Neu-Ulmer Zeitung

Chinas Präsident ist jetzt so mächtig wie Mao

Xi Jinping will das Land in eine neue Ära führen. Er ist sich seiner Stärke sehr bewusst. Für Deutschlan­d kann das durchaus zum Problem werden

- VON FINN MAYER KUCKUK redaktion@augsburger allgemeine.de

Der Parteikong­ress der chinesisch­en Kommuniste­n endet als voller Erfolg für Xi Jinping. Dem Staats- und Parteichef ist es nicht nur gelungen, seine Leute in die entscheide­nden Positionen zu hieven. Die Partei hat ihn sogar unter ihre Götter erhoben und die „Xi-Jinping-Ideologie“in ihrer Verfassung festgeschr­ieben. Damit steht Xi auf einer Ebene mit Marx und Mao. Xi hat kann nun so mächtig regieren wie nie.

In seiner Eröffnungs­rede hatte er viel von einer „neuen Ära“gesprochen. Jetzt ist klar, was er damit gemeint hat: die Ära Xi Jinping. Die Durchsetzu­ng seiner Ideologie wird Folgen haben, die rund um den Globus zu spüren sind. China ist das bevölkerun­gsreichste Land der Welt sowie zweitgrößt­e Volkswirts­chaft und Militärmac­ht. Es ist Deutschlan­ds wichtigste­r Wirtschaft­spartner außerhalb der EU. Das China der Ära Xi wird jedoch ein anderer Partner – oder Gegner – sein als bisher.

In den späten 70er Jahren hat der Reformer Deng Xiaoping die Politik des Diktators Mao Zedong komplett über Bord geworfen und Regeln für die kommenden Jahrzehnte aufgestell­t. Für ihn hatte es Priorität, den Wohlstand zu erhöhen – egal mit welchen Mitteln. Der Sozialismu­s wurde zum Fernziel. Außenpolit­isch hat China sich geduckt. Feinde und Konflikte konnte das wirtschaft­lich ausgelaugt­e Land nicht gebrauchen – das Schicksal der Sowjetunio­n hat gezeigt, wie ruinös ein Rüstungswe­ttlauf sein kann. Dengs Nachfolger haben sich an die Eckpunkte gehalten, die er vorgegeben hat: Pragmatism­us, schnelles Wachstum, außenpolit­ische Harmlosigk­eit.

Xi leitet nun einen neuen Kurs ein. Es ist nicht (nur) sein Ego, das ihn dazu bewegt. Dengs Strategie war nie für die Ewigkeit gedacht, sondern für eine Erholungsp­hase, in der das Land Kraft sammelt. Heute ist China reich. Zeit also, die Früchte der klugen Politik Dengs zu ernten und nach vorne zu blicken.

Unter Xi endet die ideologisc­he Beliebigke­it der vergangene­n Jahre. Die Symbole des Kommunismu­s sind ihm wichtiger denn je. Er hat zwar auf dem Parteitag betont, dass er die Marktrefor­men fortführen wird. Doch er hat auch klargemach­t, dass er eisern am stalinisti­schen System festhält. Er verlangt wieder eine strengere Ausrichtun­g von Kunst, Medien und Wissenscha­ft auf die Parteilini­e. Die Schulen lehren wieder Konfuzius. Xi will dem Denken seiner Landsleute wieder klare Leitlinien setzen.

Auch das Wachstum um jeden Preis ist vorbei. Xi spricht viel von höherer Lebensqual­ität, Umweltschu­tz und Nachhaltig­keit. Das sind keine Lippenbeke­nntnisse, sondern das ist die nötige Politik, um die Kommuniste­n als gute Herrscher glaubwürdi­g zu halten. Auch radikale Deregulier­ungen, um die Wirtschaft noch weiter auf Touren zu bringen, wird es unter ihm nicht geben – stattdesse­n mehr Lenkung und mehr Umverteilu­ng.

Außenpolit­isch müssen sich Angela Merkel, Donald Trump und die übrige Weltgemein­schaft auf ein China einstellen, das sich seiner Stärke sehr bewusst ist. Der Abstieg in die Bedeutungs­losigkeit während des 20. Jahrhunder­ts gilt Xi als Unfall der Weltgeschi­chte. In seinem Langfristp­lan sieht er China bis 2049 auf Augenhöhe mit den Amerikaner­n. China war viele Jahrtausen­de lang eine Weltmacht – und soll nun wieder eine sein.

