Mit Immuntherapien gegen den Krebs
Die Behandlung wird immer differenzierter. Derzeit steht eine neue Gentherapie im Fokus, die bei Experten Hoffnungen weckt. In den USA wurde sie unlängst zugelassen
Die Immuntherapie bei Krebs macht immer häufiger von sich reden. Kürzlich wurde in den USA eine neue Therapie mit sogenannten CAR-T-Zellen bei Leukämiepatienten zugelassen. Wo steht die Krebstherapie heute? Ein Gespräch mit Professor Martin Trepel, Chefarzt der II. Medizinischen Klinik am Augsburger Klinikum. Man hat den Eindruck, dass die Immuntherapie gegen Krebs rasant voranschreitet. Wird die Immuntherapie immer differenzierter?
Ja, sie wird tatsächlich immer differenzierter. Zum einen nimmt die Zahl der verschiedenen Immuntherapien, die uns zur Verfügung stehen, immer mehr zu. Was aber noch schneller vorangeht, ist die Überprüfung, bei welchen Tumorarten eine Immuntherapie sinnvoll ist und bei welchen nicht. Das Bild wird komplexer – man weiß, dass Immuntherapie nicht bei allen Tumorerkrankungen funktioniert, aber doch bei etlichen. Man versteht heute auch viel besser, welche Faktoren Einfluss auf die Wirksamkeit haben. Es gibt bestimmte Immuntherapieverfahren, die funktionieren bei einer Krankheit und bei der anderen nicht und umgekehrt. Es gibt aber auch Krankheiten, wo Immuntherapie allgemein nicht so gut anschlägt. Unter den Darmkrebspatienten beispielsweise gibt es (bisher) nur eine kleine Gruppe, bei denen sie gut funktioniert.
Welche Verfahren erscheinen Ihnen denn derzeit als besonders vielversprechend?
Die sogenannten Checkpoint-Inhibitoren – die sozusagen die Bremsen des Immunsystems lösen können, damit es den Krebs bekämpfen kann – haben bisher die breiteste Wirkung bei verschiedenen Krebsarten gezeigt. Außerdem sind sie am einfachsten und mit nur wenig Nebenwirkungen einsetzbar. Aber auch andere neue Immuntherapien, wie die sogenannten BiTEs oder die CAR-T-Zellen, funktionieren noch erstaunlich gut in Fällen, die auf nichts anderes mehr ansprechen. Während die Checkpoint-Inhibitoren das Immunsystem eher breit und unspezifisch aktivieren, erkennen BiTEs und CAR-T-Zellen spezifisch bestimmte Eiweiße auf Krebszellen und lenken das Immunsystem darauf. Sie sind sehr wirksam, sogar so wirksam, dass man sie in einer verschwindend kleinen Dosierung geben muss, weil sonst die Aktivierung des Immunsystems zu stark ist. Voraussetzung für ein Funktionieren dieser Behandlungen ist allerdings, dass die Tumorzelle gut zugänglich für das Medikament ist, deshalb wirken BiTEs oder CAR-T-Zellen besonders gut bei Leukämien, bei denen die entarteten Zellen frei im Blut oder Knochenmark herumschwimmen. In den USA wurde kürzlich eine Gentherapie mit CAR-T-Zellen bei Leukämie zugelassen. Ein Durchbruch?
Ja, das ist wieder ein großer Fortschritt. Es handelt sich um ein ganz neues Wirkprinzip, das wir bisher außerhalb von wissenschaftlichen Studien noch nicht verfügbar hatten. Auch wenn es derzeit nur einer ganz kleinen Gruppe von Patienten hilft, wird sich das Therapieprinzip unter Umständen eines Tages auch auf andere Tumorerkrankungen übertragen lassen. Zumindest wird das gerade fieberhaft untersucht. Das Prinzip ist sehr vielversprechend. Was ist das Besondere an den CART-Zellen?
