Neu-Ulmer Zeitung

Schulz spielt die Europa Karte

Die 20-Prozent-SPD muss in die GroKo gehen, um die EU zu retten – mit dieser Botschaft versucht der Chef, seine Partei auf die Regierungs­bank zu bekommen. Doch die Sozialdemo­kraten wirken verunsiche­rt und planlos

- VON BERNHARD JUNGINGER

Die gewaltige dunkelblau­e Limousine zieht die Blicke auf sich – vor allem das Preisschil­d verblüfft. „Da müsste ich nur ungefähr bis zur Rente mein ganzes Gehalt überweisen“, sagt die junge Delegierte mit dem Kurzhaarsc­hnitt. Trocken antwortet ihr Begleiter: „Oder Ministerin werden, dann kriegst du den als Dienstwage­n.“Exakt 143689 Euro und sechs Cent kostet der Audi – so wie er dasteht, mitten im Foyer der Berliner Messehalle, die passenderw­eise den Spottnamen „schönste Garage Berlins“trägt. Wo gerade die SPD beim richtungsw­eisenden Parteitag mit sich ringt. Zwei Rolltreppe­n höher geht es um die Frage, ob die Zukunft der Sozialdemo­kratie in der Opposition liegt – oder aber in der Regierung, in einer Neuauflage der Großen Koalition. Der Ingolstädt­er Autobauer, der sich wie andere Unternehme­n und Verbände im Foyer präsentier­t, scheint auf Letzteres zu setzen. Und stellt mit dem Modell A8 in Langversio­n gleich ein typisches Regierungs­fahrzeug aus.

Doch die Straße, die zu einer neuen GroKo führt, das zeigt sich beim „Martin, du bist immer wieder eingebroch­en. Wer soll das hier jetzt noch glauben?“Die Rednerlist­e ist lang, und erbitterte GroKo-Gegner wechseln sich ab mit jenen, die sich Gesprächen mit der Union nicht verschließ­en wollen. Darunter viele Sozialdemo­kraten aus der ersten Reihe.

Olaf Scholz etwa, Hamburgs Erster Bürgermeis­ter, sagt mit Blick auf die gescheiter­te Jamaika-Runde: „Wenn die das nicht hinkriegen, können wir uns nicht verweigern.“Auch Stephan Weil, der wiedergewä­hlte Ministerpr­äsident von Niedersach­sen, hat keine Angst vor einer Großen Koalition, gerade hat er in Hannover selbst eine geschlosse­n. „Eine Partei, die um Verantwort­ung kämpft und die auch bereit ist, Verantwort­ung zu übernehmen, braucht sich vor nichts zu fürchten.“Andrea Nahles richtet sich an die Jusos mit der Frage: „Was soll am Umsetzen unseres Wahlprogra­mms in Realpoliti­k unehrlich sein?“

Auch abseits der Debatte im großen Saal zeigt sich, wie gespalten die Meinungen sind. Bei 36 Stunden lang im Wasserbad gegartem Rindfleisc­h auf Kartoffels­tampf, die Portion

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Foto: afp Gute Ratschläge sind gefragt: Gesine Schwan im Gespräch mit dem SPD Chef Martin Schulz.

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