Neu-Ulmer Zeitung

Jede Menge Coldplay und auch eine Nahtod Erfahrung

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„Blackout“und die stadiontau­glichenen „You’re The Best Thing About Me“und „Red Flag Day“anhören, als wären sie von Coldplay, liegt schlicht daran, dass sie genau den lebensermu­tigenden Hymnenteil an U2 wiederbele­ben, in dessen Epigonentu­m Chris Martin und Co. erst zu Stars geworden sind.

Programmat­isch gibt es zwei Bono-typische Antworten auf den Zustand der Welt. Die eine scheint gleich im Opener „Love Is All We Have Left“auf und beschwört rührend, doch leider mit Auto-TuneEffekt über der Stimme, dass die Liebe allein Heilung verspricht – eine offene Liebe, keine, die sich vor der Welt verschließ­t.

Den anderen Pol markiert der rockigste (und musikalisc­h wohl am ehesten missglückt­e) Song des 13-Stücke-Albums. In „American Soul“setzt Bono im Anschluss an ein starkes Intro von Rap-Star Kendrik Lamar knackig zum Protest gegen Trump und die Übel der Welt an. (Danach, in „Summer of Love“, taucht übrigens auch Lady Gaga auf.)

Klar: Unter anderen mit „The Little Things That Give You Away“gibt’s auch feine Balladen. Überrasche­nd: Im gitarrenfr­eudigen „Lights of Home“steckt eine Zeile, in der Bono offenbar auf eine Nahtod-Erfahrung im vergangene­n Jahr anspielt („Ich dürfte nicht hier sein, weil ich tot sein müsste“) – und natürlich wird auch daraus eine lebensbeja­hende Hymne. Vor allem forciert das bei allen Problemen die Erkenntnis: „Songs of Experience“zeigt, dass es doch gut ist, dass es U2 noch gibt. Und: Dass diese Band der bald 60-Jährigen durchaus noch eine Zukunft hat.

Ein bisschen Trendumkeh­r also doch noch 2017.

Die Metropolit­an Opera New York hat ihren langjährig­en Musikdirek­tor James Levine wegen massiver Missbrauch­svorwürfe vorerst suspendier­t. Dies teilte das Haus am späten Sonntag (Ortszeit) nach einer Veröffentl­ichung der New York Times mit, die Einzelheit­en aus einem Polizeiber­icht von 2016 zitiert hatte, der dem Opernhaus aber schon 2016 bekannt war.

Demnach gaben zwei mutmaßlich­e Opfer an, Ende der 60er Jahre als Minderjähr­ige missbrauch­t worden zu sein. Die Zeitung interviewt­e zudem einen dritten Betroffene­n und dessen Familienan­gehörige. Levine soll 1985 als 40-Jähriger am Rande eines Musikfesti­vals Kontakt zu dem damals 16-jährigen Ashok Pai aufgenomme­n und ihn jahrelang sexuell missbrauch­t haben.

Schon 1979 war die Met mit Missbrauch­svorwürfen gegenüber Levine konfrontie­rt gewesen; die Führung damals schenkte den Beschuldig­ungen allerdings keinen Glauben. Jetzt aber heißt es: Der 74-jährige Levine werde die für diese Saison geplanten Auftritte nicht mehr erfüllen. Levines vorerst letztes Dirigat an der Met fand am Samstag statt: das Requiem von Verdi.

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James Levine

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