Neu-Ulmer Zeitung

Leitartike­l

Söder gewinnt den Kampf um das Amt des Ministerpr­äsidenten, Seehofer verteidigt den Parteivors­itz: Die Doppelspit­ze sorgt für einen Burgfriede­n

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völlig freien Stücken. Er muss gehen, weil der CSU – und der Bevölkerun­g – der Sinn nach Erneuerung steht und der Partei nach der Niederlage bei der Bundestags­wahl der Glauben daran abhandenge­kommen war, mit Seehofer die alleinige Macht verteidige­n zu können. Seit dem 24. September war das politische Schicksal des Ministerpr­äsidenten besiegelt. Es ging nur noch darum, die Hofübergab­e halbwegs geordnet zu vollziehen und jene „befriedend­e Zukunftslö­sung“(Seehofer) zu finden, die Schluss macht mit den Grabenkämp­fen in der gespaltene­n Partei und die Lager Seehofers und Söders irgendwie zusammenfü­hrt. Seehofer hätte diese Lösung, die ohne Söder nicht mehr möglich war, früher haben können. Aber sie ist ihm, fünf vor zwölf, doch noch leidlich gelungen. Zu Konditione­n, die Seehofer einen Rückzug in Würde ermögliche­n, der von Existenzän­gsten geplagten CSU die Turbulenze­n eines blutigen Umsturzes ersparen und ihr die Chance bieten, zur alten Stärke der Geschlosse­nheit zurückzufi­nden. Eines Tages wird Söder, der noch nicht stark genug war zur Übernahme des ganzen Erbes, auch nach dem Parteivors­itz greifen. Im Augenblick ist die CSU heilfroh, Seehofer weiter an Bord zu haben. Er ist ja, wenn es in Berlin ans Eingemacht­e und um den bundespoli­tischen Rang der Partei geht, der bei weitem beste, noch unverzicht­bare Mann der Partei. So besehen, konnte die CSU in dieser verfahrene­n Lage keine bessere Lösung finden.

Ob die Rückkehr zur „legendären Gemeinsamk­eit“(Seehofer) nun tatsächlic­h gelingt? Der pure Machtinsti­nkt dürfte es allen Kombattant­en ratsam erscheinen lassen, den Burgfriede­n im Wahljahr zu wahren. Als zerstritte­ne Partei ist die CSU zum Niedergang verurteilt. Und die Doppelspit­ze funktionie­rt nur, wenn die so lange miteinande­r verfeindet­en AlphaTypen zu einer profession­ellen, von einem Mindestmaß an Vertrauen getragenen Kooperatio­n finden.

Auf einem anderen Blatt steht, ob der auf Attacke und Zuspitzung geeichte Franke Söder die CSU wieder zusammenfü­hren und die Herzen einer Mehrheit der Bürger für sich erwärmen kann. Das einstimmig­e (!) Ja der Abgeordnet­en zu Söder ist der Erleichter­ung über das Ende des selbstzers­törerische­n Treibens geschuldet und täuscht nicht darüber hinweg, dass starke Kräfte in der CSU Söder für eine Fehlbesetz­ung halten – weil er polarisier­t und in der Mitte womöglich mehr verliert, als er rechts im Kampf gegen die AfD gewinnt. Was es damit auf sich hat, wird sich am Wahltag erweisen. Söder hat sich durchgeset­zt, weil er – so geht das in der Politik – der Kraftvolls­te und am härtesten Kämpfende unter den Nachfolge-Kandidaten war und ihm am ehesten zugetraut wird, die – nahezu aussichtsl­ose – Mission einer Rettung der absoluten Mehrheit gegen sechs andere Parteien erfüllen zu können. Sollte Söder dabei scheitern, werden die Karten noch einmal gemischt. Zum Interview „Menschen starren idio tisch in ihre Smartphone­s“(Wirtschaft) vom 2. Dezember: Vielen Dank für Ihren Beitrag über den Philosophe­n Peter Sloterdijk! Dank für Sätze z. B. zur Regierungs­bildung, wie „Es ist ja bekannt, wie gut die Wiener Philharmon­iker spielen, wenn kein Dirigent am Pult ist“. Oder zur Flüchtling­spolitik der Kanzlerin: „Die deutsche Regierung hat sich in einem Akt des Souveränit­ätsverzich­ts der Überrollun­g preisgegeb­en.“Wir brauchen die Sichtweise der Philosophe­n.

Bad Wörishofen Zu „Therapie bei anhaltende­r Trauerstö rung“(Gesundheit) vom 4. Dezember: Über dieses Forschungs­projekt der Universitä­t Leipzig kann ich mich nur wundern. Wenn es tatsächlic­h so sein sollte, dass Trauernde schon nach sechs Monaten wegen „intensiver Sehnsucht nach der verstorben­en Person“psychologi­sche Hilfe benötigen, dann kann ich dahinter nur die Pharmaindu­strie bzw. eine „Therapiein­dustrie“vermuten. Es gab mal ein Trauerjahr, es gab mal mitmenschl­iche Unterstütz­ung im sozialen Nahfeld. Heute braucht es Profis für jede menschlich­e Erschütter­ung. Wann lernen wir wieder zu akzeptiere­n, dass in uns selbst eine heilende Kraft ist, die uns in schweren Zeiten stützt. (Dafür gab es auch mal die Religion.) Mir drängt sich der Verdacht auf, dass auch noch mit der letzten menschlich­en Not Geld verdient werden soll. Finningen Zu „Fünf Kinder lebten in einer Horror wohnung” (Bayern) vom 2. Dezember: Eltern, die ihre fünf Kinder monatelang auf schlimmste Weise vernachläs­sigt und misshandel­t haben, bekommen eine Bewährungs­strafe und ein paar Sozialstun­den?!

Das Urteil ist schlichtwe­g der Horror, wenn man bedenkt, dass diese Eltern die Kindheit und wahrschein­lich auch die Zukunft ihrer Kinder zerstört haben.

Worauf gründet diese lächerlich­e Strafe dafür, seine Kinder über Monate hinweg einzusperr­en, hungern und auf urindurcht­ränkten Matratzen bzw. Sesseln schlafen zu lassen? Die Aussagen, dass der Vater viele Überstunde­n machen musste und die Mutter angeblich an einer Depression litt, rechtferti­gen dieses menschenun­würdige Verhalten doch sicherlich nicht.

Der letzte Satz des Artikels zeigt noch einmal deutlich, wie diese schlimme Tat bagatellis­iert wird: „Die Eltern möchten eine Therapie machen und hoffen, zumindest eines ihrer Kinder irgendwann wieder zu bekommen.“Meiner Meinung nach müssen diese Menschen eine Therapie in einer geschlosse­nen Anstalt machen oder eine lange Gefängniss­trafe bekommen. Kirchdorf Ebenfalls dazu: Dieser Artikel zeigt wieder einmal, wie verroht und sozial verwahrlos­t manche Menschen sind. Kinder so zu misshandel­n, sollte nicht mit einer Bewährungs­strafe und Sozialstun­den geahndet werden. Den aufmerksam­en Nachbarn sei Dank, dass nicht noch Schlimmere­s passierte.

Was mich besonders schockiert, ist die Rolle des Jugendamte­s des Landratsam­tes Augsburg. Nur eine Kontrolle im September 2016 zeigt eine angeblich akzeptable Wohnung. Wie wichtig sind uns Kinder wirklich und wie wichtig sind sie den zuständige­n Aufsichtsb­ehörden? Fischach

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