Ist ja Hammer
Erst vor fünf Jahren ist die ehemalige Leichtathletin Mariama Jamanka zum ersten Mal eine Eisbahn hinuntergerast. Jetzt gelingt ihr der erste Sieg – und das ausgerechnet bei Olympia
Was für eine unglaubliche Erfolgsgeschichte. Die 27-jährige Berlinerin Mariama Jamanka wusste nie so recht, was sie sportlich wollte, war mäßig erfolgreiche Leichtathletin bei der LG Berlin – warf den Hammer und den Diskus. Und weil ihr da nie der große Wurf gelungen war, wechselte die Tochter eines Gambiers und einer Deutschen vor fünf Jahren zum Bobsport. Der Anfang im Eiskanal war frustrierend: „Es hat zwar schon Spaß gemacht, aber ich bin dauernd gestürzt“, blickte sie gestern zurück. Dass sie insgesamt vier Mal die Anschieberin wechselte, war kein Indiz dafür, dass mit ihr als Lenkerin und Chefin im Bob so schwer auszukommen ist, sondern dafür, dass sie stets auf der Suche nach der idealen Partnerin hinter ihr war. Mit Lisa-Marie Buckwitz aus Potsdam kam sie erst kurz vor den Spielen zusammen – auf Geheiß von Cheftrainer René Spies.
Gestern tat sich Jamanka im Überschwang der Freude recht leicht zu sagen: „Es hat von Anfang an gepasst bei uns beiden.“Spieß hatte Annika Drazek aus dem Jamanka-Bob in den Schlitten von Stephanie Schneider beordert, um so die aus seiner Sicht beste Pilotin mit der besten Anschieberin zusammenzubringen und die Aussichten auf eine Medaille zu verbessern.
Spieß sollte recht behalten. Dass allerdings sein B-Team am Ende vorne lag und sich Deutschland 1 mit Schneider/Drazek mit dem undankbaren vierten Platz begnügen musste, hatte selbst er nicht auf der Rechnung. Auch für Jamanka und Buckwitz kam der Erfolg mehr als überraschend. Das erste Mal über- haupt hatten die beiden im Ziel die „Eins“aufleuchten sehen – und das ausgerechnet bei Olympia. Für einen Augenblick waren die beiden regungslos im Schlitten gesessen, ehe sie in einer Jubeltraube aus Trainern und Betreuern untergingen. „Das war ein Moment der Fas- sungslosigkeit. Wir haben nicht sofort verstanden, was geschehen war“, beschrieb die 27-jährige Jamanka die Sekunden nach ihrer Goldfahrt. „Dann habe ich geschrien, die haben geschrien, Lisa hat geschrien. Das war einfach unglaublich.“
Nach vier Läufen lagen sie acht Hundertstelsekunden vor Weltmeisterin Elana Meyers Taylor mit Lauren Gibbs aus den USA. Jamanka ist die erste deutsche Olympiasiegerin im Zweierbob seit dem Erfolg von Sandra Kiriasis 2006 in Turin. In Vancouver und Sotschi waren die deutschen Frauen noch leer ausgegangen. Zugleich war es das zweite Gold für die Deutschen in Südkorea nach dem Sieg von Francesco Friedrich im kleinen Schlitten zwei Tage zuvor. „Wir sind schon jetzt über dem Soll“, meinte Verbands-Vorstandschef Thomas Schwab.
Etwas abseits des Jubels standen die tief enttäuschten Stephanie Schneider und Annika Drazek, denen acht Hundertstelsekunden auf Bronze fehlten. Den schlechten dritten Lauf werden beide so schnell nicht wieder aus ihren Köpfen bringen. Drazek war denn auch ehrlich genug: „Dass das scheiße war, muss ich nicht sagen.“Sowohl Drazek als auch Schneider waren schon am Dienstag verletzt an den Start gegangen: die eine plagte eine Sprunggelenksverletzung, die andere starke Rückenschmerzen. Ihre Vorteile als beste Starterinnen im Feld konnten sie nicht ausspielen. „Was Steffi und Annika hier geleistet haben, kann sich kein Außenstehender vorstellen“, nahm sie Cheftrainer Spies in Schutz und fügte an: „Mental war das genauso stark wie der Olympiasieg von Mariama, nur mit dem bitterem Ausgang.“
Vom Überraschungserfolg anstecken ließ sich auch Dirk Schimmelpfennig, Chef de Mission des deutschen Olympiateams: „Noch sind wir nicht durch“, blickte er voraus auf Sonntag, wenn ab 1.30 Uhr die Männer im Vierer für den glanzvollen Schlusspunkt sorgen könnten.