Neu-Ulmer Zeitung

Bahnfahren ohne Kontrolle

Die Bahn will künftig nicht mehr jeden Fahrgast nach dem Fahrschein fragen. Wie das funktionie­ren soll und weshalb sich die Idee nicht nur für den Schaffner lohnen könnte

- VON PHILIPP KINNE

Während die einen im Zug ihr Ticket vorzeigen müssen, können sich die anderen künftig entspannt zurücklehn­en. Denn wer sein Ticket mit dem Smartphone gekauft hat, soll im Zug bald nicht mehr kontrollie­rt werden. Dahinter steckt ein neues Fahrkarten­system bei der Deutschen Bahn.

Wie funktionie­rt der Fahrkarten­kauf mit dem Smartphone?

Um eine Fahrkarte mit dem Smartphone zu kaufen, benötige man die App der Deutschen Bahn – den DB Navigator, erklärt ein Sprecher der Bahn. Über Lastschrif­tverfahren, Kreditkart­e oder PayPal können die Kunden das Online-Ticket damit bezahlen. Die App ist kostenlos. Für Karl-Peter Naumann, Vorsitzend­er des Fahrgastve­rbandes Pro Bahn, ist dieser Service ein gutes Angebot. Dennoch sei es wichtig, auch die klassische­n Kaufoption­en weiterhin anzubieten. „Es gibt genug Menschen, die kein Smartphone haben oder sich im Internet nicht auskennen“, sagt Naumann. Sie können weiterhin am Schalter, am Automaten oder telefonisc­h Tickets kaufen, versichert die Bahn.

Was soll das Handyticke­t kosten?

Das Ticket koste nicht mehr als eine Fahrkarte am Schalter oder auf der Website der Deutschen Bahn, sagt der Sprecher der Bahn. Wer allerdings den neuen Service nutzen möchte und nicht mehr kontrollie­rt werden will, müsse eine Sitzplatzr­eservierun­g haben. Nur so könne man online einchecken. Das kostet – je nach Zug und Strecke – einen Aufpreis.

Woher weiß der Schaffner, dass ich bereits online eingecheck­t habe?

Sobald der Kunde den Zug betritt, könne er mittels Smartphone einchecken, erklärt der Sprecher. Das funktionie­rt über die App der Deutschen Bahn. Das Smartphone muss dabei mit dem Internet verbunden sein. Einchecken kann man erst, wenn man sich im Zug befindet. Nach dem Check-in wird der Zugbegleit­er darüber informiert. Der Kontrolleu­r sieht dann auf seinem Kontrollge­rät eine Übersicht über die Passagiere, die bereits einge- checkt haben. Sie sollen nicht mehr kontrollie­rt werden. Sollte man während seiner Reise jedoch umsteigen, muss beim Einstieg in den anderen Zug erneut eingecheck­t werden, erklärt der Bahnsprech­er.

Was passiert, wenn die Reservieru­ng nicht zum Platz passt?

Leider komme es ab und zu vor, dass ein Zug ausfalle und stattdesse­n ein Ersatzzug fährt, sagt der BahnSprech­er. Dann passen die Reservieru­ngen nicht mehr zu den Plätzen im Zug. Auch das Online-Check-in funktionie­rt dann nicht mehr. In diesem Fall müssen Kunden, die ihr Ticket mit dem Smartphone gekauft haben, das elektronis­che Ticket vorzeigen. Die Gebühr für die Reservieru­ng wird nicht erstattet.

Welche Züge sind betroffen?

Das neue Fahrkarten­prinzip wird von der Deutschen Bahn bereits seit Juli vergangene­n Jahres auf sechs Strecken getestet. Ab Mai soll der Service sukzessive auf alle ICE-Strecken in Deutschlan­d ausgeweite­t werden. IC-Züge und Bahnen im Nahverkehr seien vom neuen Service ausgenomme­n.

Was tut der Schaffner, wenn er nicht mehr kontrollie­ren muss?

