Neu-Ulmer Zeitung

Die Zwillinge sind vier. Sie könnte ihre Oma sein

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wenn sie vom ihm spricht. Und für einen Moment vergisst man, dass da eine erwachsene Frau sitzt.

Hildebrand­t sagt, nach seinem Tod sei sie in ein tiefes Loch gefallen. Rainer Hildebrand­t war 45 Jahre älter als sie. Ein Visionär, ein Patriarch. Einer, der als Widerstand­skämpfer im Dritten Reich in Haft gesessen hatte. Ein Kämpfer für die Menschenre­chte. Ihre Stimme bekommt einen ehrfürchti­gen Unterton, wenn sie von ihm redet. Sie sagt: „Er war viel mehr als ein Ehemann für mich. Er war auch Vater, Großvater und Lehrer.“

Seine Urne mit der Nummer 173126 wurde immer noch nicht bestattet. Er darf nicht dort begraben werden, wo er es wollte. Es ist ein kleiner Friedhof, der offiziell geschlosse­n ist. Reine Willkür der Behörden, sagt sie. Wie sollte sie da Abschied nehmen? „Ich habe die ersten drei Monate nach seinem Tod nur noch geweint.“

Einsamkeit. Schwere. Das Gefühl, die Behörden wollten sie fertigmach­en. Sie sagt, sie habe sich entscheide­n müssen. Immer schwarz tragen – oder noch mal neu anfangen, eine Familie gründen. Sie wählte die Flucht nach vorn.

Im Dezember hat sie kirchlich geheiratet, ganz in Weiß, ein Fest mit 100 Gästen, auch die vier Kinder wurden getauft. Hildebrand­ts Augen leuchten, wenn sie davon erzählt. Sie sagt: „Es war der schönste Tag meines Lebens.“Sollen die Leute sich doch das Maul zerreißen. Sie habe jetzt alles, was sie brauche, um glücklich zu sein. Kinder. Einen Mann. „Ein Zuhause.“ Die Autorin Antje Hildebrand­t ist mit Alexandra Hildebrand­t weder verwandt noch verschwäge­rt.

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