Guten Morgen, alte Sorgen
In Ottobrunn, südöstlich von München, wurde ein Wahlplakat der FDP gesichtet. Was angesichts von tausendfach plakatierten Grünstreifen wie ein schlechter Treppenwitz daherkommt, ist insofern eine Erwähnung wert, weil es sich bei dem Plakat um eine echte Rarität handelt. Denn auf dem Poster der Liberalen lächelt nicht der aktuelle Parteichef Christian Lindner in die Kamera, sondern Hans-Dietrich Genscher. Offenbar hat ein bislang unbekannter Anhänger der FDP von einst das alte Stück Papier im Keller gefunden und es pünktlich zum Wahlkampf 30 Jahre später wieder zum Leben erweckt.
Was er damit bezwecken will, wird vorerst wohl sein Geheimnis bleiben. Wünscht er sich, Lindner heute wäre ein bisschen mehr wie Genscher damals? Hätte er in der Politik gerne ein bisschen weniger maßgeschneiderte Anzüge und ein bisschen mehr gelbe Pullunder? Oder will er mit der Aktion einfach nur zum Ausdruck bringen, dass in den späten 80er Jahren alles besser war? Man weiß es nicht. Zumindest Letzteres lässt sich dann aber doch recht schnell entkräften.
1987 schaffte es Jürgen von der Lippe mit „Guten Morgen, liebe Sorgen“auf Platz eins der Hitparade – die damals auch noch genauso hieß. Auf den Titelseiten der Bravo posierten Schönlinge wie Don Johnson mit Föhnfrisur oder David Hasselhoff mit aufgeknöpftem weißen Hemd und buschig krausem Brusthaar. Und die Kollegin erinnert sich an ballonseidene Blousons in Flieder. Und an weiße Cowboystiefel mit roten Nähten. Ihre Freundin hatte die gleichen.
Da wirkt Christian Lindner – rein optisch gesehen natürlich – plötzlich doch ganz harmlos.