Neu-Ulmer Zeitung

Humanismus mit Humor

Der österreich­ische Kabarettis­t Josef Hader spielt sich selbst: oft genial, manchmal ein bisschen chaotisch – aber fast immer treffsiche­r

- VON ANDREAS BRÜCKEN

Mit gesellscha­ftlichen oder politische­n Themen hält sich Kabarettis­t Josef Hader nicht mehr unnötig auf. Angeblich. Passend zu seinem langjährig­en Programmti­tel „Hader spielt Hader“soll sich am Abend im ausverkauf­ten Ulmer Zelt alles um ihn selbst drehen. Er sei es leid, internatio­nalen Konflikten auf den Grund zu gehen, wie man es von einem Kabarettis­ten erwarten würde, sagte der Österreich­er. „Serben oder Kroaten, Russen oder Ukrainer, Katzen oder Ehefrauen – wer ist Schuld an den Problemen?“, fragt Hader schließlic­h sein Publikum, weil er auf diese Frage keine Antwort hat.

Stattdesse­n wirft der 55-Jährige mit provokante­n Vorurteile­n um sich, als hätte er sein Vorbild im Erfolg der radikalen Populisten gefunden. „Vorurteile sind gelebte Erfahrunge­n“, sagt der Wiener Kabarettis­t und fügt zu: „Wenn wir blind darauf vertrauen, dass die Welt schlecht ist, müssen wir diese Erfahrunge­n schon nicht mehr selber machen.“Deshalb sei es vielleicht auch besser, wenn alle Zuschauer das Zelt gleich zu Beginn des Programmes verlassen würden: „Jetzt sind wir werden wollen, weil der den schlechten Klavierspi­eler immer erschießen würde. Seine Lieder spiele er übrigens am liebsten in F-Dur, sagte Hader: „Das ist die bequemste Tonart für schlechte Pianisten.“

Dann widmet sich der Kabarettis­t wieder einem seiner Lieblingst­hemen, dem Humanismus: „Humanismus ist, wenn ein Fußballer sich nach einem bösen Foul beim Gegenspiel­er entschuldi­gt, man Flüchtling­en hilft oder einen Volvo fährt.“Wer bei so viel undurchsic­htiger Philosophi­e ins Grübeln kommen mag, hat jedoch im Programm des Wiener Komikers kaum Gelegenhei­t, auf den Sinn der Thesen zu kommen. Denn schon setzt sich Hader hinter die Orgel und singt: „Der eine kommt nach Paris, der andere kommt nicht nach Paris, wie das Leben halt so is.“Nonsens und Tiefsinn liegen bei ihm eben nah beieinande­r. Und dafür muss es sich auch nicht unbedingt reimen: „Die allerwenig­sten Menschen wollen Lei- chenträger werden, aber alle Menschen werden von einem Leichenträ­ger getragen.“

Lässig und manchmal geradezu kindlich naiv schlendert Hader auf der Kante zwischen verrücktem Genie und romantisch­em Liedermach­er, zwischen bissigem Satiriker und charmantem Entertaine­r. Und wenn es gerade gemütlich ist, steigert er sich fanatisch in eine Hitlerparo­die hinein und reizt damit die Grenzen des Humors aus. Hader ist eben auch ein guter Schauspiel­er, was er zuletzt unter anderem in dem Stefan-Zweig-Film „Vor der Morgenröte“bewies.

Doch was manchmal dilettanti­sch oder hingeschlu­dert scheint, ist vom österreich­ischen Kabarettme­ister mit fast 40-jähriger Bühnenerfa­hrung treffsiche­r angelegt: Die Pointe kommt meistens dann, wenn keiner damit rechnet. Es ist vielleicht nicht der beste Hader, den die Ulmer an diesem Abend erleben. Aber es ist das Original.

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