Dem Zucker kann man zu Leibe rücken
Viele Menschen leiden an Diabetes und brauchen Insulinspritzen. Mit Bewegung und guter Ernährung ist es aber manchmal möglich, dass die Injektionen überflüssig werden
Von Diabetikern, die bereits auf Insulin angewiesen sind, hört Dr. Nicola Haller oft folgende Frage: „Was meinen Sie, werde ich das wieder los?“Bei ihrer Antwort legt sich die Diabetesberaterin nicht fest. „Grundsätzlich ist es immer möglich, die Krankheit zu stoppen“, sagt Haller, die auch stellvertretende Vorsitzende von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe und zugleich Vorsitzende des Verbands der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland ist. Versprechungen mache sie aber nicht. So betreut Haller einen Patienten, der inzwischen Tag für Tag zehn Kilometer läuft. „Wenn er so weiter macht, hat er gute Chancen, vom Insulin wegzukommen“, sagt die Medizinpädagogin. „Aber so etwas sind eher Einzelfälle.“
Klar ist, dass Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 durch Bewegung und geeignete Ernährung einen wichtigen Beitrag zur Therapie leisten können. „Vor allem dann, wenn der Diabetes früh entdeckt wird, kann man durch eine Lebensstiländerung viel erreichen“, sagt auch Prof. Dr. Baptist Gallwitz, Past-Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft. Wird das Konzept konsequent durchgehalten, normalisieren sich die Blutzuckerwerte bei manchen Patienten, sodass sie keine Medikamente brauchen.
Besonders beeindruckend sind die Erfolge bei Menschen, bei denen sich die Krankheit anbahnt. So zeigten Studien, dass eine Lebensstiländerung einen Großteil der Patienten mit sogenanntem „Prädiabetes“vor Schlimmerem bewahren konnte: „Bei 60 Prozent konnte dadurch verhindert werden, dass sich in fünf Jahren ein Diabetes entwickelt hat“, berichtet Gallwitz. „Das ist mehr, als Medikamente schaffen.“Die Patienten hatten die Weisung, sich unter anderem eine halbe Stunde pro Tag zu bewegen und auf eine ausgewogene Ernährung zu achten, die weniger Fett und Kalorien enthielt.
Derlei Maßnahmen haben mehrere Effekte: Eine ballaststoffreiche Ernährung, die etwa reichlich Vollkornprodukte enthält, wirkt sich günstig auf die Blutzucker- und Blutfettwerte aus. Außerdem sorgen solche Lebensmittel für ein längeres Sättigungsgefühl und tragen zur Gewichtsregulation bei, die wiederum dem Zuckerstoffwechsel zugute- kommt. Auch Sport hilft beim Abnehmen, und nicht nur das: „Bewegung verbessert die Insulinempfindlichkeit im Körper“, erklärt Haller.
Welcher Ansatz am effektivsten ist, ist von Patient zu Patient unterschiedlich. „Worauf man am stärksten anspricht, ob eher auf eine Ernährungsumstellung oder auf ein Sportprogramm, muss man letztendlich ausprobieren“, sagt Gallwitz.
Von Hungerkuren hält der Diabetologe jedenfalls wenig: „Eine Gewichtsreduktion sollte man über eine Ernährungsumstellung, nicht über eine Crash-Diät erreichen“, betont er. „Bei einem extremen Gewichtsverlust ist die Gefahr da, dass der Körper gegenreguliert. Es ist deshalb besser, langsam abzunehmen.“Haller sieht das genauso und rät, nicht mehr als fünf bis zehn Prozent Gewichtsverlust innerhalb eines Jahres anzustreben.
Nach der Erstdiagnose geben Ärzte Patienten in der Regel drei Monate Zeit, um durch eine Lebensstiländerung die Blutzuckerwerte zu senken.
Sonst werden Medikamente verschrieben: „Es ist dann wichtig, möglichst bald mit der medikamentösen Therapie zu beginnen“, erklärt Gallwitz. Mittel der Wahl ist zunächst Metformin in Form von Tabletten. Der Stoff bewirkt unter anderem, dass der Körper weniger Glukose produziert und erhöht nicht – wie einige andere DiabetesMedikamente – das Risiko für eine Unterzuckerung. Erst wenn die Krankheit länger besteht, kann es sein, dass sich ein Patient Insulin spritzen muss.
