Ein Coupé in Vollendung
Mit dem CLS legt Mercedes einen Hingucker neu auf. Warum ein schlankes Coupé im SUV-Zeitalter nicht nur optisch so richtig guttut
Die ganze Welt steht auf SUVs? Mag ja sein, trotzdem soll es noch Menschen geben, die nicht das Bedürfnis haben, in einer rollenden Festung einen Meter über der Straße thronen zu müssen. Sie ziehen die Eleganz eines Coupés der Körperfülle eines Straßen-Geländewagens vor. Wollen sie diese Vorliebe nicht mit dem Verzicht auf Komfort und Funktionalität bezahlen, empfiehlt sich der Mercedes CLS. Er verfügt seit jeher über vier Türen und in der neuesten, dritten Generation, die im März zum Händler kommt, sogar über fünf Sitze und einen 520 Liter fassenden Kofferraum.
Größer als 1,80 Meter sollten die Hinterbänkler nicht sein, sonst stoßen die Köpfe an die coupétypische flache Dachlinie. Was soll’s. Bei allem vermeintlichen Praxisnutzen bleibt das Coupé aus Stuttgart ein Auto zum Anschauen, ja zum Träumen. Mercedes-Chef-Designer Gorden Wagener hat den Wagen nach eigenen Worten „in seiner DNA extrem puristisch reduziert und gleichzeitig mit geradezu eroti- Schönheit emotional aufgeladen“. Aha. Preise gab Daimler noch nicht bekannt. Der alte CLS 350 begann bei rund 63 000 Euro.
Der CLS begründete seit seiner Premiere im Jahr 2003 nicht nur ein neues Fahrzeugsegment, sondern war immer ein Hingucker und ein Statement in der Formensprache der Marke. Die Mercedesse von heute treten mit deutlich weniger Linien und Kanten, dafür mit mehr gewölbten Flächen auf. Diesen Stil perfektioniert der CLS, wobei die ellenlange, flach abfallende Heckpartie gewöhnungsbedürftig ist.
An der Front verfügt der CLS über einen nach vorne geneigten Kühlergrill („Haifischnase“), dessen Silhouette sich nach unten öffnet. Das Gesicht erinnert an die Sportwagen-Schwester AMG. Den Grill mit falschen Diamanten zu besetzen, das konnte sich der Hersteller selbst im erhabenen CLS nicht verkneifen. Hier gilt das „extrem puristisch reduziert“Wageners offensichtlich nicht.
Bei der Motorenauswahl legt die dritte Generation einen erstaunlichen Hang zum Altbewährten an Tag – zumindest auf den ersten Blick. Zwar wurde die Palette neu entwickelt, doch gibt es zum Marktstart lediglich drei Sechszylinder, von denen zwei sogar mit Diesel betankt werden. Auf dem Papier machen die Selbstzünder nichts falsch. Sie leisten entweder 286 oder 340 PS, wobei auffällt, dass beide denscher selben, extrem niedrigen Normverbrauch von 5,6 Litern Diesel aufweisen. (Dies trotz Allradantrieb, den alle CLS serienmäßig an Bord haben.) Sie sind mit der allerneuesten Abgasreinigung ausgerüstet und nach der strengen Euro-6d-Norm zertifiziert. Erstmals besitzen die Diesel eine variable Ventilsteueden rung, was sie endgültig als die ersten einer neuen Art kennzeichnet.
Auch der Benziner präsentiert sich topmodern – ebenfalls erst auf den zweiten Blick. Er ist ein guter alter Verbrenner mit guter neuer Elektro-Power. So wird der Reihensechszylinder, der 367 PS leistet, von einer E-Maschine mit 22 PS unterstützt. Diese dank 48-Volt-Bordnetz vollzogene Elektrifizierung des Antriebsstrangs bringt nicht nur mehr Dynamik („EQ Boost“nennt Mercedes die Technologie), sondern Vorteile im Spritkonsum. Der Norm nach ist der stärkste CLS mit 7,5 Litern Super zufrieden. Er rennt in weniger als fünf Sekunden auf hundert Stundenkilometer.
Im Innenraum schließt der CLS optisch wie funktional zur mondänen S-Klasse auf, wobei er mit dem noch schöner geschwungenen Cockpit aufwartet. Mit beleuchteten Lüftungsdüsen im Turbinen-Design gönnt er sich wiederum eine kleine Extravaganz – die Quasi-Diamanten am Kühlergrill lassen grüßen.
Mehr in Richtung Spielerei geht auch die „Energizing Komfortsteuerung“. Sie nutzt etwa Funktionen der Klimaanlage (mit Beduftung!) und der Sitze (mit Massage!) sowie Licht- und Musikstimmungen, um den Insassen wahre Wellness-Anwendungen angedeihen zu lassen. Kein Scherz: Programme von Behaglichkeit bis Vitalität sind abrufbar. Wer wird da noch einem dicken SUV nachtrauern!