Die silber gelbe Fahrrad Flut
In vielen Städten sind Leihräder am Straßenrand mittlerweile Alltag. Immer mehr Münchner ärgern sich allerdings über herumstehende Räder. Grund ist ein neuer Anbieter aus Singapur, der sich in Deutschland breitmacht
Zum Münchner Stadtbild gehören blaue Straßenbahnen, Brauhäuser und nun auch silber-gelbe Fahrräder. In der Landeshauptstadt gibt es kaum eine Straße, an der nicht ein Leihrad steht. Die meisten Exemplare, jene mit silber-gelben Farbe, gehören der Firma Obike. Das Unternehmen aus Singapur hat die Stadt damit nach und nach überschwemmt. Zunächst wurden gut 300 Räder in München abgestellt. Bald waren es 1000, dann 4000. Inzwischen liegt die Zahl bei 7000 Rädern, die sich über die Stadt verteilen. Vielen Münchnern ist das ein Dorn im Auge. Auf Twitter etwa bezeichnen Nutzer die Obikes als „Radlmüll“oder „Gelbe Pest“. Doch die Räder machen sich in der Stadt breit – nicht nur in München. Das Unternehmen hat seine Fahrräder in mehreren europäischen Großstädten aufgestellt, unter anderem in Madrid und Zürich.
Hinter Obike steht die Idee, dass sich jeder möglichst einfach ein Fahrrad mieten kann. Ein Nutzer muss sich registrieren, eine Kaution hinterlegen, ein Rad auswählen und kann damit losfahren. Das Angebot soll sich laut Obike in erster Linie an Kurzstreckenfahrer richten, etwa für den Weg zum Bahnhof. Tatsächlich funktioniert das Ausleihen meist problemlos, außerdem erfüllen die Räder alle Voraussetzungen für den Straßenverkehr. Obike verfolgt nach eigenen Angaben noble Ziele: den Autoverkehr in den Städten zu verringern und die Umwelt zu schonen.
In ihrer Masse bereiten die Leihräder jedoch Probleme. Mit 7000 Stück hat Obike mehr Räder in der Stadt als alle anderen Anbieter zusammen. Genutzt werden die vielen Fahrräder eher selten – die meisten stehen tagelang ungenutzt an Ort und Stelle. Dazu kommt, dass einige ObikeNutzer die Räder gerade da abstellen, wo sie vom Sattel steigen – oft mitten auf einem Bürgersteig. Andere Leihrad-Anbieter legen ihren Kunden strengere Regeln auf – wer etwa den „Call a Bike“-Service der Deutschen Bahn nutzt, muss sein Rad an einer Kreuzung abstellen. Der Radbeauftragte der Stadt München, Florian Paul, hat das Obike bereits auf das Platzproblem hingewiesen: „Das Wichtigste ist, dass die Leihräder auch tatsächlich genutzt werden und nicht sinnlos und ungenutzt in der Gegend stehen.“Inzwischen habe sich das Problem etwas entspannt. Obike hat eine Hotline für Beschwerden eingerichtet und Zonen festgelegt, in denen die Kunden keine Räder abstellen dürfen. Tun sie das trotzdem, wird ihre nächste Fahrt teurer. Die Stadt München rechnet aber damit, dass die Räder in den kommenden Monaten den Winterdienst behindern werden.
Neben dem offensichtlichen PlatzProblem gibt es eine unsichtbare Gefahr – beim Thema Datenschutz. Denn Obike zeichnet nach eigenen Angaben jede Bewegung seiner Nutzer auf, solange diese auf einem der Räder unterwegs sind. Dadurch lassen sich genaue Bewegungsprofile erstellen. Allerdings versichert die Firma, dass die Daten an niemanden weitergegeben werden – mit einer Ausnahme. Denn den Städten, in denen Obike die Räder vermietet, will das Unternehmen anonyme Daten zur Verfügung stellen. Für Stadtplaner wären diese Datensätze ein gutes Hilfsmittel – denn die Bewegungsdaten zeigen, welche Wege Fahrradfahrer benutzen. Bis vor kurzem wurden Obike-Nutzer darüber auf der Internetseite des Unternehmens informiert – seit wenigen Tagen fehlt dieser Hinweis.
