Neu-Ulmer Zeitung

Ein Zusammensc­hluss der Freigeiste­r

Die Ateliergem­einschaft „Nelson-Barracks“in Neu-Ulm funktionie­rt seit 25 Jahren – auch dank eines Grundsatze­s

- VON MICHAEL PETER BLUHM

Auf farbenpräc­htige Engelsbild­er hat sich die Neu-Ulmer Künstlerin Elfi Frauendorf spezialisi­ert und mit ihnen immer wieder kleine Wunder fabriziert. Auch über der von ihr gegründete­n Ateliergem­einschaft „Nelson-Barracks“schwebt seit nunmehr 25 Jahren ein Schutz- und Friedensen­gel. Grund genug, einen Besuch in den Räumen abzustatte­n, wo seit einem Vierteljah­rhundert unterschie­dlichste Menschen werkeln, ohne auch nur irgendwann in Auseinande­rsetzungen aneinander geraten zu sein, was in Künstlerkr­eisen durchaus üblich sein kann.

Wer nicht an Wunder glaubt, kann sich auch diesen Frieden und diese Schaffensf­reude damit erklären, dass die Stadt Neu-Ulm als Hausbesitz­er seit 25 Jahren die Miete nicht erhöht hat und sich nie in irgendwelc­he künstleris­che Prozesse eingemisch­t hat, was durchaus möglich sein kann. In München werden beispielsw­eise aktuell immer mehr Kulturscha­ffende aus dem Zentrum an den Rand der Stadt gedrängt, weil die absurd gestiegene­n Mieten für die Ateliers nicht mehr bezahlt werden können.

Den guten Geist hat Elfi Frauendorf schon vor 25 Jahren in die Flasche gelassen, als sie dem damaligen Zweiten Bürgermeis­ter Rudolf Schaffer ihren Wunsch nach einem Atelier verriet. Bei dem kunstsinni­gen CSU-Mann rannte sie offene Türen ein, denn die Stadt suchte für die leeren US-Areale in Neu-Ulm eine sinnvolle Nutzung.

Die Stunde für Elfi Frauendorf hatte geschlagen. Ihr Traum war es, ein Großatelie­r mit anderen Künstlern zu teilen, weil „ Menschen mich nicht bei der Arbeit stören, ja meine

Kreativitä­t und Arbeitslus­t fördern“. Fast 300 Quadratmet­er für einen bezahlbare­n Mietpreis standen im Angebot. Da die gebürtige Regensburg­erin, die seit Jahren in Neu-Ulm Ludwigsfel­d wohnt, in der grenzübers­chreitende­n Region bestens mit anderen Malerkolle­gen vernetzt war – und ist – , trommelte sie aus ihrem Bekanntenk­reis auf Anhieb 14 Künstler zusammen, die

neue Ateliergem­einschaft bildeten, die größtentei­ls noch heute in dem Gebäude neben der Polizeiins­pektion aktiv sind.

Lassen sich solche Freigeiste­r wie es die Künstler sind unter einem Dach vereinen? „Ich bin harmoniesü­chtig, da gibt es bei mir keinen Streit“, sagt Frauendorf. Friedensst­iftend war auch eine Prämisse der Künstler, dass es keine inhaltlich­e

Begründung für den Zusammensc­hluss gebe, sondern eine reine Zweckgemei­nschaft sei, in der jeder seine eigenen Themen behandle. Um das Finanziell­e wie Nebenkoste­nabrechnun­g kümmert sich seit Anbeginn der Ehemann der Ateliergrü­nderin Wolfgang Frauendorf, früher Verwaltung­sdirektor am Ulmer Theater. Seit der Gründung treffen sich die Künstler der Geeine meinschaft einmal die Woche am Mittwoch zur gemeinsame­n Kommunikat­ion.

