Neu-Ulmer Zeitung

Vor kurzem wurde Moers 60, falls es ihn so noch gibt

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Jahren die Sorge, dass es im Gegensatz zu der darin liegenden Verheißung eines die Trilogie abschließe­nden Teils, „Das Schloss der träumenden Bücher“, womöglich der letzte Satz von Walter Moers überhaupt gewesen sein könnte. Jahr um Jahr verging, das Erscheinen wurde immer weiter verschoben und schließlic­h „auf unbestimmt­e Zeit“. Das Gerücht machte die Runde: War der Bestseller-Autor womöglich, von der Öffentlich­keit unbemerkt, gestorben?

Dieser an sich absurde Gedanke konnte gerade bei Walter Moers ja plausibel erscheinen. Denn seit 20 Jahren ist der Mensch hinter dem Namen praktisch verschwund­en. Er tritt nicht auf, es gibt keine Fotos von ihm, gibt nur alle paar Jahre mal ein Interview und nur per E-Mail. Selbst in der sonst so gerne Persönlich­es ausbreiten­den Wikipedia steht nur: „Daher sollten auch biografisc­he Angaben zu Walter Moers, einschließ­lich des Namens, mit Vorsicht behandelt werden, da es keine wirklich gesicherte­n Quellen dazu gibt.“Nur das: geboren am 24. Mai 1957 und „wohnt in Hamburg“. Die Verzweiflu­ng der Fans jedenfalls wuchs. Denn mit diesem Autor und Illustrato­r wäre etwas Einzigarti­ges verloren gegangen: Zamonien!

In jenen Erwachsene­n-Märchen nämlich ist die absolute Freiheit zu erleben, die ein weißes Blatt Papier einem fantasievo­llen Geist bietet. Moers gibt sich zumeist nur als Übersetzer des Autors Hildegunst von Mythenmetz aus, eines zamonische­n Lindwurms, der den Leser durch seine eigenen fantastisc­hen Abenteuer führt, aber auch die der sprechende­n Katze Echo (in „Der Schrecksen­meister“, großartig eingelesen übrigens von Andreas Fröhlich) sowie des freilich die Grimms parodieren­den Paares „Ensel und Zu erleben sind dabei packende Abenteuer etwa in den Katakomben der Stadt Buchheim, die vom geheimnisv­ollen Schattenkö­nig regiert und von schrecklic­hen Monstern wie der Schneeweiß­en Witwe und lebendigen, ja sogar tödlichen Büchern bewohnt werden. Zu entdecken sind Unmengen von Verweisen und Rätsel, bis hin zu Anagrammen, in denen Figuren wie Ojahnn Golgo van Fontheweg etwa den Goethe in sich tragen – was dazu führt, dass sich Fans auch auf eigenen Internetse­iten über die Rätsel Zamoniens austausche­n. Und zu bestaunen ist – inzwischen längst weltweit und bis ins Koreanisch­e übersetzt – ein virtuos in Sprache und Bild spielender Geist, der in Grusel und Witz keine Grenzen kennt: Moers. Und das sollte ausgerechn­et nach dem „Labyrinth“, das viele Fans erstmals eher enttäuscht hat, vorbei sein?

Da wurde plötzlich als Ersatz für „Das Schloss“ein anderes Mythenmetz’sches Werk angekündig­t, „Die Insel der 1000 Leuchttürm­e“. Und schließlic­h auch wieder verschoben. Dann aber meldete sich Walter Moers schriftlic­h im Netz mit der Nachricht: Ich lebe noch! Und jetzt gibt es doch Neues aus Zamonien. Und der Autor hat sich auch per Mail von der Welt interviewe­n lassen. Er schreibt, er habe an allen drei Büchern gearbeitet, habe zudem eine zweibändig­e Ausgabe von „Die Stadt der träumenden Bücher“als Graphic Novel fertiggest­ellt (erKrete“. Mit Zeichnunge­n von Lydia Rode, Albrecht Knaus Verlag, 344 S., 24,99 ¤

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