Gewaltige Kluft zwischen Küsten und Landesinnerem
Kevin McCarthy, vergangenen November fast 55 Prozent der Stimmen. Und zog ins Weiße Haus ein. Nach 100 Tagen im Amt lässt sich in der republikanischen Hochburg auch jetzt nicht viel von dem Umfragetief finden, das Demoskopen USA-weit festgestellt haben.
Javier Reyes spricht für viele Fans des „America-First“-Präsidenten, wenn er den Medien vorhält, „immer noch nicht zu kapieren, was hart arbeitenden Menschen am Herzen liegt“. Die seien es satt, von den Eliten in Washington ignoriert zu werden. Trump werde mit Mauerbau, Deportationen und Abbau der Bürokratie „endlich wieder Jobs schaffen“. Vor allem habe er mit seinen ersten Dekreten „den unsäglichen Umweltvorschriften den Kampf angesagt“, die den unter einer mehrjährigen Dürre leidenden Farmern das Wasser für ihre Felder verweigert hätten. Die Umweltbehörde EPA sei auch für die Wettbewerbsprobleme der Ölindustrie verantwortlich. „Wir haben ständig Klimawandel“, sagt der Büroangestellte lachend, dessen Urgroßvater aus Mexiko in die USA kam, über Sorgen um die Erderwärmung. „Wir haben jeden Tag eine andere Temperatur. Die Frage ist bloß, ob Menschen dafür verantwortlich sind.“
Eine kurze Fahrt auf der „Panorama Road“heraus aus dem Tal auf ein Hochplateau reicht eigentlich schon, eine Antwort zu finden. Hier oben vernebelt selbst an wolkenfreien Tagen Smog den Blick auf das „Kern River Valley“, wo hunderte „Pumpjacks“, also Bohrtürme, stoisch Öl aus dem Boden pumpen. Mehr als irgendwo sonst in Kalifornien. Der amerikanische „LungenVerband“verlieh der Region Bakersfield 2016 den wenig schmeichelhaften Titel der Stadt mit der höchsten Luftverschmutzung und der zweithöchsten Ozon-Belastung der USA. Die 70 000 Asthma-Erkrankungen in „Kern County“sind eine Konsequenz daraus. In „Trump-Land“werden solche Fakten als „Fake News“abgetan. Was für die Mehrheit zählt, ist die anhaltend hohe Arbeitslosenquote von über zehn Prozent, die das Ergebnis fallender Weltmarktpreise für Rohöl und einer sechsjährigen Dürre ist.
Die Politologin Jeanine Kraybill, 36, von der California State University in Bakersfield sieht zudem kulturelle Parallelen zu den Industrieregionen im Rostgürtel Amerikas und dem Süden der USA. „Die Kluft zwischen den Küsten und dem Inneren des Landes ist gewaltig.“Diese drückt sich nicht nur in der Begeisterung für Waffen, CountryMusik, Pickup-Trucks, Bibel und Barbecue aus, sondern auch in tiefer Verachtung für die traditionellen Eliten des Landes. „Die Vorhersage einer Amtsenthebung ist genauso falsch wie die Umfragen vor den Wahlen“, meint Politologin Kray- „Es gibt hier viele Menschen, die denken, was er tut, sei genau richtig.“Seine Anhänger identifizierten sich mit der Opferrolle, die Trump trotz seines Wahlsiegs im November weiter kultiviert. Sie fühlen sich dem Milliardärs-Präsidenten nahe, weil „Washington“auf ihn herunterschaue wie auf sie.
Für Darrell, 55, und Carol Feil, 52, ging es um ihr Unternehmen, das in den Abwärts-Strudel der Ölund Agrar-Wirtschaft geraten war. „Wir konnten keine Leute einstellen und mussten die Löhne kürzen, um über die Runden zu kommen“, sagen die Besitzer von „Abatea-Weed“, einem Betrieb, der seit einem halben Jahrhundert Ausrüstung und Dienstleistungen in beiden Branchen anbietet. Als typische „Country-Club“-Republikaner sprangen die Feils eher spät auf den Trump-Zug auf. Nun hoffen sie, der Bau-Magnat könne seine Erfahrung als Unternehmer irgendwie zunutze machen, die Wende für Bakersfield zu bringen. Was Darrell Feil in den ersten 100 Tagen sah, stimmt ihn optimistisch. „Die Kürzungen bei der Umweltbehörde EPA gehen in die richtige Richtung.“
Auch Cathy Abernathy, 62, gehörte bei den Vorwahlen zu dem Establishment, das sich mit dem Rechtspopulisten eher schwertat. Die republikanische Strategin, die Mehrheitsführer McCarthy in Washington berät und in der Republikaner-Zentrale von Bakersfield einund ausgeht, zählt heute zu den Gläubigen. Die ersten 100 Tage Trumps im Weißen Haus seien ein Erfolg gewesen. Er habe kompetente Leute in die Regierung geholt und setze um, was er versprochen habe. „Wir vertrauen Trump.“
Dass die Gerichte den Muslimenbill. Bann gestoppt, der Kongress die Abschaffung der Gesundheitsreform „Obamacare“nicht geschafft und der Präsident wegen der Russland-Affäre unter Dauerbeschuss steht, quittieren seine Anhänger in „Trump-Land“mit Schulterzucken. Noch weniger scheren sie sich um die außenpolitischen Kehrtwenden in Syrien, bei der Nato oder anderen Themen, die von hier aus gesehen, weit weg sind.
Die Wahrnehmung der Trumpers steht im klaren Gegensatz zu der Zufriedenheit der US-Bürger insgesamt. Nie zuvor startete ein Präsident mit so niedrigen Zustimmungsraten. In der täglich aktualisierten Gallup-Umfrage waren die Amerikaner am Tag der Amtseinführung mit 45 Prozent in ihrer Sicht gespalten. Heute liegen diese Werte etwa fünf Prozent darunter.
Strategin Abernathy macht „die Medien“für das schlechte Image des Präsidenten verantwortlich. „Die blockieren ihn, wo es nur geht“, meint die freundliche Dame in der mit einem riesigen „Trump-forPresident“-Banner dekorierten Parteizentrale. „Er macht wirklich einen guten Job.“Glücklicherweise wehre sich Trump gegen die negative Presse. „Vielleicht sollten AP, die New York Times, CNN und ein paar andere nicht mehr in der ersten Reihe sitzen“, stimmt Abernathy