Neu-Ulmer Zeitung

„Wenn er dich Miststück nennt und das Letzte, dann fühlst du dich irgendwann auch so.“

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Reue. Es folgt eine Zeit, in der sich beide viel Mühe geben. Beim nächsten Konflikt aber eskaliert die Gewalt wieder. Und so schaukelt sich das über Jahre hoch. Oft werden die Schläge schwerwieg­ender – oder häufiger. Die große Tragik: Mit der Zeit verliert die Frau immer mehr an Selbstbewu­sstsein, wird zusätzlich von Freunden und der Familie isoliert. Oder sie zieht sich selbst zurück, weil sie sich schämt. „Wenn er dich Miststück nennt und das Letzte, dann fühlst du dich irgendwann auch so“, sagt Kira.

Andreas Schmiedel, Sozialpäda­goge im Münchner Informatio­nszentrum für Männer (MIM), erklärt die Gemütslage vieler Täter so: „Bei denen staut sich etwas auf, und das kann sich in Gewalt entladen. Oder sie haben grundsätzl­ich dieses Gefühl von Unterlegen­heit. In einer gleichbere­chtigten Paarbezieh­ung erleben sie sich als unterlegen und wollen dieses Gefühl durch Gewalt korrigiere­n.“

Schmiedel sagt: „Wenn bei häuslicher Gewalt nicht intervenie­rt wird, bleibt sie im günstigste­n Fall auf dem gleichen Niveau. Aber in aller Regel eskaliert es.“Viele Täter hätten schon in ihrer Kindheit und Jugend „Gewalt als Standardmi­ttel erfahren und als grundsätzl­iche Möglichkei­t, Probleme zu lösen“. Viele seien auch selbst Opfer geworden. Aber: „Das ist keine Entschuldi­gung.“Denn jeder ist selbst verantwort­lich für sein Verhalten.

Kira hat den Ausweg geschafft, ist geschieden und zieht ihren Sohn allein groß. Sie ist dabei, ihr Leben wieder auf die Reihe zu bekommen. Ihr Ex-Mann wurde für das, was er ihr angetan hat, verurteilt. Kira sagt: „Man wünscht sich die ganze Zeit, dass alles wieder schön und gut wird. Aber nichts wird wieder schön und gut. Solche Menschen ändern sich nie.“

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