Bach und Bach im Vergleich
Mit einer ungewöhnlichen Idee begeistert der Abschluss des Diademus-Festivals in Roggenburg die Zuhörer
Zweimal an einem Abend das „Magnificat“, jenen Lobgesang, den der Evangelist Lukas der schwangeren Maria in den Mund legte? Zweimal der identisch vertonte Text als Konzertprogramm? Die Idee des Abschlusskonzerts des Diademus-Festivals im Kloster Roggenburg ließ staunen – und erwies sich als Volltreffer: Dieser Konzertabend ermöglichte dem Publikum einen direkten und unmittelbaren Vergleich der Beschäftigung von Johann Sebastian Bach und Carl Philipp Emanuel Bach, seinem wohl begabtesten Sohn, mit dem identischen Text – zumal das Konzert auch musikalisch mit außergewöhnlich feinfühlig ausgewählter Besetzung und mit Glanzleistungen von Chor und Orchester aufwartete.
Benno Schachtner, Intendant des jungen Festivals, das sich gerade in Roggenburg als kulturelle Größe etabliert, ist nicht nur ein international gefragter Countertenor; er ist auch studierter Kirchenmusiker und ein leidenschaftlicher Dirigent. Als solchen konnte ihn das Publikum beim Roggenburger Abschlusskonzert erleben: Der in Dietenheim aufgewachsene 32-Jährige dirigiert sehr emotional, er verzichtet auf standardisierte Schlagfiguren und spricht mit seinen Händen und seiner Mimik gleichsam jeden einzelnen der Musiker und Sänger an, lenkt fortlaufend die Stimmung und den Ausdruck des aufgeführten men der Solisten zusammen, was sich beispielsweise in den in beiden Vertonungen enthaltenen Duetten Alt/Tenor zeigt. Als Solisten holte Benno Schachtner bekannte Namen nach Roggenburg: die an vielen deutschsprachigen Opernhäusern bekannte Altistin Charlotte Quadt, Tilman Lichdi (Tenor), einen der bedeutendsten Konzert- und Liedinterpreten der Gegenwart weltweit, Mozart-Preisträger Matthias Winckhler (Bass) – und seine Ehefrau, die mit vielen Preisen ausgezeichnete chilenisch-italienische Sopranistin Catalina Bertucci. Dass Catalina Bertucci im neunten Monat schwanger ist, gab gerade ihren hingebungsvoll und mit einem innerlichen Lächeln gesungenen Teilen der beiden Magnificat-Vertonungen einen besonderen Reiz.
Der direkte Vergleich der beiden „Magnificat“-Vertonungen von Vater und Sohn Bach, entstanden in den Jahren 1723 (Johann Sebastian Bach) und 1749 (Carl Philipp Emanuel Bach) zeigte zwar auch die musikalische Nähe beider, er zeigte vor allem aber auch die musikalische Entwicklung des 18. Jahrhunderts: 1749 (Johann Sebastian Bach, der im Jahr darauf starb, war damals bereits schwer krank) war der stringente barocke Stil bereits durch den empfindsamen und viel emotionaleren Stil abgelöst, als einer dessen wichtigster Vertreter Carl Philipp Emanuel Bach gilt. Identische Wortpassagen werden klanglich-dramatisch in beiden Vertonungen sehr unterschiedlich interpretiert. Gefühle wechseln beim Bach-Sohn schneller und weitaus intensiver. Einer klassifizierenden Bewertung entziehen sich beide Werke – großartig war die Möglichkeit, sie nebeneinandergestellt erleben zu können. Während der vom begeisterten Publikum geforderten Zugabe löste sich im Eifer des intensiven Dirigierens das Plastron von Benno Schachtners Frack – was der glückliche Intendant des gelungenen Festivals im Schlusspunkt mit einem befreiten Lachen quittierte.