Laut dem Präsidenten des Bayerisches Landesamts für Datenschutzaufsicht, Thomas Kranig, können Bewegungsdaten sensible Informationen enthalten. Aus den Daten lassen sich etwa Wohnort und Arbeitsplatz ebenso auslesen wie Arztbesuche oder der soziale Umgang einer Person. „Eine wirksame Anonymisierung dieser Daten ist unserer Meinung nach eher unwahrscheinlich“, sagte Kranig. Bewegungsdaten sind bei Marktforschern äußerst gefragt. Denn sie geben Aufschluss über das Verhalten von Personen. „Damit kann etwa ermittelt werden, wo ein Anwender wohnt, arbeitet, einkaufen geht sowie gegebenenfalls, welcher Arzt besucht oder welches Kino oder Einkaufszentrum aufgesucht wird“, sagt Kranig. Dadurch können Unternehmen ihr Marketing optimieren. Inzwischen zeige sich der
Trend, dass manche Firmen spezielle Datendienste entwickeln und diese dann am Markt anbieten. Auch Kriminelle erbeuten regelmäßig Datensätze von Unternehmen – wie die Enthüllung über den Diebstahl von 57 Millionen Nutzerdaten des USFahrdienstleisters Uber nun wieder bewiesen hat.
Trotz aller Probleme, die Obike verursacht, scheint das Konzept erfolgreich zu sein. Die Firma weitet ihr Angebot aus. Neben München und Frankfurt stehen seit einigen Tagen auch in Berlin und Hannover die silber-gelben Leihräder. Bisher konzentriert sich Obike auf Großstädte. Auf Anfrage teilte das Unternehmen aber mit, dass auch mit kleineren Kommunen Verhandlungen laufen. Die silber-gelben Fahrräder werden womöglich bald in vielen Orten zum Stadtbild gehören.
Der Fahrdienst-Vermittler Uber hat ein Jahr lang den Diebstahl von Daten über rund 50 Millionen Fahrgäste verschwiegen. Das skandalgeschüttelte Start-up ließ sich auf einen SchweigegeldDeal mit den Hackern ein und informierte die Öffentlichkeit erst jetzt. Es gehe um Namen, E-Mail-Adressen und Telefonnummern von Nutzern weltweit, erklärte Uber am späten Dienstag. Außerdem verschafften sich die Angreifer im Oktober 2016 auch Zugriff auf Daten von etwa sieben Millionen UberFahrern. Bei der Attacke seien nach bisherigen Erkenntnissen aber keine Kreditkarten-Daten gestohlen worden.
Statt Behörden oder Betroffene zu benachrichtigen, bezahlte Uber den Hackern 100000 Dollar – aktuell rund 85 000 Euro –, damit sie die gestohlenen Daten vernichten, berichteten der Finanzdienst Bloomberg und die New York Times. Die New Yorker Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen zum Hacker-Angriff ein. In Großbritannien zeigte sich die Datenschutz-Aufsicht „extrem besorgt“und startete ein eigenes Verfahren.
Uber geht davon aus, dass die gestohlenen Informationen nicht verwendet worden seien. Die Hacker seien durch eine schlecht geschützte Datenbank in einem Cloud-Dienst an die Daten gekommen.
Uber existiert seit 2009 und ist in mehr als 600 Städten in dutzenden Ländern weltweit aktiv, darunter auch in Deutschland. Das Unternehmen vermittelt über Smartphone-Apps Fahrten in verschiedenen Angebots- und Preisklassen und ist etablierten Taxiunternehmen ein Dorn im Auge. Für 2019 ist der Börsengang geplant.