Leitartikel
Ein Vermittler von osteuropäischen Betreuerinnen wird verurteilt. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf einen riesigen Markt, der verstärkt Betrüger anzieht
Unser Pflegesystem ist unser größtes Problem. Weil wir zu wenig Pflegekräfte haben. Weil zwar viele Pflegekräfte hoch engagiert sind, zu viele aber unter den oft katastrophalen Arbeitsbedingungen kapitulieren. Weil das System den menschlichen Bedürfnissen der kranken und alten Menschen oft nicht gerecht wird. Das ist aber nur der eine Skandal, der uns beunruhigen muss. Der andere Skandal ist der Pflegebetrug.
Unser Pflegesystem lädt offensichtlich Kriminelle zum Betrug ein. Denn jeder weiß oder ahnt zumindest, dass die Verurteilung eines regionalen Vermittlers osteuropäischer Pflegekräfte wegen Sozialversicherungsbetrugs nur ein Schlaglicht auf einen milliardenschweren, boomenden Markt wirft. Entstanden ist er aus der Not in Familien, die einerseits eine 24-Stunden-Betreuung für einen Angehörigen brauchen, andererseits deutsche Pflegekräfte oft nicht bezahlen können. Kriminelle Vermittler nutzen diese Not aus. Ausländische Betreuerinnen arbeiten in unzähligen Familien. Sie sind oft unentbehrlich. Für die Pflegebedürftigen und für die Angehörigen, die sich nicht selten zwischen Beruf und Pflege aufreiben. Viele Vermittlungen sind legal. Sehr viele aber nicht. Das wissen die Familien oft. Bewusste Schwarzarbeit aber darf nicht toleriert, sie muss bestraft werden. Doch die Schuldfrage ist nicht immer klar. Die Pflegebranche gleicht einem undurchdringlichen Dschungel aus Angeboten, deren Seriosität zu beurteilen vielen nicht möglich ist. Wer nicht einen unabhängigen, kompetenten Berater aufsucht, tut sich schwer. Diese Berater allerdings gibt es. Kostenlos. In vielen Kommunen. Sie müssten stärker genutzt werden.
Dass gerade unser ambulantes Pflegesystem zu komplex und zu wenig kontrolliert ist, beweist auch die Tatsache, dass sich mancher osteuropäische Pflegedienst im großen Stil daran bereichert. Von einer Pflegemafia ist die Rede. Betroffen ist wohl auch Bayern. Dies geht zulasten von Steuerzahlern und Krankenversicherten. Zulasten der vielen Pflegedienste, die sehr gute Arbeit leisten. Zulasten vor allem aber der Kranken.
Selbstverständlich muss die Politik handeln. Mehr, bessere, vor allem unangemeldete Kontrollen sind nötig. Transparency International, eine Organisation, die gegen Korruption kämpft, fordert zu Recht transparentere Abrechnungssysteme und strengere Regeln bei der Vergabe von Leistungen. Und gut ist, dass Schwerpunktstaatsanwaltschaften diese spezielle Betrugsform bekämpfen.
Die Betrügereien zeigen, wie sehr unser Pflegesystem in Schieflage geraten ist. Wie dringend nötig eine grundlegende Reform ist. Eine Reform, die auch ausreichend viele Pflegekräfte pro Patient vorschreibt und die vor allem die Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte verbessert. Das kostet. Könnten sich die Menschen aber sicher sein, dass das Geld an der Basis ankommt, wären höhere Beiträge für die meisten zu verschmerzen. Es ist aber auch an der Zeit, zu fragen, ob es richtig ist, die Pflege komplett wirtschaftlichen Regeln zu unterwerfen. Denn es ist die Gewinnorientierung vieler Anbieter, die Pflege oft so unmenschlich macht.
