Neu-Ulmer Zeitung

Der Hausgeistl­iche war ein strammer Nationalso­zialist

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„seelisch zerbrochen“, habe Simnacher betont. Dagegen sprechen aber alle anderen Erkenntnis­se. Ordensschw­estern erlebten Kurat Frank (1867–1942) in Irsee als strammen Nationalso­zialisten. Das legt Mader schon 1982 offen. Das präzisiert die Historiker­in Martina Steber dann im Jahr 2010. Und aus dem gleichen Grunde beschließt der Kaufbeurer Stadtrat 2015, seine Kurat-FrankStraß­e (sie hieß bis 1945 übrigens Hermann-Göring-Straße) in HeiligKreu­z-Straße umzubenenn­en.

„Damals sollte vieles einfach unter den Teppich gekehrt werden“, meint Mader. Die Aufarbeitu­ng des Nationalso­zialismus polarisier­te große Teile der Gesellscha­ft. Doch wie ist es heute? „Es hat sich erheblich gewandelt“, sagt Mader. Was heute auch in Kaufbeuren und Irsee gut sichtbar ist. So gibt es etwa auf dem Gelände des Kaufbeurer Bezirkskra­nkenhauses einen großen Gedenkstei­n, der auf das Töten hinweist. Die Schüler der Krankenpfl­egeschule richten jährlich die dazugehöri­ge Mahnfeier aus.

Ein anderes Beispiel: Der Autor Robert Domes, früher Leiter unserer Kaufbeurer Lokalredak­tion, hat die Geschichte des 1944 in Irsee ermordeten Buben Ernst Lossa (er galt als schwer erziehbar) in seinem Buch „Nebel im August“beschriebe­n, das dann mit Sebastian Koch verfilmt wurde. Produzent war übrigens Ulrich Limmer, der unter anderem auch mit „Schtonk!“bekannt wurde. Der Kaufbeurer Stadtrat hat zudem eine Straße nach Ernst Lossa benannt.

Das alles findet Mader gut und richtig. Er sagt aber auch: „Publikatio­nen, die Nazi-Verbrechen behandeln, regen niemanden mehr auf.“Veröffentl­ichungen lösten keine Debatten mehr aus. „Es gibt nur noch routiniert­e Zustimmung oder Gleichgült­igkeit. Das heißt aber auch: Sie bewegen nichts mehr. Das Erinnern an diese Phase der Geschichte ist mittlerwei­le politischg­esellschaf­tlicher Standard, der nichts mehr kostet.“

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