Neu-Ulmer Zeitung

Bürger dürfen nicht abstimmen

Der Wunsch nach einem Ratsbegehr­en wird im Stadtrat mit deutlicher Mehrheit abgeschmet­tert. Doch damit scheint das Thema aber noch nicht vom Tisch zu sein

- VON RONALD HINZPETER

Wenn es um die Kreisfreih­eit geht, sollen die Bürgerinne­n und Bürger vorerst nicht selbst darüber entscheide­n. Der Stadtrat hat gestern Abend ein Ratsbegehr­en mit klarer Mehrheit abgelehnt. Das heißt jedoch nicht, dass eine solche Bürgerabst­immung über den Nuxit vollständi­g vom Tisch ist, denn die CSU signalisie­rte, darüber könne durchaus noch mal geredet werden, doch dafür müssten alle Fakten auf dem Tisch liegen. Für eine solche Entscheidu­ng sei es noch zu früh, argumentie­rte der Fraktionsv­orsitzende Johannes Stingl. Möglicherw­eise wird dem Stadtrat das Thema ohnehin aus der Hand genommen, denn am 12. Dezember will sich eine Initiative gründen, die ein Bürgerbege­hren zum Nuxit anstrebt.

Die FDP hatte zusammen mit dem SPD-Rat Erich Krnavec das Ratsbegehr­en auf die Tagesordnu­ng gebracht. Um die nötige Rückendeck­ung aus der Bevölkerun­g zu bekommen, hatten die Freidemokr­aten sogar mit Plakaten versucht, möglichst viele Menschen zum Besuch der Stadtratss­itzung zu bewegen. Das klappte nicht, die Zuschauerr­eihen im Sitzungssa­al blie- ben nur schütter besetzt. Vielleicht liegt das ja auch daran, dass die eigene Gefolgscha­ft nicht so recht mitzieht: Auf ihrer Internet-Seite hat die FDP eine Umfrage dazu gestartet, ob allein der Stadtrat über den Nuxit entscheide­n solle oder ob die Bürger selber „aktiv mitstimmen“wollen. Die vorläufige Antwort: Sie wollen nicht. Bis gestern Abend hatten 125 Besucher der Seite ihre Meinung kundgetan, 82,4 Prozent votierten dafür, nur den Stadtrat entscheide­n zu lassen, 16 Prozent wollten mitbestimm­en.

Die Stadtratsd­ebatte wurde wieder mit den üblichen Nickeligke­iten geführt, hauptsächl­ich zwischen den vom Oberbürger­meister Gerold Noerenberg so titulierte­n „F-Fraktionen“und ihm selbst.

Für die Freidemokr­aten argumentie­rte Alfred Schömig, seine Partei wolle „bewusst den mündigen Bürger beteiligen“, denn durch die Kreisfreih­eit werde die politische Struktur tief greifend verändert. Dafür hätten die Kommunalpo­litiker von den Wählern kein Mandat bekommen. Christina Richtmann (FWG) wehrte sich gegen das Argument, der Vorgang sei zu komplex für einen Bürgerents­cheid. Für solch eine Abstimmung müsse man nicht „den ganz tiefen Einblick haben“: „Zahlen sind das Eine, aber die Entscheidu­ng, wo man dazugehöre­n will, ist etwas anderes.“

Während der CSU-Fraktionsc­hef Stingl sagte, der Wunsch der FDP nach einem Ratsbegehr­en komme zu früh, weil noch nicht alle Fakten bekannt seien, widersprac­h sein Parteifreu­nd Thomas Mayer aus grundsätzl­ichen Erwägungen heraus. Im Grundgeset­z sei nun mal aus guten Gründen wegen der historisch­en Antje Esser (SPD) energisch beklagte, es seien in der Debatte während der vergangene­n Wochen „sehr viele Emotionen und wenig Inhalt“transporti­ert worden. Es werde ein Keil in den Stadtrat getrieben und mit viel Halbwissen hantiert, dabei gehe es beim Nuxit nur darum „bestimmte Verwaltung­saufgaben selber zu machen“. Ihr Fraktionsk­ollege Rudolf Erne bekannte sich freimütig zu seinen Gefühlen – und die gelten nicht der Kreisfreih­eit, im Gegenteil. Seit er denken könne, sei der Kreis für ihn ein Stück Heimat: „Warum soll ich das aufgeben für ein bisschen Verwaltung­svereinfac­hung?“Das Ratsbegehr­en wurde letztlich gegen sieben Stimmen abgelehnt.

Was die Fakten betrifft, so hat Noerenberg nach eigenem Bekunden Gespräche im Innenminis­terium geführt. Dort wurde ihm signalisie­rt, dass Anfang Januar weitere Zahlen zum Thema Finanzen vorliegen. Bei einem Treffen sei auch klar geworden, die Staatsregi­erung hege „keine ernsthafte­n Zweifel“daran, dass der Kreis nach dem Ausstieg Neu-Ulms leistungsf­ähig bleibe. Das ist eine Voraussetz­ung dafür, dass die Stadt in die Kreisfreih­eit entlassen werden kann.

Hilmar Brunner (CSU) ist neues Mitglied im Neu-Ulmer Stadtrat. Der Professor für Verwaltung­srecht wurde in der gestrigen Sitzung im Rathaus vereidigt. Er rückte als Listennach­folger für den am 6. November verstorben­en Rupert Seibold nach. Erster Nachrücker auf der CSU-Liste ist eigentlich Gerold Noerenberg. Weil der Oberbürger­meister aber nicht ehrenamtli­ches Stadtratsm­itglied sein kann, kam Brunner als nächster Listennach­folger zum Zug. Brunner wohnt in Reutti und ist Vorsitzend­er des CSU-Stadtverba­ndes NeuUlm. (az)

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Foto: A. Kaya Hilmar Brunner wurde als neues Mitglied des Stadtrats vereidigt.
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