Dem Patienten werden Immunzellen, sogenannte T-Zellen, entnommen. Sie tragen auf ihrer Oberfläche Moleküle, mit denen sie bestimmte Merkmale auf Tumorzellen erkennen können. Diese Erkennungsmoleküle werden so verändert, dass die Zellen einerseits ihre
Angriffslust behalten und andererseits die Tumorzellen sehr spezifisch und gut erkennen können. Die so veränderten Zellen werden dem Patienten zurückgegeben. Handelt es sich tatsächlich um eine Gentherapie?
Ja, es handelt sich streng genommen um eine Gentherapie, nur um eine, die außerhalb des Körpers stattfindet. Man verändert die Immunzellen „im Reagenzglas“, indem man ein therapeutisches Gen einschleust, das sie die Krebszellen erkennen lässt.
Wie groß sind die Erfolge mit der CAR-T-Therapie bei Blutkrebs (Leukämie)?
Für die Therapie, die jetzt in den USA zugelassen wurde und demnächst auch in Europa verfügbar sein wird, waren die Ergebnisse sehr, sehr gut. Man untersuchte die
Therapie an Patienten, die auf alle herkömmlichen Therapien nicht mehr ansprachen und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit binnen kurzer Zeit gestorben wären. Bei ihnen zeigte die CAR-T-Therapie noch Ansprechraten in einer Größenordnung von 80 bis 90 Prozent. Das ist wirklich sehr beeindruckend und gibt Hoffnung. Und wo liegen Schwierigkeiten?
Da die Merkmale auf den Tumorzelloberflächen, die von den CAR-T-Zellen angegriffen werden, weder auf Leber-, Lungen-, Herzoder anderen gesunden Zellen anzutreffen sind, gibt es mit den wichtigen Organen wenig Probleme. Hauptproblem bei der CART-Therapie ist eine heftige Entzündungsreaktion, die man zwar einerseits will, die aber andererseits auch gefährlich werden kann, wenn sie zu derzeit noch die stark wird. Deshalb wird die Therapie, wenn sie auch nach Deutschland kommt, zunächst nur in spezialisierten Zentren angewandt werden. Man muss die Patienten gut überwachen. Glauben Sie, dass man die CART-Zellen eines Tages auch für andere Tumorzellen wie Brustkrebs- oder Darmkrebszellen passend machen kann?
Ja, ich denke schon, aber es wird noch viel Forschungsarbeit dafür nötig sein. Das liegt unter anderem auch daran, dass wirklich spezifische Merkmale, die man nur auf allen Tumorzellen und sonst nirgends im Körper findet, bei den meisten Krebsarten nicht so einfach zu identifizieren sind. Das ist aber die Grundlage für diese Behandlung. Man wird deswegen das Therapieprinzip nicht nächstes oder übernächstes Jahr auf andere Tumorarten übertragen können, aber wenn man an einen Zehn-Jahres-Zeitraum denkt, bin ich eigentlich sehr zuversichtlich. Wird die Immuntherapie generell schon bald das „Rückgrat“der Krebsbehandlung sein, wie manche Experten schon glauben?
Für eine solche absolute Aussage ist es noch etwas zu früh. Ich bin durchaus sicher, dass die Immuntherapie in Zukunft eine ganz entscheidende Rolle in der Krebsmedizin spielen wird. Seit 2015 hat es kein Quartal gegeben, in dem nicht neue direkt behandlungsrelevante Erkenntnisse zur Immuntherapie veröffentlicht wurden, etwa dazu, wo man sie noch breiter einsetzen kann. Aber es bleibt leider immer noch eine riesengroße Zahl von Patienten, bei denen sie bisher nichts bringt. Diese Zahl wird zukünftig kleiner werden, aber ob man wirklich zukünftig alle Tumorpatienten immuntherapeutisch behandeln kann und muss, ist momentan noch nicht absehbar. Wie sieht Ihre Zukunftsprognose insgesamt aus, was die Krebstherapie betrifft?
