Silvester kommt immer zu früh
Jeder hat diesen einen Freund in seinem Bekanntenkreis: Bereits im Juni – wenn man gerade am Badesee liegt und ein Eis zur Abkühlung isst – will er wissen: „Was machst du eigentlich an Silvester?“Ähm, ja. Keine Ahnung. Damit will man sich doch jetzt noch nicht auseinandersetzen.
Ein paar Monate später: Es ist kalt, die ersten Weihnachtsmärkte öffnen und dieser eine Freund fragt wieder: „Weißt du schon, was du nun an Silvester machst?“Ach, davor sind doch noch Heiligabend, diverse Geburtstage und Weihnachtsfeiern – da kann ich mich doch noch nicht auf Silvester festlegen. Bis zum 31. Dezember wird sich schon noch die Party des Jahres ergeben. Zuerst müssen aber noch Plätzchen gebacken, Weihnachtsgeschenke gekauft sowie eingepackt werden. Silvester, das steht mal hinten an.
Und dann kommt dieser Moment, wenn man realisiert: Die Lebkuchen im Supermarkt wurden durch Böller ersetzt, statt des Schoko-Weihnachtsmanns blickt dir ein Marzipan-Schweinchen aus dem Regal entgegen. Da bleibt nur noch der Griff zum Handy und die Frage an den Freund: „Was machst du eigentlich an Silvester?“
Foxtrott, Walzer, Cha-ChaCha: Nicht nur dem Namen nach sind diese Tänze Standard. Sie werden einmal im Tanzkurs gelernt und bei Hochzeiten oder diversen Familienfeierlichkeiten wieder ins Gedächtnis gerufen. Doch eigentlich kann Tanzen sehr viel mehr Spaß machen: nämlich dann, wenn keine vorgefertigten Tanzschritte auswendig gelernt werden müssen und die Tanzpartner sich nicht steif an den Händen klammern. Wer den Begriff Lindy Hop bei einem Videoportal eingibt, der sieht gleich: Das macht Spaß. Beschwingt wirbeln die Tänzer zu Swing-Musik, hüpfen lebhaft auf und ab. Doch auch, wenn es leichtfüßig aussieht, so muss der Swing-Tanz gelernt werden.
Reinhild Rossmann ist eine der wenigen Lindy-Hop-Lehrerinnen in Ulm. Seit 1996 tanzt sie diesen Stil. „Ich war sofort Feuer und Flamme“, erinnert sich Rossmann. Denn anders als viele Tänze besticht Lindy Hop durch seine Authentizität. Das heißt: kein Hohlkreuz wie beim Tango und keine ausgestellten Beine wie beim Ballett. „Beim Lindy Hop ist nichts verkünstelt“, sagt die Tanzlehrerin. Dafür ist das sogenannte Bouncing eine der Grundzutaten des Lindy Hops. Dabei werden die Knie zum Rhythmus der Musik gebeugt und gestreckt.
Was den Tanzstil ebenfalls auszeichnet: die Improvisation. Wenn einmal die Grundschritte gelernt wurden, dann gibt es beim Lindy Hop keine vorgeschriebenen Schrittabläufe mehr. „Der Tanz wechselt von offenen zu geschlossenen Positionen“, erläutert Rossmann. Das bedeutet: In den geschlossenen Positionen tanzen die Partner gemeinsam Hand in Hand. In den offenen Positionen bewegt sich jeder für sich.
Nicht nur die freien Bewegungsabläufe kennzeichnen den Stil – auch in seiner Geschichte hebt er sich von anderen ab. „Sowohl Schwarze wie Weiße tanzten den Lindy Hop – da gab es keine Trennung“, sagt Rossmann. Er entstand Ende der 1920er-Jahre in Amerika. In einem der größten Ballsäle, dem „Savoy Ballroom“, in Harlem entwickelte sich der Stil zu einem Massenphänomen. Egal, ob jung oder alt, schwarz oder weiß, reich oder arm – der Lindy Hop vereinte die Tänzer quer durch alle Schichten. Bald schon entdeckte Hollywood den Tanzstil und brachte ihn in den 1930er-Jahren auf die Leinwand: der Höhepunkt des Lindy Hop.
Doch dann kam der Zweite Weltkrieg. Viele Tänzer und Swing-Musiker wurden eingezogen. Die Szene löste sich auf. Einer ihrer berühm- testen Vertreter, Frankie Manning, überlebte den Krieg zwar, jobbte aber fortan nur noch als Postbote.
Erst in den 1980er-Jahren kam das Revival. In Schweden, Amerika und London entdeckten Tänzer den Lindy Hop wieder, der vor allem durch alte Filmclips überliefert wurde. Der vergessene Stil erlebte einen neuen Aufschwung. Doch im Mainstream ist er noch lange nicht angekommen.
Lindy Hop gehört zu solchen Vintage-Tänzen wie Balboa oder Charleston, doch er ist immer noch wenigen bekannt. Das sei sehr schade, denn er könne sehr viel Spaß machen, davon ist Rossmann überzeugt. Die Voraussetzungen dafür: Man sollte Swing-Musik mögen und am besten einen Tanzpartner haben. Ansonsten gilt für die Lindy-HopLehrerin Rossmann: „Wer laufen kann, kann auch tanzen.“O
Wer interessiert ist, Lindy Hop zu lernen, der kann sich bei Rein hild Rossmann über Schnupperstunden informieren. E Mail: reinhild@strictlys wing.de Öde Runden im Stadtpark drehen ist zu langweilig? Die kostenlose App „Zombies, Run!“bringt den Spaß am Laufen zurück. Wer das Programm bei seinen Trainingseinheiten mitlaufen lässt, steckt schon bald mitten in der Zombie-Apokalypse. Das Adrenalin steigt, wenn ihr hinter euch die Untoten keuchen hört. Doch die App hat mehr zu bieten als bloßes Davonrennen. Über 150 Missionen könnt ihr mit „Zombies, Run!“während eures Trainings durchspielen. (fwo)