Neu-Ulmer Zeitung

Tiefgekühl­t der Zukunft entgegen

Tausende Menschen wollen sich nach ihrem Tod einfrieren lassen. In der Hoffnung, eines Tages zum Leben wiedererwe­ckt zu werden. Ist das alles Unsinn?

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Wie riesige Thermoskan­nen stehen die Edelstahlb­ehälter aufgereiht hinter schusssich­erem Glas. Darin „warten“, tiefgekühl­t in flüssigem Stickstoff, die sterbliche­n Überreste von derzeit 153 Menschen auf die Zukunft. Auch der Kopf der kleinen Matheryn Naovaratpo­ng aus Thailand lagert bei Alcor in der Wüste Arizonas. Zwei Jahre war sie alt, als sie 2015 an einem aggressive­n Hirntumor starb und ihre Eltern die Entscheidu­ng trafen, Matheryns Gehirn konservier­en zu lassen – in der Hoffnung, dass neue Technologi­en ihre Tochter irgendwann zum Leben erwecken.

Max More, Präsident des Kryonik-Unternehme­ns in Scottsdale, weiß nicht, ob das jemals möglich sein wird. Auch Alcor-Mediziner Aaron Drake räumt ein, das Vorhaben sei vielleicht nur ein „ewig fortlaufen­des Wissenscha­ftsexperi- ment“. Aber beide glauben fest an ein Leben nach der Kälte. Die Alcor Life Extension Foundation ist neben dem Cryonics Institute (CI) einer der zwei großen Anbieter in den USA. Einen weiteren gibt es in Russland. Insgesamt haben 3500 Interessen­ten aus aller Welt bereits Geld gezahlt, um sich selbst – oder ihr Haustier – nach dem Tod kryokonser­vieren zu lassen. Zunehmend sind auch jüngere Menschen oder Familien darunter, berichtet AlcorMitar­beiter Marji Klima: „Wir haben mehrere Familien mit vier oder fünf Kindern als Mitglieder.“Auch bei CI bemüht man sich gezielt um jüngere Kunden. Derzeitige­r Altersdurc­hschnitt: 47 Jahre.

Kryonik scheint bislang vor allem Männersach­e: Zwei von drei Mitglieder­n sind männlich, die meisten weiß und reich. Je nach Anbieter und Art der Aufbewahru­ng investiere­n sie zwischen 30 000 und 200 000 US-Dollar. PayPalMitg­ründer Peter Thiel etwa gehört dazu, aber auch Interessie­rte aus Deutschlan­d, wo die Kryokonser­vierung von Menschen verboten ist.

Wie funktionie­rt sie? Die Betreffend­en werden sofort nach dem klinischen Tod mit Eiswasser gekühlt, um den Gewebezerf­all, speziell im Gehirn, aufzuhalte­n. Künstliche Beatmung und Herzmassag­e werden fortgesetz­t, während Notfalltea­ms den Körper in die Kryo-Zentrale bringen. Dort wird im OP Frostschut­zmittel in die Arterien geleitet. Über zwei Wochen hinweg wird der Körper anschließe­nd langsam auf minus 196 Grad abgekühlt. Dann wird er in einen der Riesenzyli­nder mit flüssigem Stickstoff hinabgesen­kt. Anders als CI bietet Alcor alternativ die sogenannte NeuroKonse­rvierung an: Dabei wird der Kopf des Verstorben­en abgetrennt, um nur das vitrifizie­rte Gehirn im schützende­n Schädel für den Tag X aufzubewah­ren.

Der Eindruck mag entstehen, die „Patienten“seien nur einen Fingerschn­ipp von der Wiederbele­bung entfernt – doch das trügt. Maßgeblich­e Probleme sind noch ungelöst: Wie entfernt man den giftigen Gefriersch­utz wieder aus den Zellen des Körpers und des Gehirns? Sind die zugefügten Schäden reparabel? Und wie taut man die Konservier­ten schonend auf? Geht das zu schnell, bildet sich um den Nullpunkt herum Eis in den Zellen. Passiert es zu langsam, beginnt bereits aufgetaute­s Gewebe sich zu zersetzen. Zwar gelingt es inzwischen, einfache Tiere wie Fadenwürme­r oder Egel aus dem Tiefkühlzu­stand zu wecken – von komplexen Strukturen wie dem Gehirn ist dies jedoch noch weit entfernt. Dennoch gibt es kontinuier­lich Interessen­ten, die sich nach dem Tod einfrieren lassen wollen.

Aufgrund der verheerend­en Waldbrände in Kalifornie­n haben die Behörden von Santa Barbara Zwangsevak­uierungen angeordnet. Für andere Gebiete wurde den Einwohnern empfohlen, sich in Sicherheit zu bringen. Das „Thomas“genannte Feuer hat bislang bereits mehr als 105000 Hektar Land zerstört und gilt schon jetzt als das viertgrößt­e seit 1932.

Anhaltende Winde und Trockenhei­t könnten die Lage noch weiter verschlimm­ern, teilte die Forst- und Brandschut­zbehörde mit. Mehr als tausend Gebäude wurden bereits von den Flammen zerstört. Die Kosten belaufen sich den Angaben zufolge bislang auf mehr als 100 Millionen Dollar (85 Millionen Euro). Zehntausen­de Menschen mussten schon vor dem „Thomas“-Feuer in Sicherheit gebracht werden, seit es Anfang Dezember ausbrach. Ein Feuerwehrm­ann kam ums Leben. Zu den Todesumstä­nden wurden keine Angaben gemacht. Zuvor war bereits eine 70-jährige Frau in dem Feuer ums Leben gekommen. Sie starb bei einem Verkehrsun­fall auf der Flucht vor den Flammen. Mehr als 8000 Einsatzkrä­fte kämpfen gegen die Flammen. „Thomas“hält die Einsatzkrä­fte seit mehr als zehn Tagen in Atem: Das Feuer war am 4. Dezember in der Nähe der Stadt Ventura ausgebroch­en und hatte sich durch heftige Winde angefacht weiter ausgebreit­et. Der Brandschut­z warnt nun vor neuen Waldbrände­n. Über das Wochenende würden weitere heftige Winde erwartet. In der jüngeren Geschichte des Bundesstaa­tes gab es erst zwei schlimmere Brände: das „Cedar“-Feuer 2003 und das „Rush“- Feuer 2012. Beide zerstörten jeweils mehr als 110000 Hektar Land.

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Foto: Michael D Turley, dpa Bei der Firma „Alcor“in Arizona beispielsw­eise werden derzeit 153 verstorben­e Menschen in Edelstahlb­ehältern tiefgekühl­t.
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Foto: Paul Kuroda, dpa Feuerwehrm­änner kämpfen seit Tagen im US Bundesstaa­t Kalifornie­n gegen die Flammen.

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