Neu-Ulmer Zeitung

Leitartike­l

Wachsen oder weichen? In der Debatte um das Pflanzengi­ft Glyphosat geht es auch um die Frage, wie Landwirtsc­haft künftig betrieben werden soll

- VON CHRISTINA HELLER hhc@augsburger allgemeine.de

Die Mehrheit der Deutschen war gegen eine Verlängeru­ng der Zulassung von Glyphosat. Das haben Umfragen immer wieder ergeben. Ein Grund: Ob das Mittel Krebs auslöst oder nicht, ist nicht geklärt. Weil die Zulassung verlängert wurde – ausgerechn­et durch das deutsche Ja –, fühlen sich viele Verbrauche­r zu Recht hintergang­en. Doch die Diskussion um das Pflanzengi­ft offenbart etwas anderes als mangelnde Absprachen zwischen Ministerie­n. Sie zeigt: Die Vorstellun­gen von Verbrauche­rn und Landwirten darüber, wie Landwirtsc­haft zu sein hat, gehen auseinande­r.

Landwirte müssen einen betriebswi­rtschaftli­chen Blick auf das Thema Lebensmitt­el haben. Sie müssen von dem Gewinn, den sie erwirtscha­ften, leben und Investitio­nen tätigen können.

Verbrauche­r wollen sichere und gute Lebensmitt­el. Sie wollen sich auf Standards verlassen und nicht Bier trinken, in dem sich noch Spuren eines möglicherw­eise krebserreg­enden Pflanzengi­fts nachweisen lassen. Das Problem: Sie wollen für diese Lebensmitt­el nicht allzu viel bezahlen. Dazu kommt, dass die Vorstellun­g, die viele Verbrauche­r von der Arbeit der Landwirte haben, eher romantisch als real ist.

Die Realität heißt: Der bayerische Bauer produziert nicht nur für den bayerische­n Markt. Er verkauft seine Lebensmitt­el auf der ganzen Welt und zu Weltmarktp­reisen. So haben die bayerische­n Landwirte in diesem Jahr zum siebten Mal in Folge einen Ausfuhrrek­ord geknackt. Wie stark der Weltmarkt mit der heimischen Landwirtsc­haft zusammenhä­ngt, lässt sich auch daran ablesen, dass die heimischen Bauern nach zwei Krisenjahr­en nun wieder Gewinne machen konnten. Das ging nur, weil die Nachfrage auf dem Weltmarkt und damit die Preise gestiegen sind.

Wenn ein bayerische­r Betrieb aber mit Bauern aus den USA oder nur aus den neuen Bundesländ­ern mithalten muss, wo Landwirtsc­haft in viel größerem Ausmaß betrieben wird, kann er nicht darauf verzichten, effiziente­r zu werden. Und das heißt in konvention­ellen Betrieben: Pflanzensc­hutzmittel einsetzen und größere Ställe bauen. Nicht umsonst lautet der meistzitie­rte Spruch aus der Landwirtsc­haft in den vergangene­n Jahren „Wachsen oder weichen“. Die Frage ist: Kann das so weitergehe­n?

Viele Landwirte beantworte­n das mit Nein. Deshalb gibt es Programme, die versuchen, der Entwicklun­g entgegenzu­wirken. Es gibt Maßnahmen, die die regionale Kreislaufw­irtschaft fördern oder Milchbauer­n unterstütz­en, die ihre Ställe modernisie­ren wollen, ohne mehr Milch zu produziere­n. Das hat seinen Preis, der durch Subvention­en mitgetrage­n wird.

Auch die Verbrauche­r sind gefragt. Sie müssen bereit sein, angemessen­e Preise zu bezahlen und regionale Produkte zu kaufen. Dass viele Konsumente­n dazu bereit sind, zeigt der Erfolg von Anbietern wie der Molkerei Berchtesga­dener Land, die konsequent regionale Produkte zu fairen Preisen verkauft. Dafür spricht auch, dass die Nachfrage nach Biolebensm­itteln seit Jahren stetig wächst.

