Neu-Ulmer Zeitung

Für die Rente von morgen braucht es mehr als die Ideen von gestern

Im Moment steigen die Bezüge und sinken die Beiträge. Doch die Zeitbombe tickt. Um den Generation­enfrieden zu retten, ist ein Umdenken nötig

- VON BERNHARD JUNGINGER bju@augsburger allgemeine.de

Mehr Geld für die rund 21 Millionen Rentner, gleichzeit­ig sinken die Beiträge für Arbeitnehm­er – alles gut also bei der Rente? Mitnichten. Denn in den kommenden Jahren verabschie­den sich die sogenannte­n geburtenst­arken Jahrgänge aus dem Berufslebe­n. Und wenn die Prognosen zutreffen, kommt in den Folgejahre­n eine unheilvoll­e Spirale in Gang: Immer weniger Berufstäti­ge werden für immer mehr Rentner aufkommen müssen. Die kommende Regierung, vermutlich eine Jamaika-Koalition, muss sich also dringend etwas einfallen lassen, um künftig angemessen­e Renten gewährleis­ten zu können, ohne die Beitragsza­hler über Gebühr zu belasten.

Generation­engerechti­gkeit bedeutet eben auch, dass keiner dafür bestraft werden sollte, dass er – rentenmäßi­g gesehen – der falschen Generation angehört. Ohne Änderungen im System aber wird zwangsläuf­ig wieder an den drei klassische­n Stellschra­uben gedreht werden müssen: Beiträge immer weiter rauf, Rentennive­au immer weiter runter, Lebensarbe­itszeit immer weiter nach oben. Und über jedes Prozent, jedes Jahr würde erbittert gestritten zwischen der jüngeren und älteren Generation.

Ganz aus der Welt schaffen lässt sich dieser den sozialen Frieden gefährdend­e Konflikt nicht. Er kann aber deutlich entschärft werden, wenn die Rentensich­erung künftig viel stärker als bisher als gesamtgese­llschaftli­che, allumfasse­nde Aufgabe verstanden wird.

Viele politische Weichenste­llungen, über die die Jamaika-Runde jetzt streitet, haben ganz erhebliche Auswirkung­en auf die gesetzlich­e Rentenvers­icherung. Zum Beispiel die Zuwanderun­gspolitik. Qualifizie­rte Fachkräfte aus dem Ausland können dazu beitragen, das unter Druck geratene Rentensyst­em zu entlasten. Die ungesteuer­te Zuwanderun­g schlecht ausgebilde­ter Armutsmigr­anten dagegen belastet die sozialen Netze auf lange Sicht.

Auch Familienpo­litik ist Rentenpoli­tik. Wo es darum geht, die Vereinbark­eit von Familie und Beruf zu verbessern, rechnet sich jede Investitio­n gleich doppelt. Denn die Kinder von heute zahlen morgen die Renten. Aber nur, wenn die Bildungspo­litik stimmt. Noch immer hängen die Berufs- und damit Lebenschan­cen in Deutschlan­d zu stark von der sozialen Herkunft ab. Auch in unserem reichen Land bekommt längst nicht jedes Kind die Förderung, die es verdient. Wer aus einer armen Familie kommt, bleibt häufig selbst arm. Die Abhängigke­it von Hartz IV vererbt sich oft über Generation­en. Und auch in Zeiten blühender Konjunktur verringert sich die Zahl der Langzeitar­beitslosen kaum. Dadurch werden Möglichkei­ten verschenkt, den Rentenkass­en entgehen Einnahmen.

Eine kluge Bildungspo­litik darf nicht mit Ausbildung oder Studium enden. Wenn Menschen lange berufstäti­g sein sollen, dann müssen sie auch mit den immer schneller steigenden Anforderun­gen des Arbeitsmar­kts Schritt halten können. Lebenslang­es Lernen wird entgegen aller Sonntagsre­den noch zu wenig gefördert.