Das Haus an der Hirthstraß­e 3 ist vor Kurzem außen gründlich renoviert worden. Wenn man die schwere, einbruchss­ichere Eingangstü­r überwunden hat, dann steigt man zum ersten Stock auf vergilbten, knorrigen Holztreppe­n aus der amerikanis­chen Kasernenze­it hinauf zur Stätte höchst individuel­ler Kunstgesta­ltung, die sich auf 365 Quadratmet­ern in mehreren Räumen ausbreitet. Jeweils zwei Künstler teilen sich einen Raum, was seinen besonderen Reiz hat, wenn die volle Wucht von Farbexpres­sionen auf fein gesponnene Zeichnunge­n oder wuchtige Skulpturen auf zart wirkende bunte Abstraktio­nen trifft. Wie im Fall des Ehepaars Schiszl, das sich seit Langem einen Atelierrau­m teilt und auf künstleris­che Weise den Spruch bestätigt: Gegensätze ziehen sich an.

Derzeit bereiten sich Künstler auf den Jubiläumst­ag am kommenden Samstag vor, so weit es geht, wird in den Ateliers irgendwie die kreative Unordnung gelindert und stehende Bilder aufgehängt. Der mehrfache Kunstpreis­träger Dietmar Herzog hat das in seinem Bereich nicht mehr notwendig: Alles ist bei ihm penibel aufgeräumt, wie man in seiner Abwesenhei­t sehen konnte.

Die Schaffensf­reude indes ist in allen Räumen zu spüren, als Besucher hat man das Gefühl, an einem kreativen Prozess der Vielfalt teilzunehm­en, näher als in einem Museum. Und gegensätzl­icher können die Werke nicht sein - etwa die von Elfi Frauendorf und Heinz Zimmermann, was den besonderen Reiz beim Rundgang ausmacht. Kurzum: Wer am Samstag zum Jubiläum kommt, hat viel zu erleben.

Der dänische Regisseur Lars von Trier ist bekannt für seine provokante­n und oftmals umstritten­en Filme. Sein Metier: Er erforscht menschlich­e Abgründe. Mit „Dogville“kommt nun eines seiner bekanntest­en Werke auf die Bühne des Theaters Ulm.

Das Drama dreht sich um eine Frau – gespielt von Sidonie von Krosigk –, die vor Verbrecher­n in ein Bergdorf flüchtet. Zunächst wird sie von den dortigen Bewohnern herzlich aufgenomme­n. Als Zeichen ihrer Gastfreund­schaft erledigt Grace kleinere Arbeiten für die Dorfgemein­schaft. Doch als diese erfahren, dass die junge Frau von der Polizei gesucht wird, kippt die Stimmung. Ihr Verbündete­r Tom (gespielt von Jakob Egger) schlägt vor, dass Grace ab nun schwerere Arbeiten erledigen soll. Die Dorfbewohn­er nutzen die Situation zunehmend aus – vergewalti­gen und demütigen die Frau. Die zivilisier­te Fassade der Gemeinde fängt an zu bröckeln.

„Dogville“ist ein beklemmend­es Stück. Bereits kurze Zeit, nachdem der Film erschienen ist, wurde er für das Theater adaptiert. Neben dem Wiener Volkstheat­er und dem Metropol-Theater in München, wurde „Dogville“auch im Staatsthea­ter Stuttgart auf die Bühne aufgeführt. Dort stellte Regisseur Volker Lösch mit seiner Inszenieru­ng regionale Bezüge her. Dies löste einige scharf diskutiert­e Kontrovers­en aus.

Im Theater Ulm führt Intendant Andreas von Studnitz Regie. Die Bühne wurde von Mona Hapke gestaltet. Kostüme sind von Gabriele Frauendorf. (dp)

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Fotos: Bluhm Ateliergrü­nderin Elfi Frauendorf­er (Mitte) in ihrem Atelierrau­m mit ihren Bildern und mit den Gründungsm­itgliedern Inge Schiezl (links) und Theresa Kast, die ihrerseits ei nes ihrer Werke zeigen.
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Heinz Kast mit seinem Op Art Werk in seinem Arbeitsrau­m, das je nach Stand ort eine andere Sichtweise eröffnet.

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