Rückfall in die Kleinstaaterei?
Was sich im Nordosten Spaniens abspielt, ist für ganz Europa relevant: Erleben wir dort gerade die Geburt eines neuen Kleinstaates? Und wird diese Abspaltung zu einem Präzedenzfall für Autonomiebewegungen in weiteren spanischen Regionen, aber auch in Belgien oder Italien?
Von Nationalismus geprägte Mini-Staaten sind kein Zukunftsmodell. Kleinstaaterei bremst den Fortschritt, das hat die Geschichte Deutschlands gezeigt. Sinnvoll und notwendig sind dagegen föderale Strukturen und Autonomierechte. Auf diesem Gebiet hat Spanien Defizite. Nur so konnte es zur Eskalation in Katalonien kommen.
Statt die Macht des Zentralstaates mit Polizeigewalt zu exekutieren, sollten die Regierung in Madrid und der König besser auf Reformen setzen. Einfach ruhigstellen lassen sich die aufmüpfigen Katalanen nicht mehr. Je mehr Druck Madrid auf die Region ausübt, desto stärker wird der Widerstand.
Doch auch die Katalanen müssen von ihren Maximalforderungen herunterkommen. Das verfassungswidrige Referendum bietet keine Rechtfertigung für die Ausrufung eines Staates: Wenn 90 Prozent für die Abspaltung von Spanien votierten, aber nur 42 Prozent zur Wahl gingen – dann hat deutlich weniger als die Hälfte der Bevölkerung Ja gesagt. Ein selbstständiges Katalonien wäre innerlich zerrissen und kaum lebensfähig.
In der Nacht vom 15. auf den 16. Juli 2016 flog eine Gruppe von Soldaten mit Hubschraubern in den Ferienort Marmaris an der Südwestküste der Türkei und seilte sich zu Erdogans Urlaubshotel ab, um den Staatschef festzunehmen. Bei der Ankunft der Soldaten war Erdogan bereits geflohen wenig später brach der Aufstand in sich zusammen. Jetzt verkündete ein türkisches Gericht sein Urteil im Prozess gegen die an dem Sturm auf das Hotel beteiligten Soldaten. Das Gericht verurteilte 34 Angeklagte wegen der Verwicklung in den Sturm auf das Hotel zu mehrfachen lebenslänglichen Haftstrafen. Doch viele Fragen bleiben offen.
Insgesamt waren in Mugla bei Marmaris 47 mutmaßliche Putschisten angeklagt. Zuschauer vor dem als Gerichtsgebäude genutzten Sitz der Handelskammer von Mugla forderten vor der Urteilsverkündung am Mittwoch die Todesstrafe für die Beschuldigten; einige hatten Henkerstricke bei sich, andere trugen türkische Fahnen. Seit dem Beginn des Verfahrens gegen die Mitglieder des Mordkommandos, wie die Soldaten in der Presse genannt werden, im Februar haben Aussagen in dem Prozess neue Zweifel an der offiziellen Version der Ereignisse aufkommen lassen. Ausgeräumt wurden diese mit dem Urteil nicht.
Bei einer Schießerei zwischen den Angreifern und einer Nachhut von Erdogans Sicherheitsleuten waren zwei Polizisten getötet worden. Mehrere Angeklagte wiesen den Vorwurf einer Mitgliedschaft in der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen zurück, der von Erdogan als Hauptverantwortlicher für den Putsch bezeichnet wird.