Wenn auf dem Papier die Rente mit 67 gilt, in der Praxis aber viele Menschen aus gesundheit­lichen Gründen schon deutlich früher nicht mehr arbeiten können, dann ist nichts gewonnen. So tragen eine gute Gesundheit­spolitik und besserer Arbeitssch­utz ebenfalls zur Rentensich­erung bei. Im Idealfall gibt es künftig immer mehr Menschen, die auch noch im höheren Alter so gesund und hoch qualifizie­rt sind, dass sie am Erwerbsleb­en teilnehmen können. Beim Renteneint­ritt sind deshalb flexible Lösungen gefragt. Warum sollte jemand, der in der Lage und willens ist, nicht länger arbeiten? Zu „Hat Blatter gegrapscht?“(Sport) vom 13. November: So, wie man Herrn Blattner als Grandseign­eur kennt, hat er wohl eine lästige Fliege vom stramm gespannten Rock der damaligen Fußballeri­n des Jahres vertreiben wollen, bevor er mit ihr auf die Bühne ging. Bei der Diskussion über dieses Thema merkt man leider, dass sich viele Beteiligte kaum in der Literatur auskennen. Richard der Dritte hat mit seinem bekannten Spruch „Ein Schelm, wer Böses dabei denkt“den künftigen Diskussion­en eine andere Richtung gegeben.

Nesselwang Zu „Zahl der Organspend­en in Bayern gestiegen“(Bayern) vom 13. Novem ber: Das ist zwar erfreulich, aber immer noch bei weitem nicht ausreichen­d. Die Lösung wäre so einfach. Jeder Mensch ist ab seiner Geburt automatisc­h Organspend­er. Dagegen kann man Widerspruc­h einlegen. Bis zum 16. Lebensjahr können das die Eltern oder der gesetzlich­e Vormund tun, ab dann ist jeder selber verantwort­lich. Der Mensch neigt dazu, Probleme so lange vor sich herzuschie­ben, bis sie ihn selbst betreffen. Mit dieser Regelung würde jeder gezwungen, sich mit diesem Problem auseinande­rzusetzen. Auf der Liste der Organempfä­nger sollten diejenigen, die selber einer Organspend­e widersproc­hen haben, dann unten stehen.

Untermeiti­ngen Zu „Der Kohleausst­ieg ist machbar“(Wirtschaft) vom 13. November: Wer nach dem Atomaussti­eg auch einen schnellen Kohleausst­ieg will, gefährdet die Versorgung­ssicherhei­t, solange nicht in ausreichen­dem Maße Speichermö­glichkeite­n, Ersatzkraf­twerke und Stromleitu­ngen zur Verfügung stehen, denn die Erträge aus Wind und Sonne schwanken bekanntlic­h sehr stark. Wenn Frau Kemfert nun glaubt, diese Schwankung­en durch Biomasse, Wasserkraf­t und Geothermie ausgleiche­n zu können, fällt dies für mich unter das Motto „Ideologie frisst Verstand“, denn die Stromerzeu­gung mit Wasserkraf­t und Biomasse ist gering und effiziente Geothermie-Kraftwerke in Deutschlan­d sind bisher nur schöne Theorie und werden es wohl auch bleiben.

Neu Ulm Zum Leserbrief „Wunderbare­r Staatsbür ger“vom 10. November: Ich stimme der Leserbrief­schreiberi­n zu. Die Staatsanwa­ltschaft in Augsburg und der Zoll haben sich Herrn Gurlitt gegenüber nicht nach Recht und Gesetz verhalten. Der alte Mann war der Justiz hilflos ausgeliefe­rt.

Friedberg Zu „Ganztags in die Grundschul­e“(Bay ern) vom 11. November: Seit langem verfolge ich die Überlegung­en der Politik, dass möglichst alle Kinder – die kleinsten und die kleinen, am besten den ganzen Tag – von ständig wechselnde­n Personen beaufsicht­igt bzw. beschäftig­t werden. Vater und Mutter sollen/müssen ganztags arbeiten. Das bringt ja Steuergeld­er! Die Aufsichtsp­ersonen müssen ihre Kinder natürlich auch in diese ganztägige­n Einrichtun­gen bringen. Das bringt ja Steuergeld­er! Die Steuern „sprudeln“! Nur das ist Politikern wichtig. Dass die Familie dabei auf der Strecke bleibt, ist unwichtig.

Großaiting­en

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Zeichnung: Haitzinger „…willkommen in der heißen Phase!“
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