Vom Diabetes selbst spürt man zwar erst mal wenig, doch drohen zahlreiche Folgen. So kann die Krankheit Veränderungen der Blutgefäße sowie Nervenschäden nach sich ziehen und unter anderem zu Schlaganfällen, Herzinfarkten, Nierenschäden, Sehstörungen oder zum „diabetischen Fuß“führen, bei dem Wunden schlecht heilen und Infektionen drohen. Sogar das Risiko für Depressionen und Demenz ist erhöht.
Besonders groß ist die Gefahr für Folgekrankheiten bei Menschen, bei denen der Diabetes spät entdeckt wird, deren Blutzuckerwerte schlecht eingestellt sind und die weitere Risikofaktoren (Bluthochdruck, gestörte Blutfettwerte) haben, wie Gallwitz erklärt.
Kinder mit so genannter juveniler idiopathische Arthritis (JIA) sollten so früh wie möglich behandelt werden. Dadurch hätten sie eine deutlich höhere Chance, im Erwachsenenalter keine Therapie mehr zu benötigen, erklärte Professor Kirsten Minden, Kinderrheumatologin an der Berliner Charité.
Rheumatische Erkrankungen im Kindesalter beginnen häufig mit der Schwellung eines Gelenks. „Meist ist es das Knie, und nicht – wie viele denken – eine Hand“, erläutert Minden. Manche Eltern schieben die Schwellung auf einen Sturz. Hält eine solche Schwellung aber wochenlang an, müsse man an eine rheumatische Erkrankung wie die JIA denken.
Typisch sind Minden zufolge auch Bewegungseinschränkungen. Betroffene Kinder vermeiden zum Beispiel, ein Bein richtig durchzustrecken. Eltern können dann vorsichtig versuchen, das Bein durchzustrecken. Stemmt sich das Kind dagegen, ist dies ein Hinweis auf Rheuma. Meist sind die Kinder zwischen zwei und drei Jahre alt, wenn sich die ersten Symptome zeigen. Anders als man denkt, laufen und springen diese Kinder wie gesunde Kinder. Sie klagen meist auch nicht über Schmerzen.
Stellen Eltern fest, dass ihr Kind eins der Symptome zeigt, sollten sie dies ihrem Kinderarzt sagen. Bleiben die Symptome länger als sechs Wochen bestehen, können sie ruhig selbst um eine Überweisung zu einem Kinderrheumatologen bitten, wovon es hierzulande 200 gibt. Experten schätzen, dass rund jedes 1000. Kind in Deutschland an juveniler idiopathischer Arthritis erkrankt ist. Wer unter Untergewicht leidet und zunehmen möchte, muss deshalb nicht ungesund essen. „Der Körper braucht ungefähr 500 Kilokalorien am Tag zusätzlich. Aber diese Extrakalorien sollte man nicht mit den Übeltätern Fett, Zucker und Salz zu sich nehmen“, sagte der Präsident des Bundesverbands Deutscher Ernährungsmediziner, Professor Johannes Wechsler, in der Apotheken Umschau. Der Experte rät dazu, besonders viele komplexe Kohlenhydrate aufzunehmen, zum Beispiel aus Gemüse, Vollkornbrot, Kartoffeln oder Haferflocken. Hinzu kommen circa 100 Gramm Eiweiß pro Tag. Letzteres sollte man aber nicht nur über tierische Produkte wie Milch, Joghurt, Käse, Eier oder Fleisch zuführen. Die Hälfte des Eiweißbedarfs sollte mit pflanzlichen Lebensmitteln wie Linsen, Erbsen, Tofu oder Nüssen gedeckt werden. Wechsler rät, sich täglich auf die Waage zu stellen: „So sieht man schnell die Erfolge und kann das Gewicht unter Kontrolle bringen“, sagt er. Allerdings sollten Betroffene zunächst mit einem Arzt sprechen. Gründe für Untergewicht kann es viele geben – etwa eine Schilddrüsenüberfunktion, Kummer, Stress oder Krebs. (AZ)