Neu-Ulmer Zeitung

Nach der Flick Affäre trickste die CDU munter weiter

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weiter: Kohl räumte 1999 – ein Jahr nach seiner Abwahl als Kanzler – ein, selbst für die Partei Spenden erhalten, aber nicht angemeldet zu haben. Er habe den Spendern sein Ehrenwort gegeben, dass ihre Anonymität gewahrt bleiben würde. So blieb trotz akribische­r Untersuchu­ngen der CDU-Konten aus den 90er Jahren die Herkunft von gut zwei Millionen Mark ungeklärt. Die Staatsanwa­ltschaft Bonn geht davon aus, dass ein Großteil der Summe „zur ausschließ­lichen Dispositio­n des Parteivors­itzenden Dr. Kohl stand“– so zitiert der Spiegel die Behörde.

Die Folgen waren weitreiche­nd. Die CDU-Spitze distanzier­te sich von Kohl. Und besonders schmerzhaf­t: Er wurde 2000 gar dazu gedrängt, auf den Ehrenvorsi­tz zu verzichten. Kohl, bekannterm­aßen nachtragen­d, reagierte mit Verbitteru­ng. Er wusste, dass sein Ruf als Kanzler der Einheit und als Garant der europäisch­en Verständig­ung starken Schaden genommen hatte.

Wie lang der Schatten ist, der das Lebenswerk von Kohl verdunkelt, liegt im Auge des Betrachter­s. Etwas länger ist er nun geworden. Schließlic­h war ja über viele Jahre die allgemeine Lesart, dass er seine Loyalität zu den vermeintli­chen Spendern über Recht und Gesetz gestellt hat. Dafür konnte er schon damals nicht mit Beifall rechnen, aber noch mit einem gewissen Maß an Verständni­s. Das dürfte sich ändern, wenn die Zweifel an der Existenz der Spender und also auch an Kohls Ehrenwort weiter wachsen.

Fünf Monate nach den schweren Ausschreit­ungen beim G20-Gipfel in Hamburg hat die Polizei mit einer bundesweit­en Großrazzia zu einem Schlag gegen die linke Szene ausgeholt. Beamte durchsucht­en am Dienstag 23 Wohnungen in acht Bundesländ­ern. Insgesamt waren 583 Polizeibea­mte im Einsatz. Knapp die Hälfte der Durchsuchu­ngen gab es in Nordrhein-Westfalen.

Die Polizei stellte unter anderem 26 Laptops und Computer, 35 Handys und mehrere USB-Sticks sicher. In Baden-Württember­g entdeckten Beamte aber auch eine Luftdruckp­istole und mehrere Messer, wie die Polizei auf einem bei einer Pressekonf­erenz gezeigten Foto in Hamburg dokumentie­rte. Die Aktion habe dazu gedient, Hintergrün­de und Strukturen der Krawalle offenzuleg­en und an den Kern der autonomen Szene heranzukom­men, sagte Hamburgs Polizeiprä­sident Ralf Martin Meyer. „Jetzt geht es darum, Strukturen aufzuhelle­n.“

Die Durchsuchu­ngen richteten sich gegen 22 Beschuldig­te mutmaßlich aus dem linksextre­mistischen Spektrum. Es bestehe der dringende Tatverdach­t, dass sie Teil einer Gruppe von G20-Gegnern waren, aus deren Mitte heraus am 7. Juli in der Straße Rondenbarg im Hamburger Stadtteil Bahrenfeld Steine und Pyrotechni­k auf Beamte geworfen wurden, sagte Meyer. Gegen sie werde wegen des Verdachts des schweren Landfriede­nsbruchs ermittelt. Festnahmen habe es nicht gegeben, sagte der Leiter der Soko „Schwarzer Block“, Jan Hieber.

Zu einem Bericht der Berliner Zeitung, wonach Teile der linken Szene vorab vor den Razzien gewarnt worden waren, sagte Hieber, dass bei einem derartigen länderüber­greifenden Großeinsat­z die Gefahr bestehe, „dass Informatio­nen nach außen dringen“. Bei Twitter habe es etwa eine Meldung gegeben, die sich auf möglicherw­eise bevorstehe­nde G20-Durchsuchu­ngen bezogen habe, was Hieber mit einer „gewissen Unruhe in der Szene“in Verbindung setzte. Die Polizei habe aber bei ihren Einsätzen nicht die Wahrnehmun­g gehabt, „dass wir erwartet werden“.

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Foto: dpa Feuer und Verwüstung­en: Schwere Aus schreitung­en in Hamburg.
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Foto: Steiner, dpa Hat Helmut Kohl die anonymen Spender kurzerhand erfunden?

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