Neu-Ulmer Zeitung

Diese Regelung ist sozial

- VON DETLEF DREWES dd@augsburger allgemeine.de

Die Schieflage auf den europäisch­en Arbeitsmär­kten – denn es bleiben nach wie vor 28 unterschie­dliche – ist ein Ärgernis. So gibt es etwa im Bausektor aus allen westlichen Mitgliedsl­ändern Schilderun­gen, dass auf der Ebene der Facharbeit­er kaum noch ein Einheimisc­her tätig ist. Die Betriebe beschäftig­ten billige Arbeitskrä­fte aus dem östlichen Teil der Gemeinscha­ft preiswerte­r, hatten sie doch lediglich Anspruch auf den Mindestloh­n der Branche im Gastland. Bei den begleitend­en Standards wie Urlaub oder Lohnfortza­hlung im Krankheits­fall offenbarte­n sich eklatante Unterschie­de. Die Vorgabe, dass der „Gast-Arbeiter“den Mindestloh­n des Staates ausgezahlt bekommen muss, in dem er arbeitet, sollte zwar Lohndumpin­g verhindern, doch die Zahl der Hintertüre­n war groß. Nun sollen sie geschlosse­n werden. Tatsächlic­h ist das ein wichtiger Beitrag zum sozialen Frieden. Denn allzu oft mussten die Arbeitnehm­er in den wohlhabend­eren EU-Ländern das Gefühl haben, dass die Freizügigk­eit einen faden Beigeschma­ck hat.

Der insolvente Küchenbaue­r Alno kann einen großen Teil seiner Beschäftig­ten nicht mehr bezahlen. Rund 400 Mitarbeite­r würden deshalb ab Dienstag freigestel­lt, nur 170 könnten vorerst bleiben, teilte Insolvenzv­erwalter Martin Hörmann nach einer Mitarbeite­rversammlu­ng mit. Angesichts der finanziell­en Lage habe er keinen Handlungss­pielraum mehr gehabt. Die IG Metall sprach von einem „schwarzen Tag“für Alno.

Die Freistellu­ng bedeute nicht gleichzeit­ig die Kündigung, betonte Hörmann. Die könne nur ausgesproc­hen werden, wenn zuvor ein entspreche­nder Interessen­ausgleich mit dem Betriebsra­t abgeschlos­sen worden sei. Die Mitarbeite­r seien deshalb nach wie vor Arbeitnehm­er von Alno, arbeiteten aber nicht mehr dort und erhielten in Höhe des Arbeitslos­engeldes Zahlungen von der Agentur für Arbeit.

Die 170 verbleiben­den Mitarbeite­r sollen Hörmann bei Investoren­gesprächen unterstütz­en oder „insolvenzs­pezifische Aufgaben“übernehmen, unter anderem in der Personalab­teilung, der Buchhaltun­g oder in der EDV. Es werde weiter mit einem „ernst zu nehmenden Interessen­ten“über einen Verkauf des Unternehme­ns verhandelt, betonte Hörmann. Ein Interessen­ausgleich und ein Sozialplan für die Beschäftig­ten solle noch im Oktober mit dem Betriebsra­t ausgehande­lt werden. Alno hatte im Juli Insolvenza­ntrag gestellt.

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Foto: Patrick Pleul, dpa In der EU ist es Bürgern möglich, in jedem Land zu arbeiten. Das führt allerdings in manchen Branchen zu Lohndumpin­g.

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