Nur eine funktionierende Bahn hat zufriedene Kunden
Dafür muss sie sich ständig neu erfinden. Auch Milliardenausgaben für Hochgeschwindigkeit sind gerechtfertigt, wenn der Nahverkehr nicht vernachlässigt wird
Von außen betrachtet erscheint die Deutsche Bahn manchmal wie ein schwerer, in sich unbeweglicher Koloss. Berichte und Klagen über Verspätungen, überfüllte Züge oder unzureichende Informationen kleben wie Pech an dem Unternehmen. Dabei tut es alles, um sich von diesem Image zu lösen und als modernes, konkurrenzfähiges und umweltfreundlichstes Verkehrsmittel wahrgenommen zu werden. Und die Deutsche Bahn hat, was man ihr zugestehen muss, in den vergangenen 30 Jahren einen grundlegenden Wandel vollzogen, weg vom trägen Staatsunternehmen hin zum modernen Dienstleister, der im Wettbewerb bestehen muss.
Manchmal ist es aber wie beim Fußball: Es gibt genug Eisenbahnexperten – echte und selbst ernannte –, die wie kritische Fans ihre Finger in vorhandene Wunden bohren und alles immer noch besser zu wissen glauben als jene, die tagtäglich die Verantwortung tragen. Das System Bahn ist in der Tat hochkomplex, weil viele Rädchen ineinandergreifen müssen. Und um ehrgeizige, imagefördernde Angebote wie zeitsparende Verbindungen zwischen den Metropolen machen zu können, sind modernste Technik und Verkehrswege notwendig.
Hier befindet sich die Bahn noch immer in einem Aufholprozess, der mit der Fertigstellung der Hochgeschwindigkeitsstrecke Würzburg– Hannover und Einführung der ersten ICE-Verbindungen im Jahr 1991 begann. Seitdem wurde und wird das Netz schrittweise erweitert. Die „Verkehrsprojekte Deutsche Einheit“, für die Milliardensummen bereitgestellt wurden, haben den Prozess beschleunigt. Die Fertigstellung der Strecke München–Berlin ist hier ein vorläufiger Abschluss. Die für den Bau einer vollkommen neuen Strecke zwischen Ebensfeld bei Bamberg und Erfurt ausgegebenen zehn Milliarden Euro sind aber nur dann sinnvoll investiertes Geld, wenn es der Bahn damit gelingt, Millionen neuer Kunden zu gewinnen.
Solche Prestigeprojekte des Hochgeschwindigkeits-Zeitalters, zu denen auch Stuttgart 21 zusammen mit der neuen Strecke nach Ulm gehört, sollten jedoch nicht den Blick auf das Brot- und Buttergeschäft der Bahn versperren: den Nahverkehr mit den treuesten der treuen Bahnkunden. Auch hier hat die Bahn zumindest von der Ausstattungsseite her einen Sprung vom miefigen 50er-Jahre-Komfort („Silberlinge“) hin zur Moderne (Triebwagen) leidlich gut vollzogen. Aber das System knirscht, weil es zu Stoßzeiten an seine Grenzen stößt. Auch hier muss stetig weiter investiert werden, um die Kunden bei der Stange zu halten. Denn die sind kritisch und erwarten vor allem dies: ein Höchstmaß an Pünktlichkeit und Verlässlichkeit.
Nur eine Bahn, die sich ständig erneuert, die auch die Möglichkeiten der modernen Informationstechnologie weitreichend für sich und ihre Kunden ausschöpft, kann im Wettbewerb auf dem Mobilitätsmarkt mithalten. Bei ihrer neuen Direktverbindung zwischen München und der Bundeshauptstadt hat sie daher auch technisches Neuland betreten. Sie hat sich – zumindest auf dem am Wochenende in Betrieb genommenen Abschnitt zwischen Oberfranken und Erfurt mitten durch den Thüringer Wald – von den üblichen (Licht-)Signalen verabschiedet. Der Mobilfunk hat die Steuerung und Absicherung übernommen. Es ist fast wie bei der fortgeschrittenen Modelleisenbahn, bei der Computer von außen lenken, was sich auf dem Miniaturschienennetz abspielt. Das Pech der Bahn: Trotz aller Tests funktioniert dieses System in manchem Zug nicht so, wie es eigentlich sollte. Für den Riesen Deutsche Bahn zu Beginn einer neuen Ära ein prestigemäßiges Fiasko. Zu „Weshalb die Bauern wieder aufat men“(Wirtschaft) vom 6. Dezember: Was mich immer wieder stört an Ihrer Zeitung, ist, dass Sie Berichte zur Landwirtschaft mit hornlosen Kühen illustrieren. Selbst viele Allgäuer Kinder wissen heute nicht mehr, dass Kühe von Natur aus Hörner haben.
