Nichtstun im Urlaub?
Es wäre zu billig, sich damit rauszureden, dass man gar nicht wirklich nichts tun kann. Auch wer einfach nur dasitzt und nicht Buddha ist, beobachtet meistens noch, wer döst, denkt noch irgendwie. Und als wäre Denken kein Tun!
Aber da sind wir indirekt doch beim Punkt. Es gibt nämlich diese Beobachtung in Sven Regeners Kultroman „Herr Lehmann“, in der sein Held sich vornimmt, über all das alltägliche Geschehen und die sich beiläufig ereignenden Weichenstellungen fürs Leben irgendwann mal gründlich nachzudenken – wenn er dann mal Zeit hat. Herr Lehmann aber arbeitet gar nicht wirklich, hat darum auch keinen Urlaub, eigentlich immer Zeit, tut gerade darum im eigentlichen Sinne eigentlich nie etwas, eben auch nicht denken. Für den arbeitenden Menschen und seinen Urlaub bedeutet das: Er überschätze und verkläre um Himmels willen das Nichtstun nicht! Ob am Strand oder auf der Terrasse spielt letztlich gar keine Rolle. Und er vergesse all das Wichtige und Wesentliche nicht, das im Arbeitsalltag eben nie Platz findet und darum im Urlaub getan werden muss. Nein, es geht hier also nicht um Geschäftigkeit, Rumwurschteln oder Rumreisen. Sondern es geht um all das, was einem sehnsuchtsschmerzende Stiche versetzt, wenn man in den Spiegel schaut und sich mit Brecht bewusst wird: „So verging die Zeit, die auf Erden mir gegeben war.“
Das kann sein: bei Sonnenaufgang über Bergwiesen wandern, ein Buch schreiben, die Hagia Sophia oder Angkor Wat sehen, sich endlich mit dem Bruder aussprechen, Gitarre spielen lernen, wirklich denken… Aber kündet der Spiegel hier irgendwem vom Nichtstun? So gestresst und daueraktiv wir uns manchmal auch vorkommen mögen – wir sind wirklich alle oft genug Herr Lehmann …