Humanismus mit Humor
Der österreichische Kabarettist Josef Hader spielt sich selbst: oft genial, manchmal ein bisschen chaotisch – aber fast immer treffsicher
Mit gesellschaftlichen oder politischen Themen hält sich Kabarettist Josef Hader nicht mehr unnötig auf. Angeblich. Passend zu seinem langjährigen Programmtitel „Hader spielt Hader“soll sich am Abend im ausverkauften Ulmer Zelt alles um ihn selbst drehen. Er sei es leid, internationalen Konflikten auf den Grund zu gehen, wie man es von einem Kabarettisten erwarten würde, sagte der Österreicher. „Serben oder Kroaten, Russen oder Ukrainer, Katzen oder Ehefrauen – wer ist Schuld an den Problemen?“, fragt Hader schließlich sein Publikum, weil er auf diese Frage keine Antwort hat.
Stattdessen wirft der 55-Jährige mit provokanten Vorurteilen um sich, als hätte er sein Vorbild im Erfolg der radikalen Populisten gefunden. „Vorurteile sind gelebte Erfahrungen“, sagt der Wiener Kabarettist und fügt zu: „Wenn wir blind darauf vertrauen, dass die Welt schlecht ist, müssen wir diese Erfahrungen schon nicht mehr selber machen.“Deshalb sei es vielleicht auch besser, wenn alle Zuschauer das Zelt gleich zu Beginn des Programmes verlassen würden: „Jetzt sind wir werden wollen, weil der den schlechten Klavierspieler immer erschießen würde. Seine Lieder spiele er übrigens am liebsten in F-Dur, sagte Hader: „Das ist die bequemste Tonart für schlechte Pianisten.“
Dann widmet sich der Kabarettist wieder einem seiner Lieblingsthemen, dem Humanismus: „Humanismus ist, wenn ein Fußballer sich nach einem bösen Foul beim Gegenspieler entschuldigt, man Flüchtlingen hilft oder einen Volvo fährt.“Wer bei so viel undurchsichtiger Philosophie ins Grübeln kommen mag, hat jedoch im Programm des Wiener Komikers kaum Gelegenheit, auf den Sinn der Thesen zu kommen. Denn schon setzt sich Hader hinter die Orgel und singt: „Der eine kommt nach Paris, der andere kommt nicht nach Paris, wie das Leben halt so is.“Nonsens und Tiefsinn liegen bei ihm eben nah beieinander. Und dafür muss es sich auch nicht unbedingt reimen: „Die allerwenigsten Menschen wollen Lei- chenträger werden, aber alle Menschen werden von einem Leichenträger getragen.“
Lässig und manchmal geradezu kindlich naiv schlendert Hader auf der Kante zwischen verrücktem Genie und romantischem Liedermacher, zwischen bissigem Satiriker und charmantem Entertainer. Und wenn es gerade gemütlich ist, steigert er sich fanatisch in eine Hitlerparodie hinein und reizt damit die Grenzen des Humors aus. Hader ist eben auch ein guter Schauspieler, was er zuletzt unter anderem in dem Stefan-Zweig-Film „Vor der Morgenröte“bewies.
Doch was manchmal dilettantisch oder hingeschludert scheint, ist vom österreichischen Kabarettmeister mit fast 40-jähriger Bühnenerfahrung treffsicher angelegt: Die Pointe kommt meistens dann, wenn keiner damit rechnet. Es ist vielleicht nicht der beste Hader, den die Ulmer an diesem Abend erleben. Aber es ist das Original.