Der Sprecher der Bahn erklärt, dass auch in Zukunft nicht auf Kontrolleu­re verzichtet werden soll. Zugbegleit­er sollen künftig mehr Zeit für den persönlich­en Service haben. Sie sollen sich zum Beispiel mehr um die Fragen der Passagiere zum Reiseverla­uf kümmern. Darauf hofft auch Karl-Peter Naumann von Pro Bahn. Er begrüßt eine mögliche Entlastung der Zugbegleit­er.

Wie viele Menschen fahren bereits heute mit Onlinetick­ets Bahn?

Nach Auskunft der Bahn fahren bereits heute etwa 40 Prozent der Bahnkunden mit Tickets, die online gekauft wurden. Also über Website oder App auf dem Smartphone. Rund ein Viertel der Passagiere kauft sein Zugticket am Automaten. Darunter seien jedoch hauptsächl­ich Kunden im Nahverkehr, erklärt der Sprecher. Im Zug selbst kaufen nur noch sehr wenige Menschen ihr Ticket. Die Zahl liege im niedrigen einstellig­en Prozentber­eich, erklärt der Sprecher. Allerdings ist das auf vielen Strecken der Bahn auch nicht mehr erlaubt.

Gefährlich­es Spielzeug, entzündlic­he Akkus oder ein SuzukiMoto­rrad, bei dem die Kette reißt, wenn geschaltet wird: 2201 Mal haben europäisch­e Verbrauche­rschutzbeh­örden im vergangene­n Jahr Alarm geschlagen und gefährlich­e Produkte aus dem Verkehr gezogen. 354 Meldungen kamen alleine aus Deutschlan­d.

Fast jede dritte Warnung betraf Kinderspie­lzeug, danach folgen Fahrzeuge (20 Prozent), Textilien (zwölf Prozent), elektronis­che Geräte (sechs Prozent) und Babyartike­l (fünf Prozent). Unter anderen wurden elf Modelle der bei Kindern so angesagten Fidget Spinner gemeldet. Die kleinen Spielzeuge enthielten etwa gefährlich­e Chemikalie­n oder Batterien, die hätten verschluck­t werden können. „Ich erinnere mich sehr gut, dass mein Enkel wollte, dass ich ihm einen kaufe“, sagte EU-Verbrauche­rschutzkom­missarin Vera Jourová. Sie habe es letztlich jedoch nicht getan. Wie schon im Vorjahr kam mehr als die Hälfte der beanstande­ten Produkte (53 Prozent) aus China.

Die europäisch­en Behörden alarmieren sich seit 2004 gegenseiti­g über ein Schnellinf­ormationss­ystem, wenn irgendwo in der EU und drei weiteren beteiligte­n Ländern ein gefährlich­es Produkt entdeckt wird. Auch zwischen China und der EU-Kommission gibt es einen regelmäßig­en Austausch.

Weil Verbrauche­r immer häufiger im Internet kaufen, führt die EU auch Gespräche mit Online-Händlern. Jourová betonte, man sei etwa mit Ebay, dem chinesisch­en Unternehme­n Alibaba, Amazon oder der deutschen Otto-Gruppe in Kontakt und rufe sie dazu auf, freiwillig­e Zusagen zu machen, die über die gesetzlich­en Vorgaben hinausgehe­n. Die Unternehme­n sollten zum Beispiel prüfen, welche Produkte auf der EU-Plattform gemeldet worden sind, und mit den jeweiligen Händlern in Kontakt treten.

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Foto: Daniel Karmann, dpa Wer sein Ticket mit dem Smartphone kauft und digital in den Zug eincheckt, der soll künftig ganz ohne Kontrolle Bahnfahren dürfen. Anstatt die Passagiere zu kontrollie­ren, sollen Zugbegleit­er so mehr Zeit haben, sich um persönlich­en Service zu kümmern.
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Foto: B. Roessler, dpa Elf Fidget Spinner Modelle wurden als gefährlich gemeldet.

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