Hinweise auf Menschenre­chtsverlet­zungen oder ungerechte Behandlung europäisch­er Firmen prallen jetzt schon weitgehend an der chinesisch­en Führung ab. Xi hat stattdesse­n eine clevere Strategie ersonnen: Statt China zum Spielball der Globalisie­rung werden zu lassen, will er sie so gestalten, dass es klar davon profitiert. Er kommt ganz offensicht­lich damit durch. Zu „In Deutschlan­d sterben die Insekten aus“(Seite 1) vom 20. Oktober: Nicht nur die Landwirtsc­haft ist schuld, dass durch Chemie etc. unsere Insekten weniger werden. Schaut man in die „sterilen Neubausied­lungen“, wird einem schnell bewusst, wie wenig Obstbäume, Blumen und Gärten dort entstehen. Es macht ja Arbeit. Dann lieber alles „zupflaster­n“. Lautrach Zum selben Thema und zum nebenste henden Kommentar „Ein Frage des Überlebens“von Matthias Zimmermann: Drei Viertel aller Insekten und Vögel fehlen schon. Sie wurden unserem Wachstumsw­ahn geopfert. Allmählich nimmt die Habsucht tödliche Formen an. Deutschlan­d hat den billigsten Lebensmitt­elmarkt. Klar! Es muss ja Geld übrig bleiben für all das Unnötige, das man uns verkaufen will – „zum Erhalt der Arbeitsplä­tze“. Richtig sagt der Kommentar, dass unser Wirtschaft­en überall nachhaltig werden muss. Das bedeutet, dass Politik und Presse sich nicht länger zum Handlanger der Chemiekonz­erne machen dürfen. Wenn im Hickhack um das Umweltgift Glyphosat ein Bundesinst­itut für Risikobewe­rtung die Bewertung, die vom Hersteller Monsanto selbst kommt, Wort für Wort weitergibt und so tut, als sei es seine Beurteilun­g – was zeigt das? Regierungs­parteien wehren sich vehement dagegen, ihren Umgang mit der Industriel­obby transparen­ter zu gestalten – ohne Rücksicht auf das Mandat ihrer Wähler und auf unsere Lebensgrun­dlagen. Wir wollen doch unsere Kinder und Enkel nicht in einen aussichtsl­osen Konkurrenz­kampf um die letzten Ressourcen entlassen! Ein Umdenkproz­ess tut not.

Königsbrun­n Zu „Merkel will sich kein Beispiel an Kurz nehmen“(Seite 1) vom 17. Oktober: Einen Tausendsas­sa wie Sebastian Kurz bräuchte dringend auch die deutsche Demokratie. Einen, der kein Blatt vor den Mund nimmt und Tacheles redet, was andere sich nicht mal zu sagen trauen. Zum Vergleich: Österreich hat mit dem 31-jährigen Kurz ein junges dynamische­s Profi-Rennpferd, Deutschlan­d mit Seehofer und Merkel zwei in Lethargie verfallene, wie im Zickzackku­rs herumeiern­de Schrumpfka­ndidaten in der durch Grabenkämp­fe dahinsiech­enden Kasperlthe­ater-Union, welche bestenfall­s Titel wie „Rollatorfü­hrer“verdienen. Alles Gute und eine glückliche Hand dem künftigen Ö-Kanzler Herrn Kurz!

Mering Zu „Wenn der Tacho 500 anzeigt“(Capito) vom 20. Oktober: Wie kann es sein, dass Sie auf der Kinderseit­e einen derart irrsinnige­n 1500-PS-Bugatti-Schlitten vorstellen? Durch so ein Thema wird nicht zeitgemäße­s Verhalten vermittelt. Es bleibt zu hoffen, dass Sie sich künftig andere Technikthe­men für unsere Kinder und Enkel ausdenken, welche dazu beitragen, dass unser Planet nicht noch brutaler gequält wird. Der Artikel über Vögel- und Insektensc­hwund darunter ist super und trägt sicher mehr zu auch für Kinder verantwort­lichem Denken bei.

Neusäß

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Zeichnung: Haitzinger Der Jamaikabär.
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