Immer auf der Pirsch
Karina Zanker ist seit 15 Jahren Jägerin und täglich draußen mit ihren Hunden unterwegs. Bevor sie das erste Mal eine Waffe abfeuern konnte, musste sie sich allerdings überwinden
Langsam rieselt an diesem Morgen der Schnee vom Himmel und die Sonne scheint nur zaghaft hinter den grauen Wolken hervor. Das Thermometer zeigt minus vier Grad an. Das stört Joshua und Alf aber kein bisschen. Kaum sind sie auf dem Feldweg, rennen die beiden Hunde um die Wette. Der zweijährige Kurzhaardackel Alf voraus und der Bayerische Gebirgsschweißhund Joshua, auch „Josh“genannt, im Eiltempo hinterher. „Er ist der Ältere, das merkt man schon“, sagt Besitzerin Karina Zanker. Jeden Morgen dreht sie auf zahlreichen Feldwegen im Altenstadter Ortsteil Dattenhausen ihre Runden mit den beiden Rüden – und hält dabei Ausschau nach Wild. Denn Zanker ist Jägerin, ihre Berufung, wie sie sagt.
Schon seit 15 Jahren geht die 55-jährige Rentnerin auf die Pirsch. Dabei musste sich die gebürtige Bibertalerin erst einmal überwinden, den Abzug einer Waffe zu drücken. Denn sie sei zum Jagen gekommen, wie die Jungfrau zum Kinde: Damals, vor 15 Jahren, saßen Karina Zanker und ihr Ehepartner mit einem befreundeten Paar beim Eisessen. Der Mann sei Jäger und so sei plötzlich über die Jagd gesprochen worden, erzählt sie heute. „Er sagte zu meinem Mann: ‚Mach doch den Jagdschein’.“Schließlich hatten die Zankers schon einen für Wald und Wiesen geeigneten Geländewagen.
Karina Zankers Ehemann Josef war sich damals unsicher, auch wegen seines Berufs als Schichtarbeiter, der sehr viel Zeit beansprucht. Kurzerhand hat sich dann die 55-Jährige für den Jagdschein entschieden. Innerhalb von neun Monaten hat sie auf einer speziellen Schule in Memmingen alles Wissenswerte über ihr neues Hobby gelernt. „Aber das Problem war: Kann ich denn ein Tier überhaupt töten? Das hatte ich bis dato noch nie gemacht“, sagt sie heute rückblickend. Und so habe es Wochen gedauert, bis sie ihr erstes Reh erlegen konnte. „Man befindet sich in einem Zwiespalt. Man löscht ein Leben aus.“Doch die Jägerin betont: „Ich schieße nie aus Lust an der Freude, ich esse das Fleisch ja auch.“Sie verwerte das Fleisch komplett, sagt sie.
Die etwa 1,60 Meter große blonde Frau stampft zügig durch den Schnee, die Hunde immer im Blick. Alf rast an ihr vorbei und schaut, was sich am Weiher tut. Joshua rennt hinterher und bleibt an einem Gebüsch stehen. Zankers Aufgabe sei es, den Abschussplan einzuhalten, sagt sie. „Du hast Aufgaben und denen musst du dann gerecht werden.“Das Gutachten werde alle drei Jagdjahre vom Staatsförster erstellt, sagt Zanker. Dieser liste auf, welche Baumarten wie schnell verbissen wurden und rechne das Ergebnis mit den Flächen des Reviers hoch. Danach richte sich der Abschussplan für Rehwild im Landkreis Neu-Ulm.
Laut aktuellem Plan müssen die Jäger 16 Stück erlegen, darunter beispielsweise Böcke oder Schmalreh. Für Wildschweine gebe es keinen Plan – da dürfe im Prinzip jedes geschossen werden. Bei Hasen halte sich Zanker aber zurück. „Da sind wenige da. Ich versuche ja auch, dass die Tiere nicht aussterben.“Zankers Hauptaufgabe sei daher nicht nur der Rehwildabschuss, sondern auch, sich um die Tiere im Wald zu kümmern. Sie erlöst aber ebenso kranke Tiere von ihrem Leiden, wie beispielsweise Füchse, die unter der ansteckenden Fuchsräude leiden. Die Hauterkrankung könne im schlimmsten Fall auf Hunde und Katzen übertragen werden. Ein weiterer wichtiger Aspekt seien die Wildschweine: Die richteten in der Umgebung viele Schäden auf Feldern an. Allein in diesem Jagdjahr – das von 1. April bis 31. März geht – habe Zanker zehn Säue erlegt. Doch das Jägersein sei weitaus mehr als nur das Schießen, das in der Gesellschaft oft negativ betrachtet werde. So muss Zanker regelmäßig nach ihren Hochsitzen und Futterstellen sehen und hat beispielsweise auch schon Bäume in ihrem Revier gepflanzt. Rund 260 Hektar misst die Fläche, die sie mit einem anderen Jäger gepachtet hat. „Es hat schon seinen Grund, warum es Jäger gibt. Ich versuche diese Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen zu tun.“
Nach 15 Jahren in der Jagdbranche weiß Zanker sogar, bei welchem „Geknackse“ein Reh und bei welchem eine Wildsau das Geäst durchbricht. Und auch die anderen Waldbewohner informieren die 55-Jährige über Wild: Schreit der Kauz, nähert sich höchstwahrscheinlich ein Wildschwein. Schimpfen die Amseln während der Dämmerung, dann weiß Zanker: Jetzt kann ein Reh nicht mehr weit sein. Das sind die Momente, in denen die Rentnerin angespannt in ihrem Hochsitz auf den richtigen Augenblick wartet. Teilweise mehrere Stunden für