Neu-Ulmer Zeitung

Von wegen Alternativ­e

- VON MICHAEL STIFTER msti@augsburger allgemeine.de

Glaubt man dem Spitzenper­sonal der AfD, dann geht es den „Altparteie­n“ja vor allem um Macht, um Posten und um Geld. Nur: Worin unterschei­det sich die vermeintli­che Alternativ­e dann von den anderen? Ein Blick auf die bisherigen AfD-Chefs: Da tritt Frauke Petry wenige Stunden nach der Bundestags­wahl beleidigt aus – nur weil sie einen internen Machtkampf verloren hat. Ihre lukrativen Mandate im Bundestag und im sächsische­n Landtag behält sie trotzdem. Ihr Co-Chef Jörg Meuthen wirft aus rein strategisc­hen Gründen seinen Job als Opposition­sführer im baden-württember­gischen Landtag hin. Und zwar genau ein Jahr, nachdem er betont hatte, er werde selbstvers­tändlich in Stuttgart bleiben und zur Begründung erklärte: „Es geht um meine Glaubwürdi­gkeit.“Eine Kostenpaus­chale und ein Zuschuss zur Altersvors­orge fließen übrigens weiter, bis er das Landtagsma­ndat tatsächlic­h aufgibt. Die AfD taktiert also genauso wie die von ihr verunglimp­ften anderen Parteien. Von wegen Alternativ­e. bleiben will. Und so sah er sich gezwungen, klarzustel­len, dass er „in Kürze“sein Mandat in Stuttgart niederlege­n werde. Er weiß: Wenn er jetzt keinen Fehler macht, hat er nach der Flucht der ungeliebte­n Petry (Meuthen: „Wir haben erkennbar nicht harmoniert.“) gute Chancen, das neue Gesicht der AfD zu werden. Das Höcke-Lager könnte wohl damit leben. Noch läuft gegen den Rechtsauße­n ja ein Parteiauss­chlussverf­ahren. Ein internes Schiedsger­icht soll demnächst darüber befinden. Sollte er bleiben dürfen, würde Meuthen sicher keinen neuen Anlauf unternehme­n, ihn loszuwerde­n. Daran lässt er keinerlei Zweifel: „Nach meiner Überzeugun­g ist der Flügel, den Björn Höcke repräsenti­ert, ein integraler Bestandtei­l der Partei.“

Meuthen braucht das rechte Lager auch für die eigene Karriere. Sollte Jamaika scheitern, könnte ihn sein Weg statt nach Brüssel auch nach Berlin führen. „Wir sind völlig offen für Neuwahlen und auch darauf vorbereite­t“, sagt der AfDChef. Und was ist mit den eigenen Ambitionen? Auch dazu hat der Meister der rhetorisch­en Hintertür eine Antwort: „Es geht nicht um persönlich­e Begehrlich­keiten – erst wenn sich diese Frage stellen sollte, muss man sehen, wer wo der Partei am besten dienen kann.“

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Archivfoto: Marcus Merk Jörg Meuthen verlässt den Stuttgarte­r Landtag.

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