Ich glaube, dass wir insbesondere mit der Immuntherapie mit großen Schritten dem Ziel näher kommen, die Zahl jener Tumorerkrankungen zu erhöhen, die wir zu zwar unliebsamen, aber nicht mehr bedrohlichen „Lebensbegleitern“machen können – ähnlich wie Diabetes oder Bluthochdruck. Dass man Krebs komplett ausschalten kann als Todesursache, ist zwar nicht absehbar. Dass aber eine zunehmende Zahl von Patienten heute geheilt werden kann, das macht schon Hoffnung.
Interview: Sibylle Hübner-Schroll
Eine Katheterbehandlung, die Nervenbahnen in den Wänden der Nierenarterien verödet, hat in einer Studie den Blutdruck ohne gleichzeitige Einnahme von Medikamenten dauerhaft gesenkt und damit die prinzipielle Wirksamkeit des Verfahrens bestätigt. Dies teilte jetzt die Deutsche Hochdruckliga (DHL) mit. Die renale Denervierung (RDN) könnte, sollten weitere Studien dies untermauern, zu einer Option für Patienten werden, die trotz Einnahme mehrerer Medikamente gefährlich hohe Blutdruckwerte haben, heißt es in einer Stellungnahme.
Bei der RDN wird ein Katheter von der Leiste aus über die Bauchschlagader in die Nierenarterien vorgeschoben. An der Spitze des Katheters befinden sich Elektroden, die mittels Hochfrequenzstrom erhitzt werden. „Dadurch werden Nervenfasern in der Wand der Arterie verödet, die vereinfacht dargestellt über eine chronische Stresswirkung in den Nieren den Blutdruck erhöhen“, erläutert DHLVorstand Professor Bernhard Krämer. Die Behandlung, die in beiden Nierenarterien durchgeführt wird, dauert etwa 45 Minuten. „Wenn sie gelingt, wird der Blutdruck vermutlich auf Dauer gesenkt“, so Krämer.
Vor drei Jahren hatte die renale Denervierung in einer Studie die Erwartungen der Experten enttäuscht. „Die Blutdrucksenkung war damals nicht besser als bei einer Scheinbehandlung“, erläutert Professor Joachim Weil, Chefarzt in Lübeck. Inzwischen wurde das Katheterverfahren verbessert. „Es ist jetzt eine vollständige Verödung aller Nervenfasern einschließlich der Abzweigungen der Nierenarterien möglich“, so der Experte.
Für die neue Studie wurden Patienten ausgewählt, bei denen keine Blutdrucksenker eingesetzt wurden. Die Behandlung wurde nach genauen Regeln von erfahrenen Spezialisten durchgeführt. Bei den Patienten lag der obere (systolische) Blutdruckwert zwischen 140 und 170 mmHg und der untere (diastolische) Blutdruckwert bei mindestens 90 mmHg. Der systolische Blutdruck war drei Monate nach der Behandlung bei den Messungen in der Arztpraxis im Durchschnitt um 7,7 mmHg gefallen. Beim diastolischen Blutdruck kam es zu einem Rückgang um 5 mmHg. Die Scheinbehandlung in der Kontrollgruppe blieb dagegen wirkungslos. (AZ) Im Herbst verleiten Früchte und Samen Kinder zum Probieren. Doch nicht immer sind diese genießbar, und in manchen Fällen drohen sogar Vergiftungen. „Eltern sollten Kinder deshalb früh dazu erziehen, keine unbekannten Früchte oder Pflanzenteile zu essen und immer vorab zu fragen. Besonders gefährlich sind die Beeren der Tollkirsche, die sich in einem grünen Kelch ab Juli bis Oktober schwarz, glänzend, kugelig, kirschgroß ausbilden. Schon drei bis vier Früchte können für Kinder tödlich wirken“, sagt Professor Hans-Jürgen Nentwich, Kinder- und Jugendarzt vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte. Anzeichen einer Vergiftung sind ein rotes Gesicht, Mundtrockenheit, beschleunigter Puls und erweiterte Pupillen sowie Halluzinationen. Hat ein Kind Tollkirschen verzehrt, sollte es umgehend in einer Kinderklinik vorgestellt werden, regional bedingt eventuell in einer Notfallambulanz. Die Tollkirsche wächst bevorzugt an Waldwegen und in lichten Wäldern. (AZ)