Die Illertisser Gartenlust hat am Wochenende ihr 20-jähriges Bestehen gefeiert und die Besucher freuten sich mit: Beispielsweise beim Festumzug oder während einer Modenschau mit selbst dekorierten Hüten und Gästen wie Hutkönigin Janine Halder, der Ex-Europa-Floristikmeisterin Nadine Weckardt oder der Südtiroler Gartenprinzessin Anna. Außerdem sorgten Spezialitäten aus Carnac, Musik aus Elbogen und die Werke des in Marseille und Gannertshofen lebenden Fotokünstlers Alfons Alt für eine besondere Atmosphäre. Die Markttage auf der Jungviehweide haben Illertissen zum Paradies für florale Kunst, botanisches Wissen und Tausende Besucher gemacht. Zeitweilige Regengüsse taten der Stimmung keinen Abruch.
Die grüne Idee hat längst Gleichgesinnte gewonnen, indem seit den Anfängen Förster am Waldrand die Gartenlust mit Themen zur Forstwirtschaft ergänzen. Bereits zum 15. Mal gibt es auch den städtischen Kraut- und Rübenmarkt am Illertisser Rathaus. Bürgermeister Jürgen Eisen sagte, die Gartenlust habe Illertissen zur „Gartenstadt“gemacht, die sich selbst mit Blumen schmücke und einen Spaziergang von der Jungviehweide in den Ort lohne.
Organisator Wolfgang Hundbiss und sein Team hatten die Markttage mit „20 Jahre Gartenlust“überschrieben und es den Ausstellern überlassen, ihren Stand in der Art einer Rückschau nach einem früheren Motto zu dekorieren. So trafen sich auf der Jungviehweide alle, die etwas mit dem Thema Garten „am Hut hatten“. Und wer Lust hatte, fertigte sich in der „Grünwerkstatt“unter Leitung von Thea Zedelmeier zum Thema „Mut zum Hut“im Beisein der deutschen Hutkönigin sowie der früheren Europa-Floristikmeisterin individuelle Kopfbedeckungen aus Naturmaterialien an.
Der kleine Oliver Saar aus Egenhausen im Nordschwarzwald wollte es abenteuerlich: „Ich habe mich inspirieren lassen und mit meinem Papa einen Piratenhut gebastelt.“Im Rahmen der Modenschau haben rund 20, teils selbst ernannte Hutmacherinnen ihre Dekostücke vorgeführt, wobei vom Hut an sich vor lauter Dekoration kaum noch etwas zu sehen war.
Der Höhepunkt unter den vielen Hinguckern und Besonderheiten beim 20. Gartenmarkt war zweifellos der anachronistische – also nicht an eine bestimmte Zeit gebundene – bunt gehaltene Festumzug. Die Gartenlust-Macher und Initiatoren Dieter Gaißmayer und Wolfgang Hundbiss hatten sich wie andere Ehrengäste in fantasievoll-altertümliche Gewänder geworfen. Die Festkutsche wurde von einem achtfachen Ziegengespann – eigens aus Frankfurt angereist – gezogen. Den Festumzug führte die Musikkapelle Gutenzell an, gefolgt von Freunden des dort beheimateten Gaißmayer.
Für die Gartenlust waren bis aus Jübek knapp vor der dänischen Grenze Renate und Siegfried Albrecht angereist. Selbst Inhaber einer Gärtnerei mit Café, können sie von den Marktragen – ihrer Meinung nach „einmalig in Deutschland“– viel für sich mitnehmen. „Wir kaufen Pflanzen und mindestens eine Gießkanne“, sagen sie augenzwinkernd, „denn auf der Suche nach alten Gießkannen haben wir die Gartenlust überhaupt kennengelernt.“
Guter Nachfrage erfreuten sich auch die zahlreichen Vorträge auf dem Gelände der Gartenlust. In die Zukunft schauen im Sinne von „Klimaschutz und Nachhaltigkeit“so hieß auch das Thema der Förster Peter Schaffner und Bernd Karrer im Pavillon beim Baum- und Kunstpfad. I Bilder zur Gartenlust gibt es unter