Ein Feiertag, den kaum einer will
Vertreter von Politik und Kirche im Landkreis sind größtenteils gegen den Vorschlag, einen islamischen Feiertag in Deutschland einzuführen. Auch beim Rat der Religionen ist das kein Thema
Sollte man in Deutschland einen islamischen Feiertag einführen, zumindest in Regionen mit einem hohen Anteil an Muslimen? Dafür sprach sich der Präsident des Zentralkomitees der Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, aus. Auch Innenminister Thomas de Maizière hatte öffentlich über einen solchen Feiertag in muslimisch geprägten Gebieten nachgedacht. Was bundesweit bereits für viel Unverständnis und Diskussionen gesorgt hat, stößt auch im Landkreis größtenteils auf Widerstand.
„Bei aller Toleranz und Wertschätzung den Muslimen gegenüber finde ich es nicht notwendig, dass sie einen eigenen Feiertag bekommen“, sagt Weißenhorns Stadtpfarrer Bernhard Mooser. Sich von der Arbeit wegen eines islamischen Feiertags befreien zu lassen sei ja bereits möglich. Mooser leidet sehr darunter, dass sich das Verhältnis zwischen Christen und Muslimen in Weißenhorn verändert habe: Früher habe man sich oft getroffen und ausgetauscht. Aber: „Seit eineinhalb Jahren herrscht absolute Funkstille. Das bedauere ich sehr.“Vor allem, weil bei den Treffen immer so viel Offenheit geherrscht habe.
Der Stadtpfarrer ist der Ansicht, dass die politischen Entwicklungen es schwerer machten, dass die Muslime auf die Christen zugehen. „Es wäre wichtig, dass wir uns unabhängig davon menschlich begegnen“, gen vom Unterricht befreit werden können. Insofern sei das Ganze eine „völlige Phantomdebatte“.
Der Ulmer Pfarrer Volker Bleil, der zudem Sprecher des Rats der Religionen Ulm ist, hält die Idee für „einen Vorschlag zur Unzeit, der wenig mit der Realität zu tun hat“. Natürlich stünden Feiertage nicht nur Christen zu, aber der Anteil an Menschen muslimischen Glaubens in Deutschland werde oft überschätzt – durchschnittlich liegt er laut Bleil bei fünf Prozent. Für ihn würde ein eigener Feiertag für Muslime Sinn ergeben, wenn diese selber danach fragen würden, aber: „Das haben sie ja nicht.“Und das würden sie seiner Meinung nach tun, wenn ihr Anteil in der Bevölkerung entsprechend hoch wäre. „Aber so ist das noch derartig weit weg, dass ich das eine seltsame Debatte finde, die eher Ängste schürt.“Und das sei das Gegenteil von dem, was der Rat der Religionen erreichen wolle: „Wir schaffen Begegnung und Teilhabe.“Die Debatte sei im Rat der Religionen deshalb noch „gar kein Thema“. Stattdessen stünden andere Dinge im Fokus, wie interreligiöse Feiern an Schulen. Bleil findet es gut, wenn man wisse, welche islamischen Feiertage es gebe – und bei einer Begegnung auch entsprechend grüße. „Aber das“, sagt er, „ist sowieso schon länger Brauch unter Juden, Christen und Muslimen.“
Die evangelische Neu-Ulmer Dekanin Gabriele Burmann steht Sternbergs Vorschlag dagegen offen gegenüber. Sie findet ihn „neu und interessant“. Schließlich lebten die Muslime mit und unter uns. „Warum sollen sie in unserem Land nicht auch einen Feiertag haben?“Sie halte es für einen Zug der Wahrnehmung der in unserer Region respektablen Minderheit. „Wir haben ja lange nebeneinander her gelebt. Es wäre ein Zeichen, dass wir uns kennenlernen wollen.“Ob es dafür eigens einen Feiertag braucht? Das habe sie nicht zu Ende gedacht, sagt Burmann. Aber die Idee gehe in eine richtige Richtung. Andere Länder, andere Kulturen, andere Rhythmen – das wahrzunehmen schade nicht und erweitere den Horizont. Sich gegenseitig wahrzunehmen dient zudem dem Frieden, so Burmann.
Der Türkisch Islamische Kulturverein Ditib in Ulm war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Die Pfarrgemeinde St. Johann Baptist veranstaltet am morgigen Samstag von 8 bis 13 Uhr einen Marmeladen-Markt auf dem Petrusplatz in Neu-Ulm. Neben selbst gemachten Marmeladen und Gelees gibt es handgestrickte Socken, Ringelblumensalbe und mehr. Das Geld wird für die Bauarbeiten an der Pfarrkirche verwendet. (az)