Aber neue Gesetze und eine gute Reform garantieren noch keine menschenwürdige Pflege. Ihre Qualität steht und fällt mit kritischen, informierten, interessierten Menschen. Doch zu viele verdrängen das Thema. So lange, bis sie selbst oder Angehörige betroffen sind. Doch nur, wenn sich genügend Leute vor Ort für eine gute ambulante und stationäre Versorgung einsetzen, Problemen nachgehen, kann es funktionieren. Denn Kriminellen kann nichts Besseres passieren als ein Umfeld, das wegschaut und Missstände verdrängt. Zu „Leben ohne Gott?“(Wochenend Journal) vom 25. November: Wie erfreulich, dass die damaligen Politiker bei der Erstellung unserer bayerischen Verfassung als oberstes Bildungsziel die Ehrfurcht vor Gott benannt haben. Stellen wir uns vor, in unserer wunderschönen Heimat würde dieses Ziel tatsächlich umgesetzt! Wir wären paradiesischen Zuständen nahe. Gier, Macht und Geld wären nicht geil, sondern die Krone der Schöpfung würde die Natur achten, den Mitmenschen wertschätzen und sich seiner irdischen Vergänglichkeit bewusst sein, in all seinem Handeln und Tun. Wie die Zahlen beweisen, ist der Glaube an Gott im Sinken, die Glocken könnten verstummen, die Kirchen in Museen umgewandelt werden. Es gilt viele Missstände in der 2000 Jahre alten Institution Kirche aufzuarbeiten, da gebe ich Farago recht.
Doch solange diese Kirche Menschen wie eine Mutter Teresa (um nur eine zu benennen) hervorbringt und nun einen neuen Franziskus hat, der die Armut lebt und den Hochmut der kirchlichen Hierarchie bekämpft, ist nichts verloren. Es ist wohl nötig, im Heute über Gott zu sprechen, ihn in unseren Alltag aufzunehmen und unseren Glauben als wertvollstes Gut weiterzugeben. Unterthingau Ebenfalls dazu: Vielen Dank für den Artikel „Leben ohne Gott“in der letzten Samstagausgabe. Schön, dass nicht mehr nur die führenden Köpfe der christlichen Kirchen zu Wort kommen! Hoffentlich hat David Farago mit seiner Prognose recht, dass wir Konfessionslosen bald über 50 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Dann wird die Bevormundung und Einflussnahme (z.B. bei den Themen Abtreibung, Sterbehilfe etc.) durch die Kirchen hoffentlich auch ein Ende finden!
Augsburg Zu „Handyverbot an Schulen soll fallen“(Bayern) vom 27. November: Dass Elternverbände mit ihren idealistischen, aber teilweise irrealen Vorstellungen vom Schulleben solche Forderungen stellen, überrascht mich nicht. Dass aber Lehrer dies unterstützen, ist entweder Anbiederung oder Realitätsferne. Es wäre für die Gegner des Handyverbotes sinnvoll, sich mit den Grunderkenntnissen eines Professors Spitzer oder Professors Hüther auseinanderzusetzen, anstatt sich vom Geist der Verbesserungswut zerfressen zu lassen.
Ich brauche die sogenannten Brennpunktschulen nicht mit einzubeziehen, so kennt jeder im Lehrberuf Tätige die zunehmende Konzentrationsschwäche sehr vieler Kinder. Hinzu kommen sprachliche Mängel, die innere Erregtheit und die sozialen Defizite, welche Kinder durch mangelnde Elternfürsorge mit sich bringen. Welche Hilfe soll diesen Kindern eine Handybewilligung bieten?
Roggenburg Zu „Bis dass die Kirche uns scheidet“(Die Dritte Seite) vom 24. November: Wer sich von einer Institution wie der katholische Kirche in solchem Maße bevormunden und vorführen lässt, ist eindeutig selbst schuld. Wenn man in einer Einrichtung der katholischen Kirche arbeitet, sollte man schon genau wissen, auf was man sich in so einem Fall einlässt. Ansonsten gibt es noch die Möglichkeit, aus der Kirche auszutreten und den Arbeitsvertrag zu kündigen. Das wäre jedenfalls konsequent.
Die katholische Kirche als Arbeitgeber müsste in jedem Fall verpflichtet werden, vor dem Abschluss eines Arbeitsvertrages explizit auf diese ganz besonderen Umstände hinzuweisen.
Aindling