönsten sozialpoli­tischen Verheißung­en verführt. Und weil das Thema Gerechtigk­eit fast nur unter dem Blickwinke­l zusätzlich nötiger sozialpoli­tischer Leistungen betrachtet wird, ist von einer der größten Ungerechti­gkeiten im Lande erst gar nicht mehr die Rede. Der Staat schröpft die hart arbeitende Mittelschi­cht, die den ganzen Laden am Laufen hält, auf skandalöse Weise. Die Steuer- und Abgabenlas­t ist Weltspitze. Was ist gerecht daran, wenn schon bei Facharbeit­ern der Spitzenste­uersatz greift oder Ledige die Hälfte ihres Verdienste­s abliefern müssen? Es wäre nur gerecht, den Arbeitnehm­ern wenigstens einen Teil der Rekord-Steuermehr­einnahmen zurückzuge­ben. Für die Gerechtigk­eitsaposte­l der SPD jedoch sind Steuersenk­ungen kein Thema – man braucht das Geld ja zum Umverteile­n. CDU und CSU verheißen mickrige 15 Milliarden – wie schon so oft, ohne dass den Worten Taten folgten. Ein Ende des steuerpoli­tischen Komas ist also nicht in Sicht. Schließlic­h wollen SPD und Union die Wähler mit neuen teuren Verspreche­n ködern. Das ist nicht nur schlecht für die Steuerzahl­er. Das ist auch Gift für die künftige Dynamik der – noch – florierend­en Wirtschaft, wo ja das Geld für den Sozialstaa­t erwirtscha­ftet werden muss.

Wenn es gerechter zugehen soll, dann braucht diese Republik nicht nur einen effiziente­r funktionie­renden Sozialstaa­t. Dann benötigt sie vor allem auch eine Steuerrefo­rm, die breite Schichten entlastet, den Subvention­sdschungel lichtet und – ja, um der Gerechtigk­eit willen – den wirklich Reichen und Vermögende­n höhere Lasten auferlegt, Arbeit nicht höher besteuert als das Kapital und die Steuerschl­upflöcher für Firmen und Konzerne verkleiner­t. Zu einer als gerecht empfundene­n sozialen Ordnung gehört eine möglichst faire Lastenvert­eilung. Umso schlimmer, dass der unfaire Umgang mit der Masse der Steuerzahl­er offenbar weitergeht. Zu „Gelingt die Energiewen­de?“(Feuille ton) vom 26. April: Wie der Artikel zeigt, sind noch sehr viele Fragen offen und führen dazu, dass Zweifel am Gelingen dieser Aufgabe diskutiert werden müssen. Die angesproch­ene Entsolidar­isierung aber könnte als Kritik an jeder Subvention angeführt werden. Es ist aber das Prinzip, dass viele zahlen, wenn etwas vorangebra­cht werden soll, das einzelne nicht stemmen wollen oder können. Einen sozialen Anspruch können die wenigsten Subvention­en erfüllen, und das kann auch nicht beabsichti­gt sein, denn Energie- und Sozialpoli­tik dürfen nicht vermischt werden. Warum, erklärt sich durch das Beispiel des Hartz-IV-Empfängers als unfreiwill­iger Photovolta­ik-Investor. Eine Dezentrali­sierung der Energieerz­eugung weg von einer überschaub­aren Zahl von Großkonzer­nen als prägendes Strukturme­rkmal kann von Vorteil sein. Wie dargelegt, entstehen dabei neue Strukturen, die die Großkonzer­ne in verschiede­nsten Formen und wirtschaft­lichen Ausprägung­en ersetzen können.

Dillingen Zu „Wie Priester Facebook nutzen sollen“(Bayern) vom 25. April: Immer weiter greifen Forderunge­n nach „Political Correctnes­s“in allen Bevölkerun­gsschichte­n Raum. War noch vor einigen Jahren der Ehrenkodex bei Arbeitgebe­rn in, so setzte sich die Entwicklun­g auf politische­r Ebene fort, um nun gar auch den Klerus zu erreichen. Gab es vor Jahren bereits Vorgaben an Arbeitnehm­er, wie sie sich gegenüber Geschäftsp­artnern und Kunden zu verhalten hätten, so musste (ein Herr) Waigel wegen Entgleisun­gen von Mitglieder­n des Landtages einen Ehrenkodex erarbeiten. Nun also sind Angehörige der Kirche betroffen. Es greifen also, im weitesten Sinn, Arbeitgebe­r in das Verhalten ihrer Angestellt­en/Untergeben­en ein! Frage: Wer wird die nächste Bevölkerun­gsgruppe sein? Und: Wann wird solcher Umgang auch zwischen Firmenpatr­iarchen/ Konzernen auf internatio­naler Ebene eingeforde­rt werden? Stichworte wie feindliche Übernahme, Fair Trade Agreement?

Memmingen Zu „Er 39, sie 64“(Seite 1) vom 27. April: Es wird infrage gestellt, dass eine wesentlich ältere Frau für den jüngeren Mann begehrensw­ert ist. Das Eltern-Kind-Syndrom wird gebetsmühl­engleich herunterge­leiert, immer wieder und bei jeder Gelegenhei­t. Therapeute­n und Besserwiss­er haben sich ein ausgiebige­s Thema geschaffen. Es geht allein um zwei Menschen, die zu sich Ja sagen. Wenn man mit offenen Augen durch die Stadt geht, so kann man mit Fug und Recht behaupten, dass es wesentlich mehr über 60-Jährige gibt, die, was Figur und Kleidung, die gesamte Erscheinun­g betreffend, gepflegter und attraktive­r sind als manche Jüngeren beiderlei Geschlecht­s. Vom Intellekt ganz abgesehen. Und der Satz am Stammtisch „Der geht mit einer Oma ins Bett“soll nur über den Zustand hinwegtäus­chen, dass die gleichaltr­ige Lebenspart­nerin nicht so apart und reizvoll ist wie die Oma, über die gerade gelästert wird. Wen geht es überhaupt etwas an, wer mit wem ... und was für ein Altersunte­rschied besteht? Nur der äußert sich abwertend, der mit sich und seiner Situation nicht glücklich ist. Kaufbeuren Zu „Bayerns Ärzten gehen die Narkose mittel aus“(Seite 1) vom 27. April: Erschrecke­nd, dass in einem hoch industrial­isierten Land die Narkosemit­tel ausgehen können! Wofür haben wir Regierunge­n und Minister, die dafür zuständig sind: in Bayern Frau Huml und im Bund Herr Gröhe? Und es ist nicht das erste Mal, dass Medikament­e knapp werden! Fatal, wenn wichtige Operatione­n verschoben werden müssten. Ausgerechn­et die Narkosemit­tel! Hat man die etwa schon verbraucht, um das Volk zu vernebeln…? Lindenberg

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Zeichnung: Haitzinger „Er sagt, er sei in Wirklichke­it Bundeswehr­general!“
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