Die dunkle Seite des Austropop
Die österreichische Hauptstadt bietet mehr als Sissi und Sachertorte – das beweist die Band Der Nino aus Wien. Von dem Charme der ehemaligen Kaiserstadt bleibt nur wenig übrig
Hofburg, Klimt und Jugendstil – das ist Wien. Zumindest so, wie es sich selbst gerne präsentiert. Mit altem Charme und eleganter Architektur. Doch die Stadt steht noch für viel mehr: verrauchte Kaffeehäuser, fettige Käsekrainer und graffitibeschmierte Betonwände am Donaukanal. Das ist das Wien, das Nino Mandl in seinen Liedern besingt. Gemeinsam mit den vier Bandkollegen trat Der Nino aus Wien beim Donausalon im Ulmer Roxy auf.
Die Donau scheint aber schon fast das Einzige, was die beiden Städte – Ulm und Wien – verbindet. Bevor die Band das Lied „Deine Boheme“anspielt, sagt Mandl in Richtung Publikum: „Jetzt kommt ein Lied über einen betrunkenen Kaffeehausdichter – gibt es so was auch in Ulm?“Außer ein paar Lacher der Zuhörer gibt es keine Reaktion. Die Hochschulstadt hat sich dann doch eher der Naturwissenschaften und Technik, als dem Literatentum und der Philosophie verschrieben.
Mit einer Tschick (österreichisch für Zigarette) in der Hand singt und spielt Mandl. Sein Tonfall wechselt von sentimental zu schnoddrig. Aus der Kehle des Frontmanns steigt eine Stimme, angereichert vom Rauch, den er bei jeder Atempause in seine Lunge zwängt. Manchmal klingen die Lieder mehr wie ein Sprechgesang. Das wird vor allem deutlich, wenn er seinen ironisch vorgetragenen Song „Der schönste Mann von Wien“anstimmt – ohne jegliche musikalische Begleitung.
Mit einigen Austropop-Legenden wurde Mandl schon verglichen: von André Heller über Helmut Qualtinger bis zu Wolfgang Ambros. Von Letzterem übernahm der Sänger auch das Lied „Du Schwarzer Afghane“. An Referenzen zu anderen Musikern mangelt es auch nicht: Billy Joels „Uptown Girl“wird bei dem Wiener zu „Abtauen Girl“. Seine Liebe zu US–amerikanischen Sängern kommt zudem bei dem ru- higen Lied „Der Mai ist vorbei“zum Ausdruck. Der Mai, das ist der Monat, in dem Mandl Geburtstag hat. „Zwei Tage vor Bob Dylan“, erzählt der Liedermacher. Doch bei dieser Gemeinsamkeit bleibt es nicht. So beginnt das Lied mit: „Sie sitzen zam im Donaupark.“Während Dylan in „Simple Twist of Fate“singt: „They sat together in the park“(„Sie saßen gemeinsam im Park). Mandl weiter: „Und kommt drauf, dass sich alles um sein Schicksal dreht.“Während Dylan singt: „And watched out for a simple twist of fate.“(„Und hielt Ausschau, nach einer einfachen Schicksalswende.)
Englisch singen, das käme für den Frontmann wohl kaum in Frage. Mandl bleibt lieber beim Wiener Idiom: Von Kiwara (Polizei) über Kuchl (Küche) bis Trafikant (eine Art Kioskbesitzer) kommen WienFans während des rund eineinhalbstündigen Konzerts auf ihre Kosten. Das ist großartig oder wie Mandl sagen würde: „Leiwand!“ Weit über 100000 Zuschauer besuchten in diesem Jahr bereits die von Januar bis Juni laufende Premieren-Tournee der neuen Musical-Biographie „Falco – Das Musical“. Nun – pünktlich zum Weihnachtsgeschäft – beginnt der Vorverkauf für die Aufführung in Ulm. Die Produktion wird am Sonntag, 22. April, um 19 Uhr im Congress Centrum Ulm aufgeführt. Der Kartenvorverkauf hat bereits begonnen. Zum Hintergrund: Am 6. Februar 2018 jährt sich Falcos Todestag, der bei einem Autounfall in der Dominikanischen Republik starb, zum 20. Mal. (az)