Leitartikel
Wachsen oder weichen? In der Debatte um das Pflanzengift Glyphosat geht es auch um die Frage, wie Landwirtschaft künftig betrieben werden soll
Die Mehrheit der Deutschen war gegen eine Verlängerung der Zulassung von Glyphosat. Das haben Umfragen immer wieder ergeben. Ein Grund: Ob das Mittel Krebs auslöst oder nicht, ist nicht geklärt. Weil die Zulassung verlängert wurde – ausgerechnet durch das deutsche Ja –, fühlen sich viele Verbraucher zu Recht hintergangen. Doch die Diskussion um das Pflanzengift offenbart etwas anderes als mangelnde Absprachen zwischen Ministerien. Sie zeigt: Die Vorstellungen von Verbrauchern und Landwirten darüber, wie Landwirtschaft zu sein hat, gehen auseinander.
Landwirte müssen einen betriebswirtschaftlichen Blick auf das Thema Lebensmittel haben. Sie müssen von dem Gewinn, den sie erwirtschaften, leben und Investitionen tätigen können.
Verbraucher wollen sichere und gute Lebensmittel. Sie wollen sich auf Standards verlassen und nicht Bier trinken, in dem sich noch Spuren eines möglicherweise krebserregenden Pflanzengifts nachweisen lassen. Das Problem: Sie wollen für diese Lebensmittel nicht allzu viel bezahlen. Dazu kommt, dass die Vorstellung, die viele Verbraucher von der Arbeit der Landwirte haben, eher romantisch als real ist.
Die Realität heißt: Der bayerische Bauer produziert nicht nur für den bayerischen Markt. Er verkauft seine Lebensmittel auf der ganzen Welt und zu Weltmarktpreisen. So haben die bayerischen Landwirte in diesem Jahr zum siebten Mal in Folge einen Ausfuhrrekord geknackt. Wie stark der Weltmarkt mit der heimischen Landwirtschaft zusammenhängt, lässt sich auch daran ablesen, dass die heimischen Bauern nach zwei Krisenjahren nun wieder Gewinne machen konnten. Das ging nur, weil die Nachfrage auf dem Weltmarkt und damit die Preise gestiegen sind.
Wenn ein bayerischer Betrieb aber mit Bauern aus den USA oder nur aus den neuen Bundesländern mithalten muss, wo Landwirtschaft in viel größerem Ausmaß betrieben wird, kann er nicht darauf verzichten, effizienter zu werden. Und das heißt in konventionellen Betrieben: Pflanzenschutzmittel einsetzen und größere Ställe bauen. Nicht umsonst lautet der meistzitierte Spruch aus der Landwirtschaft in den vergangenen Jahren „Wachsen oder weichen“. Die Frage ist: Kann das so weitergehen?
Viele Landwirte beantworten das mit Nein. Deshalb gibt es Programme, die versuchen, der Entwicklung entgegenzuwirken. Es gibt Maßnahmen, die die regionale Kreislaufwirtschaft fördern oder Milchbauern unterstützen, die ihre Ställe modernisieren wollen, ohne mehr Milch zu produzieren. Das hat seinen Preis, der durch Subventionen mitgetragen wird.
Auch die Verbraucher sind gefragt. Sie müssen bereit sein, angemessene Preise zu bezahlen und regionale Produkte zu kaufen. Dass viele Konsumenten dazu bereit sind, zeigt der Erfolg von Anbietern wie der Molkerei Berchtesgadener Land, die konsequent regionale Produkte zu fairen Preisen verkauft. Dafür spricht auch, dass die Nachfrage nach Biolebensmitteln seit Jahren stetig wächst.
Das Problem: In einem globalen Markt hilft es wenig, wenn bayerische – oder deutsche – Bauern und Verbraucher umdenken. Deshalb kann sich die Diskussion nicht darauf beschränken, ob Bauern Glyphosat verwenden sollen oder nicht. Es braucht eine Debatte darüber, wie eine nachhaltige Landwirtschaft in Zukunft aussehen soll. Ein Ergebnis dieser Debatte kann sein, dass der Einsatz von Glyphosat nach Ablauf der neuen Fünf-JahresFrist aus Artenschutzgründen verboten wird. Wenn Bauern aber mehr an den Natur- und Umweltschutz denken sollen, dann müssen solche Bemühungen entlohnt werden. Dafür braucht es gute Ideen. Zu „Muslimin: ,Lasst die Finger vom Christkind‘“(Panorama) vom 25. No vember: Vielen Dank, Frau Kaddor, für Ihre Worte, die uns sensibel machen sollen für die christlichen Werte. Wir sollten bewusst unsere Feste feiern, und zwar mit christlichem Namen – St. Nikolaus, St. Martin und Christkind. Wer damit nichts anzufangen weiß, kann dies privat nennen, wie er will, aber nicht anderen die nichtssagenden Begriffe aufdrängen wollen.
Augsburg Zu „Weber wollte CSU Chef werden“(Seite 1) vom 1. Dezember: Ich denke, die CSU ist eine demokratische Partei. Warum gibt es dann Geheimtreffen und Seehofer oder Dobrindt entscheiden, wer CSU-Chef (oder Chefin) werden soll – nicht die Mitglieder?
Aitrang Zum Interview „Menschen starren idio tisch in ihre Smartphones“(Wirtschaft) vom 2. Dezember: Ja, es ist ein besonderes Erlebnis, in öffentlichen Verkehrsmitteln mit jemandem Worte wechseln zu können. Da kann man sich dann als Individuum fühlen. Und genauso bei schwungvoll per Hand Geschriebenem! Mittelneufnach Zu „Merkel verurteilt Alleingang des Agrarministers“(Seite 1) vom 29. No vember: Bravo, Herr CSU-Landwirtschaftsminister Schmidt, da haben Sie den Verbrauchern, uns Imkern und unserer Umwelt einen Bärendienst erwiesen. Profit vor Gemeinwohl. Diese Arroganz und das Ignorieren von Mehrheiten in unserem Land sind nicht zu akzeptieren.
Kaufering Zu „Stuttgart 21 wird zum Milliarden grab“(Seite 1) vom 30. November: Ist es wirklich eine Überraschung, dass Stuttgart 21 teurer wird? Jeder, der logisch denken kann und will und die ungefähren Kosten vorangegangener Tunnel-Großprojekte kennt, wusste es: Die Kostenrechnungen waren von Anfang an geschönt. Eine Überraschung wäre nur, wenn das Projekt tatsächlich 2024 fertig werden sollte und die Kosten nicht noch mindestens um eine weitere Milliarde überschritten werden. Niemand will die Mehrkosten bezahlen, weder Bahn, Bund, Land noch Stadt – nur eines ist sicher: bezahlen sollen wir Steuerzahler. Die Bahn AG, die letztlich auch uns Steuerzahlern gehört, will die Mehrkosten vor Gericht einklagen – damit auch noch Gerichtskosten entstehen, um zu klären, aus welcher Tasche uns das Geld gezogen wird und die Bilanz der Bahn trotz ihrer Fehlplanung nicht ganz so schlecht aussieht. Deshalb besser Baustopp bis zur Klärung der Kostenfrage statt ein Schrecken ohne Ende wie in Berlin.
Kempten