Deshalb verstehe ich nicht, warum Sie ohne Not immer wieder diese verstümmelten Wesen zeigen müssen. Blaichach Zu „Gibt es Alternativen zu Glyphosat?“(Wirtschaft) vom 9. Dezember: Es gibt einen intelligenteren und rücksichtsvolleren Umgang mit dem wertvollen Acker- und Wiesenboden, als Glyphosat und andere Gifte großflächig übers Land zu verteilen, nämlich die ökologische Landwirtschaft, also den Bio-Landbau. Diese einzig verantwortungsvolle Alternative fällt in Ihrem Bericht einfach unter den Tisch.
Ebenso wird in der Diskussion das durch diese Gifte ausgelöste massive Insektensterben nicht zur Kenntnis genommen. Und auch die Schäden für die menschliche Gesundheit werden verschwiegen, nämlich die ansteigenden Allergieund Krebsraten. Füssen Zu „Der Countdown läuft“(Die Dritte Seite) vom 7. Dezember: Der Leiter des am Jahresende vom Netz gehenden Blocks B in Gundremmingen hat zum Abschied noch einmal seine Haltung eindrucksvoll zur Schau gestellt. Selbstherrlich verkündet er, dass alles, was die (Atom-)Kritiker verbreiten, „nichts als Unwahrheiten“sind. Nur er, der kluge Blockleiter, kann es zutreffend beurteilen: „… ich weiß, was die Anlage kann und wie sicher sie ist“.
Man kann jedoch getrost davon ausgehen, dass die Anlageningenieure in Tschernobyl und Fukushima exakt die gleichen Worte gefunden hätten – und zwar noch am Tage vor den zerstörerischen Reaktorkatastrophen. Doch so viel Nachdenklichkeit und Einsicht sucht man beim Gundremminger Gefahrenverniedlicher vergeblich. Für Leute seines Schlags sind all die Wissenschaftler, Regierungsmitglieder und Abgeordnete, die den Atomausstieg in die Wege geleitet haben, vermutlich tumbe Toren ohne jeglichen Sachverstand.
Mein Dank gilt all den mutigen und lebensklugen Frauen, Männern und Jugendlichen, die jahrzehntelang für den Atomausstieg gekämpft haben. Meine Hoffnung ist, dass alle überalterten und störanfälligen Atomreaktoren bis zu deren endgültigen Abschaltung im Jahre 2022 durchhalten mögen; die meisten sind dank der regenerativen Stromquellen schon heute entbehrlich. Wir sind auf einem guten Weg. Kaufering Zu „Ermordet im Allgäu“(Die Dritte Sei te) vom 8. Dezember: Der 14-jährige Ernst Lossa wurde von den Nazis in die Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren gebracht und dann in der Zweiganstalt Irsee am 9. August 1944 mit der Giftspritze ermordet. Er wurde beschuldigt, „unerziehbar“zu sein. Die Familie Lossa waren Jenische und nach der nationalsozialistischen Rassenlehre als „Zigeuner“und „Hausierer“verfolgt. Der Vater von Ernst Lossa, Christian Lossa, und andere Verwandte wurden in Konzentrationslager gebracht. Christian Lossa starb im KZ Flossenbürg.
Für Ernst und Christian Lossa sind am letzten freiwilligen Wohnort in der Wertachstraße 1 in Augsburg Stolpersteine verlegt. Unverständlich ist, dass für die anderen verfolgten Mitglieder der Familie Lossa keine Stolpersteine genehmigt wurden, weil sie die Verfolgung überlebten. Bonstetten