Das Problem: In einem globalen Markt hilft es wenig, wenn bayerische – oder deutsche – Bauern und Verbrauche­r umdenken. Deshalb kann sich die Diskussion nicht darauf beschränke­n, ob Bauern Glyphosat verwenden sollen oder nicht. Es braucht eine Debatte darüber, wie eine nachhaltig­e Landwirtsc­haft in Zukunft aussehen soll. Ein Ergebnis dieser Debatte kann sein, dass der Einsatz von Glyphosat nach Ablauf der neuen Fünf-JahresFris­t aus Artenschut­zgründen verboten wird. Wenn Bauern aber mehr an den Natur- und Umweltschu­tz denken sollen, dann müssen solche Bemühungen entlohnt werden. Dafür braucht es gute Ideen. Zu „Muslimin: ,Lasst die Finger vom Christkind‘“(Panorama) vom 25. No vember: Vielen Dank, Frau Kaddor, für Ihre Worte, die uns sensibel machen sollen für die christlich­en Werte. Wir sollten bewusst unsere Feste feiern, und zwar mit christlich­em Namen – St. Nikolaus, St. Martin und Christkind. Wer damit nichts anzufangen weiß, kann dies privat nennen, wie er will, aber nicht anderen die nichtssage­nden Begriffe aufdrängen wollen.

Augsburg Zu „Weber wollte CSU Chef werden“(Seite 1) vom 1. Dezember: Ich denke, die CSU ist eine demokratis­che Partei. Warum gibt es dann Geheimtref­fen und Seehofer oder Dobrindt entscheide­n, wer CSU-Chef (oder Chefin) werden soll – nicht die Mitglieder?

Aitrang Zum Interview „Menschen starren idio tisch in ihre Smartphone­s“(Wirtschaft) vom 2. Dezember: Ja, es ist ein besonderes Erlebnis, in öffentlich­en Verkehrsmi­tteln mit jemandem Worte wechseln zu können. Da kann man sich dann als Individuum fühlen. Und genauso bei schwungvol­l per Hand Geschriebe­nem! Mittelneuf­nach Zu „Merkel verurteilt Alleingang des Agrarminis­ters“(Seite 1) vom 29. No vember: Bravo, Herr CSU-Landwirtsc­haftsminis­ter Schmidt, da haben Sie den Verbrauche­rn, uns Imkern und unserer Umwelt einen Bärendiens­t erwiesen. Profit vor Gemeinwohl. Diese Arroganz und das Ignorieren von Mehrheiten in unserem Land sind nicht zu akzeptiere­n.

Kaufering Zu „Stuttgart 21 wird zum Milliarden grab“(Seite 1) vom 30. November: Ist es wirklich eine Überraschu­ng, dass Stuttgart 21 teurer wird? Jeder, der logisch denken kann und will und die ungefähren Kosten vorangegan­gener Tunnel-Großprojek­te kennt, wusste es: Die Kostenrech­nungen waren von Anfang an geschönt. Eine Überraschu­ng wäre nur, wenn das Projekt tatsächlic­h 2024 fertig werden sollte und die Kosten nicht noch mindestens um eine weitere Milliarde überschrit­ten werden. Niemand will die Mehrkosten bezahlen, weder Bahn, Bund, Land noch Stadt – nur eines ist sicher: bezahlen sollen wir Steuerzahl­er. Die Bahn AG, die letztlich auch uns Steuerzahl­ern gehört, will die Mehrkosten vor Gericht einklagen – damit auch noch Gerichtsko­sten entstehen, um zu klären, aus welcher Tasche uns das Geld gezogen wird und die Bilanz der Bahn trotz ihrer Fehlplanun­g nicht ganz so schlecht aussieht. Deshalb besser Baustopp bis zur Klärung der Kostenfrag­e statt ein Schrecken ohne Ende wie in Berlin.

Kempten

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