Wenn Schmuck Geschichten erzählt
Goldschmiedemeister Wolf-Peter Schwarz stellt eine neue Kollektion vor. Was sich hinter einem kleinen Lexikon verbirgt, das der frühere Ehinger-Schwarz-Chef als Ergänzung herausgibt
Für Wolf-Peter Schwarz ist Schmuck kein Statussymbol, mit dem man Wertigkeit unterstreicht. Vielmehr sieht der Ulmer Goldschmiedemeister das Zierwerk als etwas Individuelles an, zugeschnitten auf die Trägerin. „Schmuck sollte eine Geschichte erzählen“, sagt der frühere Chef der Manufaktur Ehinger-Schwarz bei der Vorstellung seiner neuen Kollektion.
Sie enthält kleine Miniaturen, die Geschichten erzählen sollen – sogenannte Schmuckgeschichten. „Ich möchte junge Menschen für Schmuck begeistern, mit dem sie persönliche Wünsche oder auch ganz private Beziehungen und Erlebnisse zum Ausdruck bringen wollen, aber diese Teile auch erschwingen können“, beschreibt Wolf-Peter Schwarz die Idee, die ihn antreibt. Der Goldschmied hat für seine Werke eine Philosophie entwickelt. Sie sollen mehr sein als modische Accessoires. Schwarz unterscheidet zwischen materiellem und persönlichem Wert. „Meine Liebe galt immer den Menschen und ihrer Persönlichkeit. Ohne diese Passion für die Einzigartigkeit sind unsere Schmuckkonzepte nicht denkbar“, sagt er.
Um seine Vorstellungen deutlich zu machen, hat der Designer den dazugehörigen Katalog zusammen mit Julia Eggensberger, Goldschmiedin im Atelier Schwarz, als kleines Lexikon der Schmuckgeschichten herausgebracht. Das Buch hat das Format eines Wörterbuches von Langenscheidt, das man leicht in die Tasche stecken kann. Das Büchlein nennt Schwarz „Link & Like“. Mit diesen beiden Worten macht Schwarz klar, was er beabsichtigt. „Link“heißt auf Deutsch verbinden. Das Wort steht für die Technik, kleine Miniaturen in Silber zu fertigen, die als Glied einer Kette miteinander verknüpft werden. „Like“bedeutet gefallen. Dieses Wort soll den Wunsch zum Ausdruck bringen, dass sich jemand gerne an etwas erinnert oder seine Verbindung zu einer Person oder einer Sache unterstreichen möchte.
Der Schmuck aus Schwarz’ neuen Kollektion könnte auch als Talisman getragen werden – und nicht nur von Frauen. Die Größe der Minia- turen richtet sich nach dem Wunsch des Kunden. So können auch Ketten entstehen, die mehrere dieser Symbole vereinen, sozusagen eine bewegliche Collage.
Schwarz pflegt dabei mit seinem Team eine Tradition, die im Jahr 1976 entstanden ist. Damals regte seine Frau Ann-Charlotte an, ihr schlossähnliches Elternhaus in Schweden als Vorlage für ein Schmuckstück zu verwenden. „Das war der Beginn meiner Schmuckgeschichten“, erinnert sich Wolf-Peter Schwarz. Jedes dieser Stücke ist ein Unikat. „Mir geht es darum, meine Ideen auch weiterzugeben“, sagt er. Das tut er auch in Workshops in seinem Atelier. Dann ist der Kunde unter fachkundiger Anleitung sein eigener Designer.
Wolf-Peter Schwarz ist Künstler, auch wenn er sich selbst nicht so nennt. Seine Bescheidenheit lässt das nicht zu. Doch Schwarz’ Kreativität scheint unerschöpflich. Erst gerade hat er auf Wunsch die Weihnachtsgeschichte als Collier fertiggestellt. Fein ziseliert und besetzt mit Figuren, die gerade mal ein bis zwei Zentimeter groß sind. Auch dieses Schmuckstück ist wie eine Collage gefertigt.
Wolf-Peter Schwarz hatte das Familienunternehmen EhingerSchwarz 2012 an seine Tochter Caroline übergeben. Doch nach dem Generationswechsel ging der Umsatz zurück, letztlich wurde die Firma verkauft. Im Herbst 2015 machte sich Schwarz selbstständig – mit einem „Senior-Start-up“, wie er damals über das neu gegründete Schmuckatelier Schwarz sagte.